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S3-Leitlinie Lungenkarzinom: stets up to date mit Living Guideline

Laufend neue Zulassungen, zunehmende Bedeutung von Biomarkern, Verschwimmen der klaren Grenzen zwischen Chirurgie und Radioonkologie: Klassische Leitlinien können mit der rasanten Entwicklung im Bereich der thorakalen Onkologie nicht mehr Schritt halten.

Überblick über die medikamentöse Therapie beim Lungenkarzinom:

Bedeutung von Biomarkern für die Systemtherapie

Zentral für die Entscheidung über eine Systemtherapie ist die Bestimmung von Biomarkern, die ab dem Stadium IIA obligat ist. Hintergrund sind passgenaue Therapien mit Checkpoint-Inhibitoren bzw. zielgerichteten Substanzen, die auf PD-L1, EGFR, BRAF, KRAS etc. fokussieren. Da in absehbarer Zeit weitere Zulassungen für adjuvante zielgerichtete Therapien zu erwarten sind, werden frühe Testungen der Biomarker wohl noch relevanter werden.

Doch nun zum aktuellen Stand:

Adjuvante und neoadjuvante Therapie ab Stadium II

Für die adjuvante Therapie ab Stadium II sind derzeit zwei PD-(L)1-Inhibitoren zugelassen. Während Atezolizumab nur für sogenannte Überexpresser mit mindestens 50 % PD-L1-Expression zugelassen ist, kann Pembrolizumab unabhängig vom PD-L1-Status eingesetzt werden. Wichtig ist in jedem Fall die Bestimmung von EGFR und ALK. Nur, wenn beide negativ sind, darf eine Antikörpertherapie initiiert werden.

Liegt hingegen eine EGFR-Mutation vor, erfolgt ab Stadium II eine zielgerichtete adjuvante Therapie mit Osimertinib, einem selektiven Inhibitor des EGF-Rezeptors. Damit können ereignisfreies und Gesamtüberleben deutlich verbessert sowie die Rezidivraten reduziert werden.

In der Neoadjuvanz ist der Checkpoint-Inhibitor Nivolumab + Chemotherapie ab Stadium II bei positiver PD-L1-Expression zugelassen. Obwohl hier formal keine EGFR-/ALK-Testung gefordert ist, sollte sie dennoch erfolgen. Denn mittlerweile belegt eine breite Datenbasis, dass Checkpoint-Inhibitoren bei diesen klassischen Treibermutationen unwirksam sind und unnötige Nebenwirkungen hervorrufen.

Medikamentöse Therapieoptionen in fortgeschritten Stadien 

Im nichtresektablen Stadium III ist die Radiochemotherapie Mittel der Wahl, bei positivem PD-L1-Status gefolgt von einer Konsolidierungstherapie mit Durvalumab für ein Jahr. Im palliativen Stadium III ist hingegen eine Immunchemotherapie mit Cemiplimab angezeigt, die unabhängig von PD-L1 erfolgen kann.

Im Stadium IV schließlich steht eine Reihe zielgerichteter Therapien für die Erst- und Zweitlinie zur Verfügung. Entscheidend ist daher eine Testung mittels Next Generation Sequencing (NGS), um potenzielle Mutationen bzw. Fusionen zu bestimmen. Aufgrund der hohen Rate intrakranieller Progresse sollten bei der Auswahl der Therapie ZNS-gängige Substanzen bevorzugt werden. Bleibt die NGS-Testung negativ, kommt bei PD-L1-Überexpressern eine Monotherapie mit einem Immun-Checkpoint-Inhibitor in Frage. Ansonsten können verschiedene Chemoimmunkombinationen verabreicht werden.

Bei der Fülle an komplexen Therapieschemata, die sich laufend weiterentwickeln, wird die Notwendigkeit einer Living Guideline evident. Nur regelmäßige Aktualisierungen können bei diesem Fortschritt mithalten und den behandelnden Ärzten stets aktuelle Empfehlungen an die Hand geben.

Quellen:
  1. Frost, Nikolaj (Berlin): Medikamentöse Therapie des Lungenkarzinoms. Session Die aktuelle S3-Leitlinie Lungenkarzinom ‒ eine Living Guideline, Deutscher Krebskongress 2024, Berlin, 21.-24.02.2024. 
  2. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms, Langversion 3.0, 2024, AWMF-Registernummer: 020-007OL https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/lungenkarzinom/; Zugriff am 12.11.2024.