Weiteres Vorgehen und Therapie
Der glasig-hämorrhagische Aspekt, das rasche Größenwachstum und der Hintergrund der Schwangerschaft wiesen mit der höchsten Wahrscheinlichkeit auf ein Granuloma pyogenicum hin. Die Bezeichnung ist ein historisch gewachsenes Misnomer, denn weder besteht ein Granulom noch ist eine „eitrige“ Infektion im Spiel. Vielmehr handelt es sich um ein eruptives Hämangiom. Es ist definiert als ein benigner vaskulärer Tumor der Haut und der hautnahen Schleimhäute aus der Gruppe der Hämangiome. Der plötzlichen progredienten Entstehung geht oftmals ein Bagatelltrauma wie z.B. eine Stichverletzung voraus. Bei spontaner Entstehung können hormonelle Veränderungen, insbesondere während einer Schwangerschaft, die Ursache sein.
Es gibt unterschiedliche Formen in verschiedenen Manifestationen: Vom klassischen solitären Granuloma pyogenicum werden das disseminierte (eruptive) Granuloma pyogenicum mit multiplen kleinen aggregierten Papeln und das Granuloma pyogenicum mit Satellitenläsionen unterschieden. Letzteres wird vor allem bei Kindern und bei jungen Erwachsenen beobachtet, wobei um den primären Herd herum umschrieben multiple Satellitenknötchen synchron aufschießen.
Das subkutane und das intravasale Granuloma pyogenicum sind histologische Diagnosen. Speziell in der Schwangerschaft ist die Manifestation im Bereich der Mundschleimhaut als Epulis gravidarum häufig. Obschon eine Erstmanifestation ab dem ersten Lebensjahr möglich ist, tritt das Granuloma pyogenicum zumeist zwischen dem 2. und 5. Lebensjahrzehnt auf. Typischer Befund ist der halbkugelige rötlich-bläuliche, erosiv-vulnerable solitäre Knoten, der zunehmend in der Basis von der Epidermis kragenartig abgeschnürt wird.
Tab. 1 zeigt eine Übersicht über die wichtigsten exophytischen schmerzlosen Knoten an den Extremitäten Akren.
Die Therapie der Wahl ist die Exzision in Lokalanästhesie ohne Sicherheitsabstand. Alternativ wird Laserablation versucht, aber die Rezidivrate ist hier hoch. Prinzipiell und insbesondere nach der Schwangerschaft sind auch Spontanheilungen durch Involution möglich.
Tab. 1. Differenzialdiagnosen schmerzloser Knoten an den Extremitäten Akren.
Dermatose | Definition |
---|---|
Kutanes Plattenepithelkarzinom (Spinaliom) | Von den epidermalen Keratinozyten der Haut ausgehender maligner Tumor des höheren Lebensalters. |
Keratoakanthom | Von den Haarfollikelzellen ausgehender niedrigmaligner Tumor des höheren Lebensalters. Malignes Potential möglich. |
Akrolentiginöses malignes Melanom | Hochmaligner Tumor der Melanozyten. Schwarzbraune Pigmentierung (amelanaotisches Melanom sehr selten). |
Granulationsgewebe („wildes Fleisch“), Keloid | Gutartige Gewebeproliferation nach Verletzungen. |
Granuloma pyogenicum (eruptives Hämangiom) | Benigner vaskulärer Tumor der Haut- und Schleimhäute aus der Gruppe der Hämangiome. |
Hämangiosarkom | Seltener, hochmaligner, spät metastasierender Gefäßtumor. |
Epitheloides Hämangioendotheliom (EHE) | Niedrig- bis mittelmaligne Gefäßtumore der Leber, der Lunge und der Haut und Weichteile der Extremitäten. |
Kuhpocken | Benigne Viruserkrankung durch das Parapoxvirus bovis (Paravakziniavirus) mit Entstehung von schmerzlosen Papeln und Knoten. |
Orf (Echthyma contagiosum) | Benigne Viruskrankheit durch das Orf-Virus (von Schafen übertragen) mit Entstehung von schmerzlosen Knoten. |
Verrucae vulgares | Benigne Epithethelhyperplasie durch HPV. |
Aufgrund des raschen Größenwachstums mit möglicher Alteration des Nagelwachstums, zur sicheren Abklärung der Dignität und insbesondere auch auf Wunsch der Patientin, erfolgte die handchirurgische Entfernung der Läsion. In der Histologie bestätigte sich die Arbeitsdiagnose eines sogenannten Granuluma pyogenicums bzw. ätiologisch exakt, eines eruptiven Hämamgioms (Abb. 2).
a
b
Abb. 2. Typische Histologie eines Granuloma pyogenicum mit multiplen lobulären Kapillarkonvoluten in der Dermis mit bindegewebigen Septen und möglicher Erosion der darüberliegenden Epidermis mit neutrophiler und lymphozytärer Infiltration (a,b). Typisch ist die seitliche epitheliale Collerette (Kragenbildung).
Fazit
Das Granuloma pyogenicum ist ein aufschießender benigner Gefäßtumor, der infolge punktueller Bagatelltraumata oder unter hormonellem Einfluss wie während einer Schwangerschaft entsteht und korrekterweise als eruptives Hämangiom bezeichnet werden sollte. Die für die Betroffenen beunruhigenden, erosiven Knotenbildungen sollten stets auch unter differenzialdiagnostischen Gesichtspunkten, insbesondere in Abgrenzung zu Malignomen, betrachtet werden. Obwohl spontane Involution möglich ist, ist die knappe Exzision die Therapie der Wahl.
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