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Checkpoint-Inhibition: Gewusst wie

Checkpoint-Inhibitoren sind längst auch fester Bestandteil der Therapieoptionen bei einigen urologischen Tumorentitäten. Allerdings, so zeigen neuere Studien, gibt es offensichtlich starken Nachholbedarf bei der Überwachung der Nebenwirkungen außerhalb von Studien. Darüber hinaus scheinen Antibiotika die Erfolgsaussichten der Behandlung dramatisch zu verringern.

Checkpoint-Inhibitoren sind längst auch fester Bestandteil der Therapieoptionen bei einigen urologischen Tumorentitäten. Allerdings, so zeigen neuere Studien, gibt es offensichtlich starken Nachholbedarf bei der Überwachung der Nebenwirkungen außerhalb von Studien. Darüber hinaus scheinen Antibiotika die Erfolgsaussichten der Behandlung dramatisch zu verringern.

Vor wenigen Jahren hielt mit Nivolumab der erste Checkpointinhibitor beim Nierenzellkarzinom Einzug in die urologische Praxiswelt. Die Euphorie ist und war ungebremst hoch und mittlerweile gibt es vergleichbare Ansätze auch beim Blasenkrebs. Doch die Zulassungsstudien zeigten ebenso, dass sich ÄrztInnen und PatintInnen gleichermaßen auf neue, von den klassischen chemotherapeutischen Behandlungen abweichende Nebenwirkungen einstellen müssten. Was im Studiensetting noch gut funktionierte, scheint in der alltäglichen Praxis aber deutliches Potenzial zur Nachbesserung zu haben.

So werden offenbar immuntherapeutische Nebenwirkungen nicht sicher und frühzeitig genug erkannt. Für die PatientInnen bedeutet das ein zusätzliches Risiko. Als Hauptursache für das Problem führen ExpertInnen an, dass es noch immer an prospektiven Registerstudien fehle, die die Praxis abbilden helfen. Auch ist in vielen Fällen kein klares Grading für Nebenwirkungen vorhanden.1

Balanceakt zwischen Tumorsterben und Autoimmunität

Zwar besitzen die Immuntherapeutika eine teilweise recht hohe Effektivität in der Tumortherapie, doch kann es aufgrund des Wirkmechanismus der Medikamente ebenso zu schweren unerwünschten Immunreaktionen kommen. Je nach Anwendungsbereich beschreiben Studien eine Rate für unerwünschte Effekte größer Grad 3 zwischen 21% bis 28%. Werden zwei Checkpoint-Inhibitoren in Kombination verabreicht, steigt dieser Wert sogar auf über 60% an.1

Amerikanische ForscherInnen haben nun in einer kleinen (52 KrebspatientInnen), aber qualitativ feinen Studie2 untersucht, inwieweit zwei ÄrztInnen eines Krebs-Exzellenzzentrums in ihren Diagnosen solcher Nebenwirkungen übereinstimmen. Können Anwender der Medikamente die Nebenwirkungen sicher diagnostizieren?

Die TeilnehmerInnen der Studie waren durchschnittlich 69 Jahre alt und sie erhielten entweder eine Monotherapie mit einem Checkpoint-Inhibitor (CI) oder aber eine Kombinationstherapie zweier CI. Beide StudienärztInnen bestimmten die Raten der auftretenden immunologischen Nebenwirkungen in allen Schweregraden. Die Übereinstimmung lag jedoch nur bei der Schilddrüsenunterfunktion bei etwa 80%. Für die übrigen Diagnosen stimmten die ÄrztInnen lediglich zu 31% bis 75% überein. Am stärksten wichen die beiden Einschätzungen bei denjenigen PatientInnen voneinander ab, die entweder länger als 50 Tage therapiert worden waren oder die mehr als neun Komorbiditäten aufwiesen.2

Diese kleine Studie zeigte vor allem, dass es im Praxisalltag oft schwierig ist, die immuntherapeutischen Nebenwirkungen sicher und frühzeitig zu erkennen. Dazu scheinen überwiegend eine längere Therapiedauer sowie eine komplexe Komorbiditätssituation beizutragen.2

Vorsicht bei Antibiose vor Checkpoint-Inhibition

Doch auch von ungeahnter Seite droht Ungemach. Besonders schwierig ist es im Alltag, nicht-onkologische Therapien im Blick zu behalten, die potenziell eine Immuntherapie beeinflussen könnten. Die Studienlage hierzu ist noch sehr dünn. Doch im Falle einer Antibiose gibt es ein paar aktuelle Daten aus dem Vereinigten Königreich.3

Insbesondere Breitbandantibiotika bringen demnach die Darmflora derart durcheinander, dass dies eine Checkpoint-Inhibition negativ beeinflusst. Dieser Effekt ist auch keinesfalls marginal und vernachlässigbar, wie die Studiendaten zeigten. Es steht nämlich nichts geringeres auf dem Spiel als das Gesamtüberleben Ihrer PatientInnen.

In die Studie3 eingeschlossen waren 196 TumorpatientInnen (NSCLC, Melanom) mit bereits metastasierter Erkrankung und Checkpoint-Inhibition (CI). 29 dieser PatientInnen bekamen zudem bis zu 30 Tage vor der Immuntherapie eine Antibiotikabehandlung (Betalactam) aufgrund respiratorischer Infektionen. Hier stellt sich dem aufmerksamen Leser bereits die Frage, ob das überhaupt notwendig war, es sich also um eine bakterielle Erkrankung handelte. Die Mehrzahl der respiratorischen Infektionen geht bekanntlich auf Viren zurück, bei denen eine Antibiose unwirksam ist. Gerade vor dem Hintergrund einer möglichen Verschlechterung des Ansprechens auf CI nach Antibiose, sollte die Therapieindikation doch diagnostisch gesichert sein.

Im Ergebnis der Studie zeigte sich ein Effekt auf das Gesamtüberleben bei antibiotisch vortherapierten PatientInnen: Die Betroffenen (mit NSCLC) überlebten mit CI im Mittel lediglich für zwei weitere Monate, während das Gesamtüberleben der PatientInnen (mit NSCLC) ohne Antibiotikabehandlung durch die Immuntherapie bis zu 26 Monate verlängert wurde. Insgesamt stieg das Sterberisiko nach Antibiose um das 7,4-Fache an.3

Fazit

Die Checkpoint-Inhibition (CI) hat zweifelsfrei auch die Therapie bestimmter Tumorentitäten in der Urologie revolutioniert. Jedoch scheint es außerhalb von Studien deutlich schwieriger, die damit im Zusammenhang stehenden Nebenwirkungen sicher und früh zu erkennen. Darüber hinaus sollten ÄrztInnen auch Begleitmedikationen im Blick behalten, da es hier z. B. im Falle einer Breitband-Antibiose zu deutlich schlechterem Ansprechen und zu einem Lebenszeitverlust bei den TumorpatientInnen kommt. Zukünftige Studien müssten die Anwendung der CI im Praxisalltag stärker abbilden, so die Experten einstimmig.

Referenzen:
1 Heinzerling L et al., Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 119–26; doi:10.3238/arztebl.2019.0119
2 Hsiehchen D et al., JAMA Network Open 2019; 2: e1911519; doi:10.1001/jamanetworkopen.2019.11519
3 Pinato DJ et a
l., JAMA Oncol 2019; doi:10.1001/jamaoncol.2019.2785