Thoraxsyndrom bei 25-Jähriger – diagnostisches Rätsel Logo of esanum https://www.esanum.de

Der besondere Fall: Kardiale Krise einer jungen Skifahrerin

Plötzliche Brustschmerzen, Atemnot und Kälteschweiß – was steckt hinter den alarmierenden Symptomen einer jungen Frau?

Erstvorstellung

Eine 25-jährige Patientin stellt sich in einem Wintersportort-Krankenhaus mit Brustschmerzen, Atemnot bei leichter Belastung (Skifahren), Kälteschweiß und gelegentlichem vor. In der Anamnese findet sich als relevanter Risikofaktor lediglich das Rauchen von etwa fünf Zigaretten pro Tag. Eine frühkindliche Erkrankung ist nicht erinnerlich.

Bei der klinischen Erstuntersuchung zeigt sich: 

  • Puls 86/min, 
  • Blutdruck 110/65 mmHg, 
  • Atemfrequenz 26/min.
  • Auskultatorisch keine pathologischen Herztöne, keine Ödeme, kein erhöhter Halsvenendruck.

Die erste Verdachtsdiagnose des behandelnden Ärzte-Teams lautet Myokarditis.

Untersuchungsbefunde

Das 12-Kanal-EKG zeigt diskrete ST-Strecken-Senkungen, die mit einer vereinbar scheinen, jedoch ohne eindeutige ischämische Muster.

Die Echokardiographie zeigt eine normale linksventrikuläre Auswurffraktion, aber akinetische Segmente der basalen Inferiorwand sowie hypokinetische Segmente der mittleren inferolateralen Wand.

Im kardialen MRT finden sich Myokardödeme in der medio-basalen Inferiorwand sowie „late gadolinium enhancement“-Herde antero-septal und baso-diaphragmal. Damit wird die Arbeitsdiagnose Myokarditis weiterverfolgt.

Labor

  • Troponin T: erhöht
  • CK-MB: grenzwertig
  • CRP und Leukozyten: nicht signifikant erhöht
  • NT-proBNP: normal
  • Lipidprofil: unauffällig
  • Nierenwerte: normal

Koronarrisikoprofil

Raucherin, keine Hypertonie, kein Diabetes, keine familiäre KHK

Welche Verdachtsdiagnose haben Sie, wenn Sie die Fallbeschreibung genauer betrachten? 

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Weitere Maßnahmen, weitere Fragestellungen

Etwa sechs Monate später sucht die Patientin erneut ärztliche Hilfe wegen wiederkehrender Brustschmerzen und Belastungsdyspnoe. Da die Symptome persistieren, erfolgt die Überweisung in eine spezialisierte kardiologische Klinik. Dort werden Ruhe- und Belastungs-EKG durchgeführt – beide ohne eindeutige Ischämiezeichen.

Die Anamnese und Bildgebung bleiben jedoch inkonsistent: junges Alter, keine klassischen Risikofaktoren, aber segmentale Wandbewegungsstörungen.

Es wurde entschieden, eine Koronar-CT-Angiographie durchzuführen, um strukturelle Ursachen auszuschließen. Die Hauptfragestellungen lauten:

  • Liegt eine Koronarvaskulopathie vor (z.B. Aneurysma, Thrombose, Stenose)?
  • Könnte eine vaskulitische Grunderkrankung (z.B. Kawasaki-Syndrom) die Ursache sein?
  • Besteht eine Indikation zur invasiven Abklärung?

Weitere Ergebnisse

Die Koronar-CT zeigt:

  • Aneurysma der linken vorderen absteigenden Arterie (LAD) ≈ 10 mm mit Wandkalkifikation
  • Aneurysma des Ramus circumflexus (RCX) ≈ 7 mm
  • Chronische Okklusion der rechten Koronararterie (RCA)

Erst durch gezielte Nachanamnese kommt heraus, dass die Patientin als Kind eine fieberhafte Erkrankung mit unklarer Ursache hatte. Der Verdacht auf eine in der Kindheit übersehene Kawasaki-Krankheit wird erhoben.

Die invasive Koronarangiographie bestätigte multiple aneurysmatische Dilatationen und Gefäßverschlüsse.

Ergebnis

Endgültige Diagnose: Spätfolge einer Kawasaki-Vaskulitis im Kindesalter, manifest geworden im jungen Erwachsenenalter mit multiplen Koronaraneurysmen und Okklusion.

Therapie und Verlauf:

  • Thrombozytenaggregationshemmung (ASS 100 mg täglich)
  • Sekundärprophylaxe (Statin, Rauchstopp)
  • regelmäßige CT/MRT-Kontrolle
  • interdisziplinäre Langzeitnachsorge

Take-Home-Message

Bei jungen Patient:innen mit thorakalen Beschwerden ohne typische Risikofaktoren sollte – insbesondere bei auffälliger Koronarbildgebung – an vaskulitische Spätfolgen wie das Kawasaki-Syndrom gedacht werden. Eine frühzeitige Diagnosestellung kann das Risiko für Myokardinfarkt und plötzlichen Herztod erheblich senken.

Quellen

Der Fall stammt aus einer internationalen Quelle und wurde von uns gestrafft und an die deutschen Gegebenheiten angepasst. 

  1. Rudlowski M, et al.: Late coronary sequelae of presumed childhood Kawasaki disease in a young adult woman: a case report. European Heart Journal – Case Reports. 2023; 7(10): ytad486.doi: 10.1093/ehjcr/ytad486

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