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Endometriose – Fakten zur medikamentösen Therapie

Endometriose ist weit verbreitet und lässt viele Frauen leiden. Doch es gibt wirksame Behandlungen wie Gestagene, kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK) und GnRH-Analoga. Der Überblick über Medikamente und komplementäre Behandlungen.

Endometriose zählt zu den häufigsten gynäkologischen Erkrankungen bei Frauen. Medizinische Fachleute schätzen, dass bis zu 50 Prozent aller Frauen mit schmerzhaften Regelblutungen an Endometriose leiden.1 Und bei etwa 40 bis 60 Prozent der Frauen, die ungewollt kinderlos bleiben, ist eine Endometriose die Ursache.2 Die Inzidenzraten werden mit 4 bis 7,2 pro 1.000 Frauen angegeben.3 Für das Jahr 2017 berichtet das Statistische Bundesamt von rund 28.000 Krankenhausaufenthalten aufgrund einer Endometriose.

Es dürften aber deutlich mehr Frauen von Endometriose betroffen sein, als die aktuellen Zahlen widerspiegeln. Ein Grund ist, dass viele Frauen stille Endometrioseherde haben, die keine Beschwerden verursachen. Sie bemerken also nichts vom versprengten Gewebe außerhalb der Gebärmutter. Zudem ist die Dunkelziffer vermutlich aufgrund fehlender oder falsch codierter Diagnose hoch. Exakte Zahlen zur Erkrankungshäufigkeit gibt es daher nicht.

Endometriose – starke Schmerzen im Unterleib

Typisch für die Endometriose sind starke Unterleibsschmerzen, die die meisten Frauen als krampfartig erleben. Sie können während der Menstruation, aber auch unabhängig von der Regelblutung auftreten, etwa während oder nach dem Geschlechtsverkehr. Zudem können die Schmerzen in den ganzen Körper ausstrahlen, etwa in den Rücken oder die Beine. Dazu können Übelkeit, Erbrechen und Durchfall oder auch Obstipation kommen.1,2,3

Die Symptome hängen davon ab, an welchen Stellen sich die Endometrioseherde gebildet haben, beispielsweise auf der Gebärmutter oder in der Eileiterwand. Auch die Eierstöcke sowie der Bereich zwischen Gebärmutter und Enddarm können betroffen sein. Seltener bildet sich die Endometriose an anderen Organen wie der Blase oder dem Darm.

Die Folgen der Endometriose können chronische Entzündungen, Vernarbungen, Verwachsungen und auch Infertilität sein. Auch auf den Hormonhaushalt und das Immunsystem kann sich die Erkrankung auswirken. Eine schwere Endometriose beeinträchtigt den Alltag, das Wohlempfinden, die Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität der Frauen beträchtlich. Die Endometriose gilt heute als systemische Erkrankung, die ein interdisziplinäres medizinisches Team behandeln sollte.4

Endometriose behandeln – Ziele der Therapien4

Endometriose ist eine chronische Erkrankung, für die eine Langzeittherapie beziehungsweise ein Langzeitkonzept nötig ist. Bei der Therapieplanung müssen die individuellen Beschwerden, die persönliche Familienplanung und mögliche Organschäden und Langzeitfolgen berücksichtigt werden. Zur Behandlung der Symptome gibt es verschiedene Therapieansätze. Die Basis sind hormonelle und/oder medikamentöse Behandlungen sowie operative Eingriffe. Hormonelle Wirkstoffe unterdrücken die körpereigene Hormonproduktion in den Eierstöcken – und damit auch den Eisprung und die Monatsblutung.

Ebenfalls wichtig sind supportive und integrative Maßnahmen. Dazu gehören unter anderem Psychotherapie, Komplementär- und Alternativmedizin (CAM), Rehabilitation, Nachsorge und Selbsthilfegruppen. Ziel der Therapien ist es immer, eine möglichst lange Beschwerdefreiheit zu erreichen, funktionelle Beschwerden zu vermindern, Organschäden zu vermeiden und die Lebensqualität zu verbessern. Dabei spielen individuelle Bedürfnisse und die jeweilige Lebenssituation der Frauen eine wichtige Rolle.

Hormonelle Therapie der Endometriose

Durch eine effektive hormonelle Therapie lässt sich eine Amenorrhoe auslösen. Es gilt, die Blutungsfreiheit durch eine langfristige und nicht unterbrochene Hormontherapie zu erreichen. Denn oft brechen Frauen die Behandlungsversuche ab, weil sie schmerzhafte Zwischenblutungen erleben.

Hormonelle Therapien reduzieren die mit der Endometriose verbundenen Beschwerden. Sie wirken direkt am Endometrium und reduzieren die Proliferation, Läsionsgröße und -aktivität sowie die Uterusgröße.4 In der Folge fallen die Schmerzsymptome geringer aus.

Für die hormonelle Therapie sind in Deutschland bisher nur das Gestagen Dienogest und Gonadotropin-releasing-Hormone (GnRH-Analoga) zugelassen. Zum Einsatz kommen off label aber auch kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK) und weitere Gestagene, diese auch in verschiedenen sämtlicher Anwendungsformen (z.B. IUD, Vaginalring).

In der symptomatischen medikamentösen Therapie der Endometriose sollte in der Erstlinientherapie ein Gestagen wie Dienogest eingesetzt werden. KOKs, andere Gestagene (inklusive der lokalen Anwendungen) und GnRH-Analoga gelten dagegen als Zweitlinientherapie.4

Die hormonelle Therapie kann auch nach einer Operation angewandt werden und ist häufig zur Prävention eines Rezidivs nötig. KOKs im Langzeitzyklus können die Rezidivrate von Endometriomen sowie die Rate an Beschwerden wie Dysmenorrhoe und chronische Schmerzen senken.4 Auch für das Gestagen Dienogest lassen sich diese postoperativen Effekte nachweisen. Die Anwendung von GnRH-Analoga über sechs Monate konnte das Rezidivrisiko ebenfalls signifikant reduzieren.

Gestagene bei Endometriose4

Für die Monotherapie mit den Gestagenen Dienogest und Norethisteronacetat gibt es eine umfangreiche Evidenz bei Frauen mit Endometriose. Dienogest wirkt genauso effektiv wie GnRH-Analoga bei der Reduktion der Dysmenorrhoe, chronischen Unterbauchschmerzen sowie der Anzahl von Rezidiven nach einer Laparoskopie. Gestagene vermindern die Schmerzen aufgrund der Endometriose durch Dezidualisierung und Atrophie der Endometrioseherde. Zudem unterdrücken sie das Wachstum und hemmen die Angiogenese.

Die Behandlung mit Gestagenen besitzt wenige Nebenwirkungen, etwa Zwischenblutungen oder eine Gewichtszunahme. Für das Gestagen Dienogest wurde in einer Analyse von vier randomisierten, kontrollierten Studien eine positive Wirkung auf die Endometriose-Beschwerden für bis zu 52 Wochen bestätigt.

KOK gegen Endometriose

Der Einsatz von kombinierten oralen Kontrazeptiva zur Reduktion von Endometriosebeschwerden ist „off label“ möglich. Sowohl Dienogest als auch Dienogest in Kombination mit Ethinylestradiol reduziert die Dysmenorrhoe, und zwar gleichwertig signifikant.4

Auch wenn die Qualität der Studien zur Wirksamkeit der KOK in manchen Fällen eher dürftig ist, kommen die vorliegenden randomisierten, kontrollierten Studien zu dem Schluss, dass KOK die Schmerzen aufgrund der Endometriose wirksam reduzieren können. Zu bevorzugen ist die Langzeiteinnahme ohne Pause. Zudem verlängert sich dadurch das rezidiv freie Intervall. Durch die Einnahme im Langzyklus kommt es zu keiner Zyklusrhythmik mehr und die Menstruation längerfristig unterdrückt.

GnRH-Analoga senken den Östrogenspiegel4

GnRH-Analoga werden seit vielen Jahren in der Therapie der Endometriose eingesetzt. Die Medikamente blockieren die GnRH-Rezeptoren im Bereich des Hypophysenvorderlappens und senken die Produktion der weiblichen Hormone stark ab. GnRH-Analoga lindern endometriosebedingte Schmerzen, reduzieren die Blutungsstärke und das uterine Volumen. Als Erstlinientherapie sind sie jedoch aufgrund ihrer im Vergleich zu den Gestagenen stärkeren Nebenwirkungen nicht geeignet. Im Juli 2018 hat die FDA den ersten und bislang einzigen GnRH-Antagonisten Elagolix zugelassen.

Durch den Östrogenmangel rufen GnRH-Analoga klimakterische Beschwerden hervor, zum Beispiel Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen, trockene Scheide und depressive Verstimmungen. Außerdem verringern sie bei längerer Anwendung auch die Knochendichte. Das Ausmaß der Nebenwirkungen erhöht sich zudem mit steigender Dosis, während die Wirksamkeit nicht signifikant steigt. Daher ist eventuell die Therapie mit reduzierter Dosis und längeren therapiefreien Intervallen zum Schutz vor unerwünschten Wirkungen sinnvoll. GnRH-Analoga sollten wegen ihrer Nebenwirkungen nicht länger als drei bis sechs Monate angewendet werden.

Mit einer Add-back-Therapie ist die Anwendung bis zu zwölf Monate möglich. Dabei wird zusätzlich zum GnRH-Analogon entweder ein Gestagen oder ein niedrig dosiertes Östrogen-Gestagen-Präparat (KOK) eingesetzt, um die Beschwerden aufgrund des Östrogenmangels abzuschwächen. Die Wirksamkeit des GnRH-Analogons wird dadurch nicht beeinflusst.

Einer randomisierten kontrollierten Studie zufolge4 ist die Behandlung mit KOK (Norethisteronacetat plus Ethinylestradiol) bezüglich der Knochendichte und Knochenmasse wirksamer als die alleinige Gestagentherapie. Die Add-back-Therapie sollte daher mit einem geeigneten KOK durchgeführt werden. Beide Ansätze vermindern jedoch die Wechseljahresbeschwerden und verbessern die Knochengesundheit.

Endometriose – weitere Behandlungen4

Neben der hormonellen Therapie gibt es noch weitere medikamentöse und nicht-medikamentöse Behandlungen bei Endometriose. Die wichtigsten im Überblick:

Viele Frauen probieren auch komplementäre und andere Behandlungsmethoden aus, um die Beschwerden und Schmerzen zu lindern. Auch auf das Wohlempfinden können sie sich womöglich positiv auswirken. In Studien sind die meisten Maßnahmen und Mittel nicht gut untersucht, aber sie können einen Versuch wert sein. Beispiele:4

Quellen

  1. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG), https://www.gesundheitsinformation.de/endometriose.html (Abruf: 17.6.2022)
  2. Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V., https://www.endometriose-vereinigung.de/was-ist-endometriose.html (Abruf: 17.6.2022)
  3. Berufsverband der Frauenärzte e.V., https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/endometriose/ (Abruf: 17.6.2022)
  4. S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Endometriose, Stand: August 2020, https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-045l_S2k_Diagnostik_Therapie_Endometriose_2020-09.pdf (Abruf: 17.6.2022)