Stressbedingte Krebssterblichkeit im Fokus Logo of esanum https://www.esanum.de

Stress erhöht Krebsmortalität auch in jungen Jahren

Mehrere Studien deuteten bereits zuvor darauf hin: Chronischer Stress erhöht möglicherweise das Krebsmortalitätsrisiko. In einer aktuellen Studie wurde dieser Zusammenhang nun genauer beleuchtet.

Hoher Stress-Level bedingt höhere Krebssterblichkeit

Die Forschenden führten eine retrospektive Analyse unter Verwendung des National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) der Jahre 1988 bis 2010 durch. Die Daten waren zudem mit dem National Death Index bis zum 31. Dezember 2019 verknüpft. Damit wurde das Risiko für den Krebstod zwischen hohem und niedrigem AL-Status geschätzt. Die Forschenden passten die Modelle zusätzlich für Alter, soziodemografische Faktoren sowie Komorbiditäten an.

Im Ergebnis zeigte sich, dass ein hoher AL-Status über alle Teilnehmenden mit einem um 14% höheren Krebstodrisiko verbunden war (SHR: 1,14; 95%-KI: 1,04–1,26), d. h., je mehr Stress ein Mensch akkumulierte, desto höher war das Risiko, an einer Tumorerkrankung zu versterben.

Die Studie beleuchtete zusätzlich die Risiken einzelner Ethnien der US-amerikanischen Bevölkerung. So war beispielsweise das Risiko für krebsbedingten Tod bei nicht-hispanisch Weißen (NH-White) um 18% erhöht (SHR:1,18; 95%-KI: 1,03–1,34).

Darüber hinaus schien sich das Krebstodrisiko durch Stress auch in Abhängigkeit vom Alter zu unterscheiden. Bei allen Teilnehmenden in einem Alter von < 40 Jahren war ungeachtet der Ethnie eine hohe Stressbelastung (AL) mit einem rund 2-fach höheren Krebstodrisiko assoziiert (SHR: 1,80; 95%-KI: 1,35–2,41).  

Aufgeteilt auf die jeweiligen Ethnien ergab sich das folgende Bild:

In den anderen Altersgruppen (40–59, > 60 Jahre) schwächte sich der Zusammenhang zwischen Stresslast (AL) und Krebstodrisiko immer weiter ab. In der Gruppe der 40–59-Jährigen betrug das Risiko z. B. bei den NH-White-Erwachsenen am Ende nur noch 38% (NH-White SHR: 1,38; 95%-KI: 1,11–1,73).

Welche Relevanz haben diese Daten für die Praxis?

Die Studie zeigte, dass das Krebstodrisiko bei Erwachsenen insgesamt mit einem hohen Stresslevel (AL) assoziiert war. Allerdings schien es hier auch einen Zusammenhang mit der ethnischen Herkunft der Patienten zu geben.

Im Ergebnis ist eine hohe Stressbelastung jedoch mit einem erhöhten Gesamtkrebsrisiko für alle Menschen verbunden. Allerdings sind die kausalen Mechanismen zwischen kumulativem Stress und Krebs noch immer zu wenig erforscht.

Desweiteren schlagen die Forschenden vor, neue Ansätze zur Minderung der Krebsmorbidität und -mortalität in Betracht zu ziehen, die auf mehreren Ebenen (d. h. gemeinschaftlich, individuell, molekularbiologisch, …) ansetzen, um chronischen Stress und chronische Entzündungen zu verringern. Dabei spielen auch Maßnahmen zur Entstigmatisierung der psychischen Gesundheit eine große Rolle. Gesundheitsangebote müssten zudem kulturell sensibler und kompetenter werden, und das von der Prävention bis zur Krebstherapie, so die Studienautoren abschließend.

Quelle:

Moore JX et al., Exploring racial disparities on the association between allostatic load and cancer mortality: A retrospective cohort analysis of NHANES, 1988 through 2019. SSM - Population Health 2022; 19: 101185