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Digitalisierung und Innovationen als Gamechanger in der Therapie?

Für insulinbehandelte Menschen mit Diabetes haben Technologie und Digitalisierung einen großen Stellenwert in der modernen Therapie erlangt: Ohne technische Hilfsmittel zur Glukoseselbstkontrolle, zur Insulininjektion und dem dazugehörigen Datenmanagement wäre die Therapie insbesondere bei Diabetes Typ 1 heute undenkbar.

Für insulinbehandelte Menschen mit Diabetes haben Technologie und Digitalisierung einen großen Stellenwert in der modernen Therapie erlangt: Ohne technische Hilfsmittel zur Glukoseselbstkontrolle, zur Insulininjektion und dem dazugehörigen Datenmanagement wäre die Therapie insbesondere bei Diabetes Typ 1 heute undenkbar. Technische Innovationen und die fortschreitende Digitalisierung bieten den Betroffenen eine individualisierte Therapiemöglichkeit je nach Lebenssituation. Auf dem Diabetes Kongress 2023 diskutierten die Teilnehmenden über neueste Entwicklungen in diesem Bereich, aber auch über bestehende Barrieren, die Möglichkeiten der Digitalisierung adäquat auszuschöpfen und zu nutzen. Denn regulatorische Vorgaben verhindern einen konstruktiven Austausch verschiedener Institutionen wie Praxen, Kliniken und Krankenkassen, aber auch verschiedener Technologien untereinander. Daher fordern Expertinnen und Experten Interoperabilität, offene Schnittstellen sowie Plattformen zur Zusammenarbeit.

Ob bei Blutzuckermesssystemen, kontinuierlicher Gewebezuckermessung (CGM), smarten Insulinpens, Insulinpumpen, AID-Systemen oder Diabetes-bezogenen Apps – es gibt zahlreiche Neuentwicklungen in der Diabetestechnologie. „Bei der klassischen Blutzuckerbestimmung mit Geräten zur Selbstmessung ist die Qualität der verfügbaren Produkte noch immer gemischt“, erklärte Dr. med. Sandra Schlüter, niedergelassene Diabetologin aus Northeim und Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft „Diabetes und Technologie“ (AGDT) der DDG: „Während es sehr genaue Messsysteme gibt, erfüllen einige auf dem Markt befindliche nicht die Anforderungen.“ In einer Studie wiesen drei von sieben Blutzuckermesssystemen, deren Teststreifen von gesetzlichen Krankenkassen zur Verschreibung empfohlen werden, nicht die erforderliche Präzision auf. „Für Furore sorgen immer wieder Innovationen zur nicht-invasiven Glukosemessung, die sich zum Beispiel spektroskopische Techniken mittels Infrarotlicht zur Glukosebestimmung zunutze machen“, erklärte Schlüter. Allerdings seien diese derzeit in der Regel für einen Einsatz im Diabetesalltag noch nicht geeignet.

Die Entwicklungen der Systeme zur kontinuierlichen Gewebezuckermessung (CGM) gehen hin zu einer höheren Genauigkeit und Zuverlässigkeit, längerer Tragedauer und weniger Kalibrationen. Die Möglichkeit der CGM-Datenübertragung bietet Anwendenden zudem den Vorteil, sich kontaktlos von ihrem behandelnden Diabetesteam beraten zu lassen: „Diese Form der Telemedizin wurde vermehrt während der Corona-Pandemie genutzt, wird aber sicherlich auch zukünftig eine Rolle in der Praxis und Klinik spielen“, ist Sandra Schlüter überzeugt. Die meisten insulinbehandelten Menschen mit Diabetes Typ 1 und Typ 2 benutzen zur Insulingabe einen Insulinpen. Die Diabetologin erklärt: „Die Entwicklung hin zu ‚smarten‘ Pens, beispielsweise mit Speicher-, Erinnerungs- oder Datenübertragungsfunktion ist in vollem Gange.“ Smarte Pens können ihre Daten in Apps übermitteln, welche wiederum Glukosemessdaten mit Insulindaten abgleichen, in einem Bolusrechner nutzbar machen und möglicherweise in naher Zukunft darauf abgestimmt Therapieempfehlungen geben können.

Ähnlich dynamisch ist die Entwicklung bei der automatisierten Insulindosierung (AID), die aus einem CGM-System, einer Insulinpumpe und einem Algorithmus zur Steuerung besteht. „Bei AID-fähigen Insulinpumpen mit kompatiblen CGM-Systemen kommt es derzeit noch zu Problemen bei der Kostenübernahme durch die Krankenkassen“, kritisierte Sandra Schlüter. „Wenn eine AID-fähige Insulinpumpe keine Kostenzusage für das dazugehörige CGM-System erhält, kann die Algorithmussteuerung nicht genutzt werden.“ 

Für die korrekte Anwendung von Diabetestechnologien und den daraus gewonnenen Daten sind intensive Schulungen und Beratungen unumgänglich. „Technik ist nicht unfehlbar und kann ausfallen oder fehlerbehaftet sein“, betonte Sandra Schlüter. „Für insulinbehandelte Menschen mit Diabetes ist es wichtig, sie zu verstehen, richtig einzusetzen, die korrekten Rückschlüsse für therapeutische Konsequenzen zu ziehen und im Notfall auch ohne sie ihre Selbsttherapie durchführen zu können.“ Auch für die Diabetesbehandlungsteams ändern sich die Anforderungen. „Das Fachpersonal benötigt regelmäßig unabhängige Fortbildungsmöglichkeiten und Angebote für eine strukturierte Weiterbildung“, forderte die Diabetologin.