Start in die "Großreform" für Krankenhäuser Logo of esanum https://www.esanum.de

Qualität statt Menge – Start in die "Großreform" für Krankenhäuser

Ärzte und Pflegekräfte entlasten, die wohnortnahe Grundversorgung sicherstellen, perspektivisch eine bessere Qualität gewährleisten: die "Großreform" für Krankenhäuser" soll viele Steine ins Rollen bringen.

Mittelmaß und Menge werden zu oft honoriert

"Wir haben die Ökonomie zu weit getrieben. Momentan werden zu oft Mittelmaß und Menge honoriert. Künftig sollen Qualität und Angemessenheit allein die Kriterien für eine gute Versorgung sein." Das sind, auf den Punkt gebracht, Diagnose und Therapie für die Krankenhausversorgung, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und drei Mitglieder der Regierungskommission für die nun an den Start gehende "große Krankenhausreform" am 06.12. in Berlin vorgestellt haben.

Nirgendwo, so der Kommissionsvorsitzende Professor Tom Bschor, sei das DRG-System so ausschließlich angewendet worden wie in Deutschland. Die Folge: "Masse statt Klasse, Behandlungen mit fragwürdiger medizinischer Indikation, Über- und Unterversorgung." Die rein mengenorientierte Vergütung hat die Krankenhäuser in eine betriebswirtschaftliche Rationalitätenfalle geführt – in der Hoffnung auf Mehrerlöse durch Leistungsausweitung und Gewinnsicherung durch Kostendegression. Die Folge: anhaltende Überlastung von Ärzten und Pflegekräften.

Ressourcenschonung, Druck aus dem System nehmen

Mit einer "grundlegenden Reform" schlagen die Experten vor, Druck aus dem System zu nehmen, ressourcenschonender mit Personal umzugehen und auf diese Weise mit gegebenen finanziellen Ressourcen auch bei zukünftigem Fachkräftemangel die Krankenhausversorgung sicherzustellen.

Kernelement des in den letzten sechs Monaten von der Regierungskommission erarbeiteten Konzepts ist die teilweise Ablösung des DRG-Systems durch eine Finanzierung der Krankenhäuser durch Vorhaltebudgets, die je nach Versorgungslevel und Aufgabenstellung in der Endstufe nach fünf Jahren zwischen 40 und 60 Prozent der Gesamterlöse ausmachen sollen.

Fünf Versorgungslevels

Dazu hat die Kommission ein Konzept für fünf bundeseinheitlich anzuwendende Versorgungslevels entwickelt, die künftig bei der Bedarfsplanung, die weiterhin Aufgabe der Länder bleibt, angewendet werden sollen:

128 Leistungsgruppen mit einheitlichen Strukturvorgaben für alle Kliniken

Um die Strukturqualität der Krankenhäuser zu verbessern und zu homogenisieren, schlägt die Kommission 128 Leistungsgruppen vor, für die von einem unabhängigen Ausschuss Mindestanforderungen an personeller und technischer Ausstattung entwickelt werden sollen. Medizinische Fachgesellschaften sollen sich daran beteiligen können. 

Diese Leistungsgruppen und die damit verbundenen Anforderungen an die Strukturqualität bieten nach Absicht von Kommissionsmitglied Professor Christian Karagiannidis einen entscheidenden Vorteil: die Konzentration von bestimmten Leistungen auf weniger Krankenhäuser und die Chance zur Entwicklung von Kooperation und Arbeitsteilung. Das werde Effizienz und Qualität steigern. Dringend notwendig sei dazu auch eine Neuauflage des Krankenhaus-Strukturfonds, um Kliniken nachhaltig zu modernisieren. 

Bei seinen Vorschlägen hat die Kommission explizit Vorschläge zur Strukturqualität entwickelt, die im Wesentlichen auf die Inputs der Versorgung fokussiert sind. Diskussionen seien aber auch über ergebnisorientierte Behandlungsqualität, also medizinische Outcomes geführt worden. Deren stärkere Berücksichtigung in der Vergütung hält Lauterbach mittelfristig für denkbar.

Nicht mehr Geld ins System – und auch keine personellen Aufstockungen

Die geplante Reform soll insgesamt kostenneutral sein. Bschor wie auch Karagiannidis,  beide Ärzte, sehen sowohl bei der Finanz- wie auch bei der Personalausstattung im internationalen Vergleich weder die Notwendigkeit noch die Möglichkeit, Ressourcen  spürbar aufzustocken.

"Auch von uns Ärzten sind Fehler gemacht worden, denn auch wir haben das Hamsterrad befeuert."

Professor Tom Bschor

Erste Reaktionen signalisieren tendenziell Zustimmung zu den Kommissionsvorschlägen. So begrüßte der Marburger Bund den Einstieg in die Vorhaltefinanzierung, fordert aber zusätzlich die Einbeziehung der ärztlichen Personalkosten in die Vorhaltebudgets. Viele offene Fragen sieht der Verband noch für die Grundversorgung.

Der Verband der Universitätsklinika spricht von einer "sehr zutreffenden Analyse" und "substanziellen Vorschlägen".  Der Ansatz der Vorhaltevergütung entsprechend den Versorgungslevels und die Einführung von Leistungsgruppen mit Qualitätsanforderungen seien "vielversprechend". Die Kommission anerkenne du "herausragende Rolle der Universitätsklinika".