[Bakterielle Vaginose wird im folgenden Beitrag abgekürzt mit BV.]
Die Entdeckung von Clue cells und Pseudo-Clue cells, zunehmende Resistenz von BV-assoziierten Bakterien gegen Metronidazol, dessen Unwirksamkeit in Biofilmen, die sexuell übertragen werden und Probleme der Partnertherapie machen die Therapie der rezidivierenden BV zu einer Herausforderung.
Wichtige Risikofaktoren für eine BV sind Cu-IUD, Rauchen, Sexualpraktiken (z. B. lesbische Paare), dunkele Hautfarbe, Menstruationsblutung, neue oder mehrere Partner(-innen).
Das typische subjektive Symptom ist grauweißer, unangenehm riechender Fluor. Viele Frauen geben aber keine Beschwerden an. Bei BV sind Laktobazillen stark vermindert (besonders Lactobacillus (L.) crispatus, L. iners aber nicht), es nehmen stark Gardnerella – Arten und diverse BV-assoziierte anaerobe Bakterienarten zu, besonders Fannyhessea, ehem. Atopobium vaginae, und bilden polybakterielle Biofilme. Die chronische rezidivierende BV tritt mindestens 3x/Jahr auf.
Die primäre Diagnostik erfolgt klinisch: mindestens 3 von 4 Amsel-Kriterien sollen positiv sein (cremig-grauer Fluor, fischiger Geruch, besonders nach Zugabe von 15% KOH, pH > 4,5 und mikroskopischer Nachweis von mikroskopisch >20% Schlüsselzellen). Ein standardisiertes Verfahren mit Gramfärbung im Labor und Mikroskopie (x1.000, Ölimmersion) ist der Nugent-Score (0 – 10 Punkte: 7–10 = BV, 4-6 = intermediär, 0–3 = normal). Er ist entscheidend im Gegensatz zu bakteriologischen Kulturen, die nicht empfohlen werden, molekulargenetische Verfahren spielen hier eine untergeordnete Rolle. Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung gewinnt an Bedeutung, da sie Einblick in das Verhalten der Bakterien im Biofilm gibt, ist aber noch nicht verbreitet.
Ein Screening in der Schwangerschaft kann mangels klarer Evidenz derzeitig nicht empfohlen werden, obwohl es Hinweise gibt, dass die Korrektur von vaginalen Dysbiosen bzw. BV möglichst früh in der Schwangerschaft Frühgeburten reduzieren kann.
Frauen mit gesicherter BV sollen leitliniengerecht behandelt werden. Dazu sollen Clindamycin oder Metronidazol oral oder topisch, alternativ auch vaginale Antiseptika angewendet werden.
Medikation | Applikation | Dosierung | Dauer |
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Clindamycin | vaginal | 100 mg Ovula (1x täglich) | 3 Tage |
vaginal | 2% Crème (1x täglich) | 7 Tage | |
Oral | 300 mg 2x täglich) | 7 Tage | |
Metronidazol | oral | 500 mg (2x täglich) | 7 Tage |
vaginal | 0.75% Gel (5 g Applikator, 1x täglich) | 5–7 Tage | |
vaginal | 100 mg Ovula (1x täglich) | 6 Tage | |
vaginal | 1 g Ovula (1x täglich) | 2 Tage | |
Antiseptische Therapiealternativen: | |||
Dequaliniumchlorid | vaginal | 10 mg (1x täglich) | 6 Tage |
Octenidin | vaginal | An Tag 1 Sprühstoß 2x, dann 1x täglich | 7 Tage |
Povidon-Jod* | vaginal | 1 Applikatorfüllung (1x täglich) | 6–7 Tage |
* Eingeschränkte Wirksamkeit. CAVE: Keine Anwendung während der Schwangerschaft |
Bei chronischen Rezidiven (3 und mehr Episoden/Jahr) sollte mit lokalen Antiseptika oder einer suppressiven Erhaltungstherapie mit topischem Metronidazol behandelt werden. Vaginale Probiotika reduzieren die Gefahr eines Rezidivs.
Während einer Schwangerschaft soll eine symptomatische zur Reduktion der Beschwerden und zur Reduktion von Schwangerschafts- und Wochenbettkomplikationen behandelt werden. Es soll primär (vaginales) Clindamycin angewendet werden, alternativ vaginale Antiseptika. Wobei zu bedenken ist, dass durch Antiseptika die ohnehin schon verminderten Laktobazillen weiter minimiert werden. Insgesamt erscheint Clindamycin, auch aufgrund seiner anti-inflammatorischen und Zytokin-hemmenden Wirkung, sowie aufgrund seines breiten antibiotischen Spektrums während der Schwangerschaft besser geeignet zu sein als Metronidazol.
Die orale Gabe von Clindamycin scheint der topischen Therapie während der Schwangerschaft zwar nicht überlegen zu sein, ist möglicherweise aber gegen subklinische Infektionen des oberen Genitaltrakts wirksamer als die vaginale, während vermehrt Resistenzen gegen Metronidazol beobachtet werden.
Frauen mit bakterieller Vaginose und Kinderwunsch sollten vor der Schwangerschaft behandelt werden, auch wenn sie asymptomatisch sind.
Die Selbstmedikation wird ohne korrekte Diagnose nicht empfohlen. Milchsäure und Probiotika helfen bei der Rezidivprophylaxe, evtl. auch Polymere und andere den pH-Wert stabilisierende Substanzen. Die Partnerbehandlung ist in Studien in Erprobung, jedoch sind bisher noch keine gesicherten Empfehlungen möglich. Zur Rezidivprophylaxe sind die Entfernung eines Cu-IUDs, Beenden des Rauchens und Kondome hilfreich.*
Die Substanz Clindamycin erhält in der aktualisierten Leitlinie einen neuen Stellenwert in der Therapie der bakteriellen Vaginose und gilt insbesondere der Schwangerschaft als Substanz der Wahl neben vaginalen Antiseptika.
*Bacterial vaginosis. Guideline of the DGGG, OEGGG and SGGG (S2k-Level, AWMF Registry No. 015-028, June 2023). https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-028l_S2k_Bakterielle-Vaginose_2023-07.pdf