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Depressionen bei Brustkrebs: zu wenig berücksichtigt in der Therapie?

Seelische Belastung, auch das sechste Vitalzeichen in der Onkologie genannt, führt bei mehr als einem Drittel der Brustkrebspatientinnen zum Auftreten von Depressionen oder Angststörungen – im Verlauf oder Anschluss der Krebserkrankung. Zwei aktuelle Studien haben mögliche Risikofaktoren untersucht und zeigen, auf welche Patientinnen bei den Kontrollterminen diesbezüglich besonders geachtet werden muss.

Verbesserte Prognose führt zu mehr Langzeitüberlebenden – mit allen Folgen

Brustkrebs ist nach wie vor die häufigste Krebsart bei Frauen. Im Jahr 2018 waren es mehr als zwei Millionen Neuerkrankungen weltweit.1 Dank der großen Fortschritte in der Therapie des Mammakarzinoms ist die Prognose für viele Patienten deutlich besser als früher und die Zahl der Langzeitüberlebenden steigt stetig weiter an.1 Damit einhergehend verlängert sich entsprechend auch die Nachsorge und die Dauer der mit der Krebserkrankung verbundenen Belastungen – physisch und psychisch – für die Betroffenen. Eine aktuelle Studie aus Deutschland zeigt, dass die Zahl der Patienten, die im Verlauf der Erkrankung depressive Symptome entwickeln, zwischen 9 und 66 % liegt. Bei 3 bis 42 % der Betroffenen kommt es zur Ausbildung von schweren Depressionen. Die großen Schwankungen sind den Autoren zufolge auf die unterschiedlichen Kriterien für psychische Erkrankungen der analysierten Studien zurückzuführen.1 Nichtsdestotrotz machen die Zahlen deutlich, dass in der Nachsorge von Mammakarzinom-Patientinnen nicht nur die physischen Begleiterscheinungen, sondern auch die psychischen Folgen der Krebserkrankung Einfluss auf die Lebensqualität der Betroffenen nehmen und entsprechend behandelt werden müssen.

Das Risiko steigt mit dem Alter und dem Stadium der Erkrankung

Eine Brustkrebserkrankung bedeutet ein hohes Maß an physischer und psychischer Belastung für die Betroffenen. Um der Entwicklung einer Depression möglichst effektiv entgegenwirken zu können, ist die frühzeitige Identifizierung entsprechender Risikopatienten, bzw. -faktoren, unbedingt notwendig. Diese Fragestellung wurde in den beiden genannten Studien genauer untersucht. Beide kommen zu dem Ergebnis, dass neben den Hauptparametern wie dem Schweregrad der Erkrankung, der Rezidiv-Wahrscheinlichkeit bzw. individuellen Heilungschance, noch weitere Faktoren das Risiko erhöhen Depressionen oder Angststörungen zu entwickeln.1,2 Bei Patienten mit hoher Krankheitsaktivität und stärkeren Symptomen war das Risiko um das 3,8-fache erhöht, im Vergleich zu Betroffenen mit fehlenden oder leichten Beschwerden.2 Auch die Wohn- und Lebenssituation nimmt den Autoren zufolge Einfluss auf die Erkrankungswahrscheinlichkeit. Patienten, die in ländlichen Regionen leben, entwickeln 2,6-mal häufiger psychische Begleiterscheinungen als Stadtbewohner.2 Ebenso spielt der Bildungsstatus der Betroffenen eine Rolle: je höher dieser in den Beobachtungsstudien war, desto geringer war das Risiko. Außerdem stieg die Erkrankungswahrscheinlichkeit in beiden Studien mit dem Alter der Betroffenen an.1,2 Ebenfalls berücksichtigt werden sollte der jeweilige Beziehungsstatus der Patienten: Verheiratete Patienten haben ein deutlich geringeres Risiko im Krankheitsverlauf eine Depression zu entwickeln als Singles oder Betroffene mit einem Verlust des Lebenspartners (verwitwet oder geschieden).2 Die Art der Behandlung hingegen nimmt den Autoren zufolge nur in geringem Maß Einfluss auf die Erkrankungswahrscheinlichkeit. Das größte Risiko für die Entwicklung von Depressionen oder Angststörungen haben Rezidiv-Patienten, die dadurch erneut mit der Krebserkrankung und der damit verbundenen Belastungssituation konfrontiert werden.1,2

Im ersten Jahr nach der Diagnosestellung ist die Auftretenswahrscheinlichkeit besonders hoch.1 In Anbetracht der Tatsache, dass sich das Vorliegen einer Depression oder Angststörung negativ auf die Prognose der Brustkrebs-Patientinnen auswirkt, spielt eine adäquate und möglichst frühzeitige Behandlung der psychischen Begleiterscheinungen daher eine wichtige Rolle – während der Therapie und vor allem auch in der Nachsorge.

Referenzen:

  1. Age-specific prevalence and determinants of depression in long-term breast cancer survivors compared to female population controls. Cancer Med. 2020;9(22):8713–21.
  2. Tsaras K, Papathanasiou IV, Mitsi D, Veneti A, Kelesi M, Zyga S, u. a. Assessment of Depression and Anxiety in Breast Cancer Patients: Prevalence and Associated Factors. Asian Pac J Cancer Prev APJCP. 2018;19(6):1661–9.