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Kasuistik: Genitourinäres Syndrom der Menopause (GSM) – Diagnostik und individualisierte Therapie

Im genitourinären Syndrom der Menopause werden vaginale, urologische und sexuelle Symptome zusammengefasst. Die therapeutischen Optionen umfassen die vaginale Hydratisierung und Ansäuerung sowie die lokale Estrogenisierung. Beide können auch kombiniert werden, wie im hier vorgestellten Fall.

Im genitourinären Syndrom der Menopause werden vaginale, urologische und sexuelle Symptome zusammengefasst. Die therapeutischen Optionen umfassen die vaginale Hydratisierung und Ansäuerung sowie die lokale Estrogenisierung. Beide können auch kombiniert werden, wie im hier vorgestellten Fall.

Anamnese:

Eine 59 Jahre alte Frau stellt sich in der gynäkologischen Sprechstunde mit seit über einem Jahr zunehmender vaginaler Trockenheit, Dyspareunie sowie rezidivierenden Harnwegsinfekten vor. Sie ist seit sieben Jahren postmenopausal, hatte bislang keine Hormonersatztherapie (HRT) und berichtet über eine deutlich eingeschränkte Lebensqualität, insbesondere in Bezug auf die Sexualität mit ihrem Partner, und häufige dysurische Beschwerden. Sie gibt an, die Beschwerden hätten sich in den letzten zwei Jahren stetig verstärkt. Neben den genitalen Beschwerden berichtet sie über leichte Hitzewallungen, Nervosität und Schlafstörungen, die sie mit Phytotherapeutika gut unter Kontrolle hat.

Relevante Vorgeschichte:

Befund:

Die gynäkologische Untersuchung zeigt eine ausgeprägte vulvovaginale Atrophie mit dünnem, trockenem Vaginalepithel, kleinen Einrissen im Bereich der Introitusregion sowie einer leichten Kontaktblutung. Der pH-Wert liegt bei 6,0. Die Schiller-Jodprobe ist negativ. Die mikroskopische Untersuchung zeigt ein deutlich vermindertes Östrogenisierungsbild mit basalen und intermediären Zellen, ohne relevante Entzündungszeichen.

Urologisch besteht aktuell keine akute Infektion, jedoch zeigt die Patientin bei der Urinkultur eine chronische Besiedlung mit E. coli ohne akute Zystitiszeichen. Die vaginale Mikrobiota ist gestört (Laktobazillen-Reduktion).

Diagnose:

Genitourinäres Syndrom der Menopause (GSM) mit Dyspareunie, vaginaler Atrophie und rezidivierenden Harnwegsinfekten bei östrogenmangelbedingter Epithelatrophie.

Therapieansatz:

Nach ausführlicher Aufklärung über die Pathophysiologie und Therapieoptionen wurde gemeinsam mit der Patientin ein mehrstufiges Leitlinien-konformes Behandlungskonzept beschlossen.

1. Lokaltherapie mit hormonfreiem Vaginalpräparat (Gel, Creme) mit z.B. Hyaluronsäure, Milchsäure, Laktobazillen, Glykogen.

Bei Fortbestehen der genitalen Beschwerden nach 3 Monaten zusätzlich:

2. Lokaltherapie mit niedrig dosiertem vaginalem Östriol (Creme, Gel, Suppositorium, Tablette), zur Regeneration des vaginalen Epithels, Senkung des pH-Werts und Förderung der Laktobazillenflora.

3. Evaluation alternativer Therapieoptionen bei persistierender Symptomatik:

Verlauf:

Bereits nach vier Wochen berichtete die Frau über eine deutliche Besserung der vaginalen Beschwerden. Die Dyspareunie ging zurück, das Vaginalepithel zeigte sich bei der Kontrolle deutlich besser durchblutet und elastischer. Die Patientin zeigte eine gute Therapieadhärenz und äußerte den Wunsch, die Lokaltherapie langfristig fortzuführen. Eine erneute Kontrolle wurde nach drei Monaten sowie anschließend alle sechs Monate empfohlen.

Diskussion:

Das genitourinäre Syndrom der Menopause betrifft etwa 50 % aller postmenopausalen Frauen, wird jedoch häufig nicht aktiv angesprochen. Typisch sind vulvovaginale Symptome wie Trockenheit, Brennen, Juckreiz, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sowie urologische Beschwerden wie Dysurie, Drang und rezidivierende Infektionen. Ursache ist der Östrogenmangel, der zu einer Ausdünnung des Urogenitalepithels und einer Veränderung der vaginalen Mikrobiota führt.

Die lokale hormonfreie Therapie gilt als First-Line-Therapie des GSM. Hierfür stehen verschiedene Gele und Cremes zur Verfügung, die oftmals eine Kombination aus Hyaluronsäure, Milchsäure, Laktobazillen und/oder Glykogen enthalten. Wichtig ist darauf zu achten, dass das verwendete Produkt für die intravaginale Therapie zugelassen ist.

Als Second-line-Therapie des GSM werden lokale Östrogene oder DHEA empfohlen, wenn die hormonfreie vaginale Therapie unzureichend ist oder die GSM-Beschwerden ausgeprägt sind. Die Datenlage zeigt, dass lokal appliziertes Östriol oder Östradiol systemisch kaum resorbiert wird. Daher ist diese Therapie auch bei vielen Frauen mit Risikofaktoren (z. B. früherem Mammakarzinom) nach interdisziplinärer Abklärung möglich.

Selbstverständlich können hormonfreie und hormonhaltige vaginale Produkte miteinander kombiniert werden.

Fazit

Für die lokale hormonfreie Therapie des GSM stehen Gele und Cremes zur Verfügung, die oftmals eine Kombination aus Hyaluronsäure, Milchsäure, Laktobazillen und/oder Glykogen enthalten. Verwendete Produkte sollten für die intravaginale Therapie zugelassen sein. Lokale Estrogene können darüber hinaus die atrophische Schleimhaut wieder aufbauen und den pH-Wert indirekt senken.

Quellen

  1. Santos GML, Magalhães AO, Teichmann PDV, Wender MCO. Vaginal estrogen therapy for treatment of menopausal genitourinary syndrome among breast cancer survivors: a systematic review and meta-analysis. Rev Bras Ginecol Obstet. 2025 Jul 15;47:e-rbgo46. doi: 10.61622/rbgo/2025rbgo46. eCollection 2025. PMID: 40673012 Free PMC article. Review.
  2. Kaufman MR, Ackerman AL, Amin KA, Coffey M, Danan E, Faubion SS, Hardart A, Goldstein I, Ippolito GM, Northington GM, Powell CR, Rubin RS, Westney OL, Wilson TS, Lee UJ. The AUA/SUFU/AUGS Guideline on Genitourinary Syndrome of Menopause. J Urol. 2025 Apr 29:101097JU0000000000004589. doi: 10.1097/JU.0000000000004589. Online ahead of print. PMID: 40298120
  3. Danan ER, Sowerby C, Ullman KE, Ensrud K, Forte ML, Zerzan N, Anthony M, Kalinowski C, Abdi HI, Friedman JK, Landsteiner A, Greer N, Nardos R, Fok C, Dahm P, Butler M, Wilt TJ, Diem S. Hormonal Treatments and Vaginal Moisturizers for Genitourinary Syndrome of Menopause : A Systematic Review. Ann Intern Med. 2024 Oct;177(10):1400-1414. doi: 10.7326/ANNALS-24-00610. Epub 2024 Sep 10. PMID: 39250810
  4. The NAMS 2020 GSM Position Statement Editorial Panel. The 2020 genitourinary syndrome of menopause position statement of The North American Menopause Society. Menopause. 2020 Sep;27(9):976-992. doi: 10.1097/GME.0000000000001609. PMID: 32852449

Bericht:

Prof. Dr. med. Petra Stute
Head of Gynecological Endocrinology and Menopause Center
Department of Obstetrics and Gynecology, Inselspital Bern, Switzerland

President of the European Menopause and Andropause Society (EMAS)
Board Member of the European Society of Gynecology (ESG)
Founder and president of MenoQueens - www.menoqueens.com

Redaktion:

Dr. rer. nat. Reinhard merz MiM Verlagsgesellschaft (Neu-Isenburg)