Wie wichtig ist nonverbale Kommunikation in der Arztpraxis? Logo of esanum https://www.esanum.de

Nonverbale Kommunikation: Reden ist Silber, Lächeln ist Gold

Mimik und Gestik untermalen in der Kommunikation das Nichtgesagte. Worauf müssen Ärzte im Patientengespräch achten?

Nonverbales Verhalten als unbewusste Ebene im Arzt-Patienten-Gespräch

Nonverbale Interaktionen im Arzt-Patienten-Gespräch können aussagekräftiger sein, als die meisten zunächst annehmen. Ein kleines Lächeln kann bereits einen großen Unterschied machen. Durch die Beobachtung des nonverbalen Verhaltens, wird es der behandelnden Ärztin oder dem Arzt ermöglicht, Einblicke in das nicht reflektierte Denken und nicht verbal thematisierte Erleben einer Patientin oder eines Patienten zu gewinnen, wodurch die Patientenversorgung ungemein profitiert. Genauso beeinflusst auch das mimische und gestische Verhalten sowie die Körpersprache der Ärztin oder des Arztes die Patientenzufriedenheit. 

Nonverbale Kommunikation findet typischerweise unbewusst statt und umfasst alle Reaktionen des Menschen, die nicht verbal kommuniziert werden. Dazu zählen, unter anderem, Mimik, Gestik und Körperhaltung. Nonverbales Verhalten kann in der Regel kognitive, emotionale und interaktive Prozesse reflektieren.

Wichtig zu erwähnen ist, dass die nonverbale Kommunikation im Arzt-Patient-Gespräch nicht durch angelernte Verhaltensmuster bedingt sein sollte - da eine bewusste Veränderung des eigenen nonverbalen Verhaltens nicht authentisch wirken und somit die Arzt-Patienten-Beziehung stören kann. Vielmehr gilt es, Selbst- und Fremdwahrnehmung des nonverbalen Verhaltens zu internalisieren und damit den Blick für implizierte, nicht-verbalisierte Aspekte im Patientengespräch zu schulen.

Was nonverbales Verhalten über Patienten aussagt

Nonverbale Kommunikation wird traditionell in mehrere Teilbereiche unterteilt. Zur Veranschaulichung wird im Folgenden nur auf die Teilbereiche Gestik, Mimik, Blickverhalten und Körperhaltung eingegangen. 

1. Gestik

Gestische Handbewegungen werden begleitend zu imaginativen Denkprozessen durchgeführt und untermalen verbale Äußerungen im Arzt-Patienten-Gespräch. Gesten sind sprachunabhängig und liefern dadurch der Ärztin oder dem Arzt ergänzende Informationen zu den verbalen Aussagen der Patientinnen und Patienten. Im Patientengespräch geben Quantität, Geschwindigkeit und Dauer der gestischen Handbewegungen Einblicke in das psychische Befinden des Patienten. Bei einer klinischen Depression nimmt die Häufigkeit von Gesten beispielsweise ab.

Viele Formen des Handbewegungsverhalten sind körperfokussiert und finden in einer Gesprächssituation am eigenen Körper statt. Das Umklammern des eigenen Handgelenks oder das Kratzen des Handrückens sind typische gestische Verhaltensweisen und treten üblicherweise bei persönlichen und als belastend empfundenen Themen auf. Diese werden oft bei Personen mit sozialen Phobien beobachtet und sind in der Regel ein Zeichen von Stress oder einer Angststörung. Im Arzt-Patienten-Gespräch liefern diese körperfokussierten Handbewegungen wichtige Hinweise darauf, ob der Patient gestresst, ängstlich oder depressiv gestimmt sein könnte. 

Auch das gestische Verhalten der Ärztin und des Arztes ist relevant für die Arzt-Patienten-Interaktion. Die sprachliche und bildhafte Vermittlung von Informationen hilft den Patienten, wichtige Botschaft besser zu verstehen, wenn diese sowohl verbal als auch gestisch kommuniziert werden. Denn Gesten leiten das Blickverhalten des Gesprächspartners, fördern dessen Engagement in der Interaktion und vermitteln den Eindruck eines verbesserten ärztlichen Engagements - was wiederum mit höherer Patientenzufriedenheit verbunden ist.

2. Mimik 

Im Rahmen des Arzt-Patienten-Verhältnisses konzentrieren sich mimische Interaktionen häufig auf ein freundliches, höfliches oder bescheidenes Lächeln sowie Stirnrunzeln. Menschen mit sozialen Ängsten lächeln und runzeln die Stirn gleichermaßen oft, reagieren aber häufiger mit einem höflichen Lächeln als Menschen ohne soziale Ängste. Patienten, die Schwierigkeiten haben, ihr emotionales Erleben zu verbalisieren, zeigen ein geringes mimisches Verhalten.

Bei der mikroanalytischen Untersuchung von Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen wie Asthma, Colitis ulcerosa und somatoforme Störungen, wurde eine Reduktion des mimischen Verhaltens nachgewiesen. Auch Patienten mit einer klinischen Depression weisen eine verminderte und verlangsamte Mimik auf. 

Bei geriatrischen Patientinnen und Patienten wird ein positives mimisches Verhalten, eine freundliche Ausstrahlung und häufiges Lächeln mit einer höheren Zufriedenheit und verbesserten Therapieerfolgen assoziiert. 

3. Blickverhalten

Blickbewegungen sind mit Aufmerksamkeitsprozessen assoziiert. Eine Änderung der Blickrichtung ändert auch den Aufmerksamkeitsfokus. Im Arzt-Patienten-Gespräch kann ein Blick einer Aufforderung zum Antworten, aber auch der Beobachtung dienen, um zu überprüfen, ob der Gesprächspartner aktiv zuhört und wie dieser auf Botschaften reagiert

Das Blickverhalten kann darüber hinaus den psychischen Zustand des Patienten reflektieren. Bei einer klinischen Depression, beispielsweise, ist der Blickkontakt zum Arzt stark vermindert.  

Ein vermehrter Blickkontakt des Arztes dagegen resultiert für gewöhnlich in einer höheren Patientenzufriedenheit. In der hausärztlichen Praxis beeinflusst ein häufiger Blickkontakt von Arzt zu Patient das Ausmaß, wie Patienten psychosoziale Probleme ansprechen und wie Ärzte fachlich auf diese eingehen. Ärzte mit hoher Blickausrichtung auf den Patienten sind in der Regel besser über die psychosozialen Aspekte informiert und erfassen die psychischen Probleme der Patienten besser.

4. Körperhaltung

Bei Körperhaltung und Posen handelt es sich um Ausdrucksverhalten, die den gesamten Körper einbeziehen und mentale Zustände reflektieren können. Psychische und körperliche Befindlichkeiten, wie Müdigkeit, Erschöpfung und depressive Verstimmungen, können hierbei die Körperhaltung und damit die Körpersprache beeinflussen.

Ärzte mit einer offenen Körperstellung werden von Patienten positiver beurteilt. Geschlossene Sitzstellungen werden dagegen sowohl beim Ausführenden als beim Gesprächspartner mit einer defensiven Haltung - und damit mit negativen Emotionen und Äußerungen - verbunden. Eine abgewandte Körperhaltung des Arztes wird von Patienten als dominant, selbstbezogen und widersprüchlich wahrgenommen.
 

Quellen