So kommunizieren Sie mit Ihren Patient:innen auf Augenhöhe Logo of esanum https://www.esanum.de

So kommunizieren Sie mit Ihren Patient:innen auf Augenhöhe

Ein respektvoller Umgang und die gemeinsame Entscheidungsfindung kommen nicht nur Patient:innen zugute. Ein gestärktes Vertrauensverhältnis und gute Aufklärung erhöhen die Erfolgsaussichten von Therapien. 6 Tipps für Ihr nächstes Patientengespräch.

Die Kommunikation zwischen Behandelnden und Patient:innen ist nicht nur entscheidend, um ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis aufzubauen. Sie kann auch den Therapieerfolg maßgeblich beeinflussen. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich in der Erwartung an die Kommunikationsfähigkeit von Ärztinnen und Ärzten einiges getan: Die Vorstellung vom Arzt als «Halbgott in weiß» ist längst passé – Behandelnde und Patient:innen sollen sich vielmehr auf Augenhöhe begegnen und gemeinsam die individuell zugeschnittene Art der Therapie finden (Shared Decision Making, SDM): Der Arzt oder die Ärztin ist zwar der Experte für die Medizin, Patient:innen aber für ihre Lebensumstände und Präferenzen.

Patient:innen haben ein Mitspracherecht

Theoretisch sieht das Patientenrechtegesetz schon seit 2013 vor, dass Patient:innen aufgeklärt und miteinbezogen werden müssen.1 Die Realität sieht leider oft immer noch anders aus: In Aufklärungsgesprächen vor operativen Eingriffen werden zum Beispiel oft nur die wichtigsten Aspekte angesprochen. Trotzdem müssen Betroffene den mehrseitigen Bogen unterschreiben und die umfassende Aufklärung und die Beantwortung aller offenen Fragen attestieren.

Natürlich ist auch hier – wie so oft – die Zeit der limitierende Faktor. Das ließe sich aber zumindest teilweise umgehen, wenn Patient:innen bereits während der sowieso anfallenden Wartezeit mit Informationsmaterial versorgt würden. So können sie sich ihre Fragen für das Arztgespräch zurechtlegen.

Gute Kommunikation ist ein Gewinn für alle

Patient:innen, die sich gut beraten fühlen und in Entscheidungen miteinbezogen werden, sind im Allgemeinen zufriedener. Aber auch die Ärzt:innen und Kassen profitieren davon:1

So bestätigte auch Bundesärztekammer-Vizepräsidentin Ellen Lundershausen kürzlich in einer Pressemitteilung, dass Shared Decision Making zu einer besseren Versorgung beiträgt. Mit diesem Statement beruft sie sich vor allem auf das vierjährige Forschungsprojekt „Making SDM a Reality“.1

Das Projekt wurde am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel durchgeführt. Die Ärzt:innen wurden speziell für das Shared Decision Making geschult und bekamen 80 evidenzbasierte Entscheidungshilfen an die Hand. Auch die Pflegekräfte erhielten entsprechende Fortbildungsangebote und Patient:innen wurden zur aktiven Teilhabe motiviert.1

Zur Nachahmung empfohlen

Die Evalution des Projekts war durchaus positiv: Die vermehrte Berücksichtigung von SDM resultierte in weniger Notfalleinweisungen und Einsparungen bei Versorgungskosten. Die Ergebnisse veranlassten den Gemeinsamen Bundesausschuss, das „Kieler Modell“ für die Übernahme in die Regelversorgung zu empfehlen.1 In Zukunft ist ein Zuschuss von den Kassen für Kliniken vorgesehen, die SDM nach dem Kieler Modell etablieren und dies durch ein entsprechendes Zertifikat belegen.1

Die 6 Schritte eines strukturierten Arzt-Patienten-Gesprächs nach dem Kieler Modell1

  1. Das Ziel des Gesprächs festlegen
  2. Den Nutzen der Patientenbeteiligung begründen
  3. Die ärztlich vertretbaren Optionen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen erläutern
  4. Erwartungen und Bedenken der Patient:innen in Erfahrung bringen
  5. Gemeinsam entscheiden
  6. Weitere Schritte planen

Zuhören ist schwerer als man denkt

Die Basis für ein gelungenes Arzt-Patientengespräch ist aktives Zuhören auf beiden Seiten. Dass das nicht selbstverständlich ist zeigen Erhebungen, wonach Ärzt:innen ihre Patient:innen im Durchschnitt nach nur 13 Sekunden das erste Mal unterbrechen2 – keine gute Ausgangslage für ein Gespräch auf Augenhöhe.

Fazit:

Die Zeit, die Sie sich für Ihre Patient:innen im Gespräch nehmen, ist meist gut investiert und wird im Therapieverlauf oft wieder eingespart. Vom Shared Decision Making profitieren alle Beteiligten: Patient:innen sind zufriedener, Therapien verlaufen effizienter und Kosten können reduziert werden.

Quellen

PP-AU-DE-2229