Weitere Maßnahmen, weitere Fragestellungen
Etwa sechs Monate später sucht die Patientin erneut ärztliche Hilfe wegen wiederkehrender Brustschmerzen und Belastungsdyspnoe. Da die Symptome persistieren, erfolgt die Überweisung in eine spezialisierte kardiologische Klinik. Dort werden Ruhe- und Belastungs-EKG durchgeführt – beide ohne eindeutige Ischämiezeichen.
Die Anamnese und Bildgebung bleiben jedoch inkonsistent: junges Alter, keine klassischen Risikofaktoren, aber segmentale Wandbewegungsstörungen.
Es wurde entschieden, eine Koronar-CT-Angiographie durchzuführen, um strukturelle Ursachen auszuschließen. Die Hauptfragestellungen lauten:
- Liegt eine Koronarvaskulopathie vor (z.B. Aneurysma, Thrombose, Stenose)?
- Könnte eine vaskulitische Grunderkrankung (z.B. Kawasaki-Syndrom) die Ursache sein?
- Besteht eine Indikation zur invasiven Abklärung?
Weitere Ergebnisse
Die Koronar-CT zeigt:
- Aneurysma der linken vorderen absteigenden Arterie (LAD) ≈ 10 mm mit Wandkalkifikation
- Aneurysma des Ramus circumflexus (RCX) ≈ 7 mm
- Chronische Okklusion der rechten Koronararterie (RCA)
Erst durch gezielte Nachanamnese kommt heraus, dass die Patientin als Kind eine fieberhafte Erkrankung mit unklarer Ursache hatte. Der Verdacht auf eine in der Kindheit übersehene Kawasaki-Krankheit wird erhoben.
Die invasive Koronarangiographie bestätigte multiple aneurysmatische Dilatationen und Gefäßverschlüsse.
Ergebnis
Endgültige Diagnose: Spätfolge einer Kawasaki-Vaskulitis im Kindesalter, manifest geworden im jungen Erwachsenenalter mit multiplen Koronaraneurysmen und Okklusion.
Therapie und Verlauf:
- Thrombozytenaggregationshemmung (ASS 100 mg täglich)
- Sekundärprophylaxe (Statin, Rauchstopp)
- regelmäßige CT/MRT-Kontrolle
- interdisziplinäre Langzeitnachsorge
Take-Home-Message
Bei jungen Patient:innen mit thorakalen Beschwerden ohne typische Risikofaktoren sollte – insbesondere bei auffälliger Koronarbildgebung – an vaskulitische Spätfolgen wie das Kawasaki-Syndrom gedacht werden. Eine frühzeitige Diagnosestellung kann das Risiko für Myokardinfarkt und plötzlichen Herztod erheblich senken.