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Dr. med. Tobias Lüke
Medizinischer Direktor des Bereichs Seltene Erkrankungen bei Pfizer Deutschland
Dr. med. Tobias Lüke: Bei der sogenannten Transthyretin-Amyloidose mit Kardiomyopathie (ATTR-CM) lagern sich fehlgefaltete Formen eines bestimmten Eiweißes zwischen den Herzmuskelzellen ab. Die Ablagerungen führen zu einer Verdickung der Herzwand, der Herzmuskel wird steifer, das Pumpvolumen des Herzens nimmt ab. Es kommt schließlich zu den typischschen Symptomen der Herzinsuffizienz wie Kurzatmigkeit, mangelnde körperliche Bealstbarkeit sowie Müdigkeit und Schwäche.
Dr. med. Tobias Lüke: Herzinsuffizienz ist eine häufige Erkrankung, allein in Deutschland sind circa 2,5 Millionen Menschen betroffen. Die ATTR-CM kann eine mögliche, unterschätzte Ursache für eine Herzinsuffizienz sein. Die absolute Zahl der betroffenen Patient:innen ist noch unbekannt. Auf Basis der verfügbaren Daten gehen wir von knapp 30.000 Patient:innen aus. Aktuell sind aber weniger als 10 % als ATTR-CM diagnostiziert. Eine Diagnoselücke, die im Sinne der Patient:innen geschlossen werden muss!
Dr. med. Tobias Lüke: Die Anzeichen für eine Transthyretin-Amyloidose präsentieren sich in der Regel erst im höheren Lebensalter und scheinen auf den ersten Blick unspezifisch zu sein. Für die behandelnden Ärzt:innen stellt die richtige Diagnose eine große Herausforderung dar. Sie müssen in der Vielzahl der Symptome und Befunde die richtigen Zusammenhänge erkennen und in enger Zusammenarbeit mit anderen Fachkollegen die weitere gezielte Diagnostik durchführen.
Dr. med. Tobias Lüke: Wenn sich die Herzinsuffizienz trotz Standardtherapie verschlechtert, das heißt, die körperliche Belastbarkeit weiter sinkt, die Kurzatmigkeit zunimmt, sich Ödeme in den unteren Extremitäten weiter ausbilden, dann sind dies erste Alarmsignale! Die Diagnose einer ATTR-CM bedarf aber eines erweiterten Blickes auf die Patientengeschichte, weil sie als Systemerkrankung nicht nur zu einer kardialen Manifestation, sondern auch zu extrakardialen Manifestationen führen kann. Ein bis zu zehn Jahre zurückliegendes Karpaltunnelsyndrom oder eine Spinalkastenose stellen weitere Red Flags der ATTR-CM dar.
Dr. med. Tobias Lüke: Bereits bei Verdacht auf Herzinsuffizienz soll eine transthorakale Echokardiografie durchführt werden. Das empfiehlt auch die aktuelle Nationale VersorgungsLeitlinie „Chronische Herzinsuffizienz“ mit dem höchsten Empfehlungsgrad. Die frühe Einbindung einer kardiologischen Praxis ist somit essentiell für die frühzeitige und gesicherte Dignose einer ATTR-CM. Neben Auffälligkeiten im EKG wie einer relativen Niedervoltage, Pseudoinfarktmuster, AV-Block oder Vorhofflimmern kann durch die Echokardiografie eine Herzwandverdickung nachgewiesen werden. Ein deutlich erhöhter NT-proBNP-Wert kann zudem einen weiteren Hinweis liefern. Die Kombination aus gründlicher Basisdiagnostik (inkl. Anamnese), Labor und Bildgebung sowie die kooperative und interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Kardiolog:innen ist für die Absicherung der Diagnose entscheidend.
Dr. med. Tobias Lüke: Bei unklarer Diagnose und ohne Kausaltherapie verläuft die ATTR-CM progredient und ist mit einer hohen Morbidität und Mortalität assoziiert. Ohne wirksame Behandlung beträgt die mittlere Überlebensdauer 3,6 Jahre. Diese schlechte Prognose bei Patient:innen mit ATTR-CM unterstreicht die Notwendigkeit einer konsequenten Diagnostik, um die medikamentöse Kausaltherapie einleiten zu können. Deshalb lautet mein Appell: Früh die Spuren einer ATTR-CM erkennen und die Behandlung starten. Eine Spurensuche, die sich lohnt!