Primärpräventive ASS-Gabe führt nicht zu kardiovaskulärer Risikoreduktion, aber zu 50% höheren Raten intrakranieller Blutungen Logo of esanum https://www.esanum.de

Primärpräventive ASS-Gabe führt nicht zu kardiovaskulärer Risikoreduktion, aber zu 50% höheren Raten intrakranieller Blutungen

Ende August 2018 fand der jährliche Kongress der ESC (European Society of Cardiology) statt. Die neurologisch möglicherweise spannendste Studie stellen wir Ihnen hier vor.

Kardiovaskulär Gesunde profitieren nicht von niedrigen Aspirin-Dosen

Ende August 2018 fand der jährliche Kongress der ESC (European Society of Cardiology) statt. Die neurologisch möglicherweise spannendste Studie stellen wir Ihnen hier vor.

Aspirin in niedriger Dosierung ist einer der am weitesten verbreiteten Wirkstoffe zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse. Während es eine feste Position in der Sekundärprävention innehat, ist sein Nutzen für die Primärprävention, also die vorsorgliche Gabe bei kardiovaskulär Gesunden, nicht gesichert. Dies gilt insbesondere für ältere Menschen, die ein höheres Risiko mitbringen, aber in bisherigen Primärpräventionsstudien unterrepräsentiert waren.

'ASPREE'-Studie zeigt signifikant mehr Schaden als Nutzen

Die auf dem diesjährigen ESC-Kongress vorgestellte Studie 'ASPREE'1 untersuchte über 19.000. ältere Patienten (über 70 Jahren) ohne kardiovaskuläre Vorerkrankungen, Demenz oder Behinderungen.

Von allen Probanden wurden 9.525 zu 100 mg Aspirin täglich und 9.589 zu Placebo randomisiert. Nach 4,7 Jahren Nachbeobachtungszeit unterschieden sich die Raten kardiovaskulärer Komplikationen in der Aspirin-Kohorte (10,7 Fälle pro 1.000 Personenjahre) nicht signifikant von denen in der Placebo-Kohorte (11,3 auf 1.000 Personenjahre). Als Komplikationen wurden Apoplex, Myokardinfarkt, KHK und dekompensierte Herzinsuffizienz definiert.

Die Häufigkeit bedeutender Hämorrhagien lag dagegen in der Aspirin-Kohorte signifikant höher (8,6 Ereignisse pro 1.000 Personenjahre) als in der Placebo-Kohorte (6,2 auf 1.000 Personenjahre, p < 0.001).

Welche Lokalisationen sind wie stark blutungsgefährdet?

Insgesamt nahm damit das Blutungsrisiko unter niedrig dosiertem Aspirin um 38% zu. Aufgrund des Schaden-/Nutzen-Verhältnisses wurde die Studie nach 4,7 Jahren beendet.

Das erhöhte Blutungsrisiko war besonders für obere gastrointestinale Blutungen evident (Risikosteigerung unter Aspirin um 87%). Diese machten aber insgesamt nur knapp die Hälfte der schweren Hämorrhagien aus. 
Für intrakranielle Blutungen stieg das Risiko um 50%, was sich in allen Subtypen intrakranieller Hämorrhagien widerspiegelte. Das Risiko für hämorrhagische Schlaganfälle wuchs unter Aspirin um 27%, für subdurale Blutungen um 79% und für subarachnoidale Blutungen um 30%. 

Fazit

Die Dauermedikation mit einer niedrigen Dosis (100 mg täglich) Aspirin führte bei kardiovaskulär nicht vorerkrankten älteren Patienten zu einer bedeutenden Erhöhung des Blutungsrisikos, aber nicht zu einer signifikanten Senkung des kardiovaskulären Risikos. 

Referenzen:

1. McNeil, J. J. et al. Effect of Aspirin on Cardiovascular Events and Bleeding in the Healthy Elderly. New England Journal of Medicine DOI: 10.1056/NEJMoa1805819, September 16, 2018 (2018).