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Moderne Krebsforschungfür künftige Therapieoptionen

Professorin Dr. Lena Illert ist Expertin auf dem Gebiet der translationalen personalisierten Onkologie. Ihr Fokus liegt auf der Identifizierung, Validierung sowie Implementierung von innovativen Zielstrukturen und prädiktiven Biomarkern für die immunologische und molekulare Tumorbehandlung.

Im Rahmen eines klinischen Projekts sollte der Nutzen molekularer, individualisierter Therapieempfehlungen bei Krebspatientinnen und -patienten nach Standardbehandlung analysiert werden. Hierzu haben wir die 4-Jahres-Daten des Molekularen Tumorboards (MTB) des Comprehensive Cancer Center Freiburg als eines der ersten deutschen und europäischen MTBs einschließlich der Arbeitsabläufe sowie Prozesse ausgewertet. Diese retrospektive Studie umfasst Daten von 488 Patienten, die von 2015 bis 2018 am MTB Freiburg teilgenommen haben. Die Auswertung beinhaltet individuelle MTB-Empfehlungen inklusive molekularer Diagnostik, personalisierte Therapie-Empfehlungen, Beurteilung der Therapieadhärenz und die Analyse von Outcome-Parametern, einschließlich des Gesamtüberlebens1.

Die Mehrheit der MTB-Patienten hatte fortgeschrittene Krebserkrankungen im Stadium IV (90,6 %) und im Durchschnitt 2,1 vorherige Therapielinien. Für 487 Patient:innen (99,8 %) lagen individuelle diagnostische Empfehlungen vor. In 264 Fällen (54,1 %) wurde eine Therapie-Empfehlung abgegeben, die bei 212 Patient:innen (43,4 %) eine molekular stratifizierte Behandlung beinhaltete und bei 28,8 % der Patient:innen umgesetzt wurde.
Unter der vom MTB empfohlenen Therapie hatten 19 Patienten (25,0 %) eine stabile Erkrankung, 17 eine partielle Response (22,4 %) und fünf eine komplette Remission (6,6 %). Damit wurde insgesamt in 28,9 % der Fälle mit umgesetzter Therapie-Empfehlungen ein objektives Ansprechen erreicht, was einem Anteil von 4,5 % der Gesamtpopulation (Intention-to-treat) entspricht. Strukturell konnten durch Optimierung des MTB-Workflows die Fallbesprechungen pro Sitzung signifikant gesteigert werden, während die Einhaltung der Therapie und die Ergebnisse über die ausgewerteten Jahre stabil blieben.
In weiteren, präklinischen Projekten haben wir im Rahmen reverser Translationskonzepte die Signaltransduktion onkogener Tyrosinkinasen u. a. NPM-ALK, FLT3-TKD, BCR-ABL, JAK2V617F und CSF3R-T618I analysiert. Hier konnten wir im syngenen Mausmodel mit komplexen Transplantationsversuchen zeigen, dass die T-Zell Antwort von CD4-T-Helferzellen essentiell bei der Kontrolle von NPM-ALK getriebenen anaplastisch großzelligen Lymphomen (ALCL) ist2. Durch therapeutische Aktivierung der CD4-positiven T-Zellen mittels Checkpoint-Blockade ließen sich im Mausmodell interessanterweise 50 % der Tiere mit ALCL vollständig und dauerhaft heilen. Transkriptomanalysen verschiedener T-Zell-Subgruppen zeigten, dass die Tiere mit erschöpften CD4-Helferzellen keine suffiziente Immunantwort auf Checkpoint-Therapie entwickeln können und so trotz therapeutischer Intervention rasch versterben.
Zusammenfassend konnte in diesem präklinischen Projekt nicht nur eine äußert effektive therapeutische Option für mehr als die Hälfte muriner ALCLs gefunden, sondern auch ein prospektiver Biomarker (erschöpfte CD4-Zellpopulation) etabliert werden. Um die Translation dieser Ergebnisse in die Klinik zu akzelerieren, wollen wir diese Ergebnisse im Rahmen von Forward-Translations-Konzepten zunächst auf einzelner Patientenebene und dann ggf. im Rahmen einer klinischen Studie überprüfen.

Univ-Prof. Dr. Anna Lena Illert
Klinikum rechts der Isar der TU München

Literatur

  1. Hoefflin R et al (2021) Transitioning the molecular tumor board from proof of concept to clinical routine: a german single-center analysis. Cancers (Basel) 13(5):1151
  2. Graessel L et al (2022) Effective and safe immune checkpoint blockade induces complete responses in murine PTCL model of ALCL. Blood 140 (Suppl. 1):6466– 6467