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Fortschritte in der Brustkrebstherapie - weniger Strahlung, weniger OPs

Es ging in mehreren Sitzungen um CDK4/6-Hemmer, die die Zellteilung der Tumorzellen stoppen sollen. Zweites Thema waren Spätwirkungen der Brustkrebstherapie sowie der Umgang mit der neoadjuvanten Therapie. Der Trend geht dahin, Folgetherapien deutlich weniger radikal zu gestalten.

In der zweiten Linie unbedingt in Anspruch nehmen

Thema Nummer 1: Neue Therapien mit CDK4/6 - Etwas für jede?

Dazu sprach Prof. Dr. Nadia Harbeck, Klinikum der Universität München. CDK4/6 sind sehr spannende Substanzen, erklärte sie. Das sind kleine Moleküle, die auf die Zellteilung Einfluss nehmen und die Zellteilung in den Tumorzellen stoppen. Infrage kommen sie für die hormonempfindliche HER2-negative Patientin, im klinischen Alltag nur in der metastasierten Situation. Es gibt drei Substanzen: Ibrance, Kisqali und Abemaciclib. Noch nie gab es ein Medikament gegen Brustkrebs, das von drei Herstellern ein ähnliches Wirkprinzip und die gleichen Wirksamkeitsdaten hat. Die Substanzen verdoppeln die Zeit, bis die Erkrankung fortschreitet, sind also extrem wirksam. Daher werden sie in den Leitlinien empfohlen. Damit gibt es nun eine tolle Therapieoption für Patientinnen mit einer metastasierten Erkrankung, schätzt Prof. Harbeck ein. Es laufen jetzt auch Studien zur Erstdiagnose mit erhöhtem Rückfallrisiko. An bestimmten Zentren wird das schon angeboten.

Zu den Nebenwirkungen: Es kommt zu Blutbildveränderungen, die weißen Blutkörperchen gehen schlagartig zurück. Aber wenn das Medikament ausgesetzt wird oder die Dosis anpasst, dann erholt sich der Spiegel wieder. Bei Dosisreduktion wegen Unverträglichkeit sinkt die Wirksamkeit nicht. Auch die anderen Nebenwirkungen wie Durchfälle und Müdigkeit sind gut in den Griff zu bekommen.

Wenn das Medikament gleich am Anfang der metastasierten Situation gegeben wird, ist die Lebensqualität sehr gut. Auch in der fortgeschrittenen Erkrankung mit mehr Metastasen, mit Beschwerden wie Knochenschmerzen, zeigt sich in allen Studien, dass die Lebensqualität unter der wirksamen Therapie besser wird. Alles spricht dafür, die neuen Medikamente anzubieten, betont Prof. Harbeck. Vielleicht nicht immer in der Erstlinie, denn manche Patientinnen scheuen die regelmäßige Blutbildkontrolle, das heißt am Anfang zweiwöchentlich und dann einmal im Monat. Aber spätestens in der zweiten Linie sollte man die Medikamente in Anspruch nehmen.

Notfalls die Therapie verkürzen

Thema Nummer 2: Geheilt, aber nicht gesund - Spätwirkungen nach der Therapie

Zu einigen Aspekten der Langzeitfolgen der Brustkrebs-Therapie sprach Prof. Dr. Volkmar Müller, UKE Hamburg. Ein Schwerpunkt war die Polyneuropathie. Der Einsatz von Aromatasehemmern hat die Heilungsraten bei Brustkrebs erhöht. Aber es zeigte sich, dass viele Patientinnen damit Probleme bekamen. Die Hälfte von ihnen hat die Therapie nicht wie vorgesehen fünf Jahre durchgehalten.

Die relevanteste Nebenwirkung von Chemotherapie ist die Polyneuropathie. Durch eine zusätzliche Medikamentengruppe, die Taxane, erhöhten sich die Heilungsraten weiter. Auch die Behandlung von Metastasen wurde verbessert. Die Begeisterung war groß, erinnert sich Prof. Müller. Doch es hat Jahre gedauert, zu ermessen, was es bedeutet, wenn sich als Nebenwirkung eine Polyneuropathie entwickelt. Und niemand kann vorhersagen, wer eine schwere Polyneuropathie bekommt, auch nicht, bei wem die bleibt. Vorbeugung – derzeit ebenso Fehlanzeige. Was ist zu tun? Prof. Müller appelliert, die Patientinnen zu ermutigen, frühzeitig zu sagen, wenn sie Probleme bekommen - und dann notfalls eine Therapie früher zu beenden. Er glaube nicht, dass mehr Frauen an ihrem Brustkrebs versterben, wenn man eine Therapie drei-, viermal weniger gibt.

Eine erstaunliche Studie aus Japan mit einer Substanz für die adjuvante frühe Therapie der Ersterkrankung zeigt, dass ein enger Handschuh, der während der Therapie getragen wird, zu weniger Beschwerden führt. Das wurde mit einem Plus in die Empfehlungen aufgenommen. Aber es bedarf weiterer Studien dazu. Ein zweiter Ansatz ist Kühlung. Eine kleine Studie zeigt, dass mit Kühlung während der Therapie die Polyneuropathie verbessert werden kann.

Fatigue als Nebenwirkung oder als Folge der Therapie sei auch ein Ergebnis von Stress durch die Erkrankung, des Traumas, der Bedrohung und Angst im Leben. Deshalb gibt Prof. Müller den, wie er sagt, Superratschlag weiter: Bewegung und Sport. In Studien ist das gut belegt, dass Sport viel besser als alle Medikamente hilft. Doch passende Sportprogramme anzubieten, das darf nicht allein der Reha vorbehalten sein. Sport senkt auch das Rückfallrisiko. Hier muss die Betreuung und Beratung noch viel besser werden.

Eine unglaubliche Errungenschaft

Thema Nummer 3: Weitere Therapien bei Komplettremission und nicht vollständiger Komplettrevision nach neoadjuvanter Therapie

Was ist zu tun bei Komplettremission? Weniger, mehr oder gar nichts? Dazu sprach Prof. Dr. Michael Untch, Helios Kliniken Berlin. Bis Anfang der 1990er Jahre war es üblich, die Brustkrebspatientin erst einmal zu operieren. Und danach gab es Chemotherapie, Bestrahlung und eventuell noch Antihormone. Aber da Brustkrebs keine lokale Erkrankung ist, sondern eine systemische, die den ganzen Körper betrifft, kam der Gedanke auf, in einer Systemtherapie erst einmal die Tumorzellen abzutöten. Das war am Anfang schwierig durchzusetzen.

Dann haben aber Studien gezeigt, dass die neoadjuvante Therapie ein wichtiger Faktor für die Dauerheilung ist. Bestimmte Untergruppen können inzwischen nach 4 bis 5 Monaten zu 50 bis 60 Prozent eine Komplettremission erleben. Das sind jene mit einem hochaggressiven Karzinom, mit HER2-positivem Karzinom, mit triple-negativem Karzinom. Häufig sind das junge Frauen. So gut wie alle sind dann geheilt - und zwar dauerhaft.

Beim ASCO 2018 wurde gezeigt, dass bei 50 Prozent der Patientinnen mit einer BRCA-Mutation mit einer alleinigen Tablettentherapie über 4 mal 28 Tage der Tumor aus der Brust und aus den Lymphkoten komplett eliminiert wurde. Prof. Untch nennt das "eine unglaubliche Errungenschaft". Der nächste Schritt sei nun: Warum dann noch operieren? Und warum bestrahlen? Im Rahmen von Studien an 500 bis 1.000 Patientinnen wurde in einzelnen Zentren mit Ultraschall, Mammografie und MRT und zusätzlich mit Stanzbiopsien nachgewiesen, dass im Tumorbett keine einzige Tumorzelle mehr zu finden war. Entscheidend ist nun, dass die falschnegative Rate nicht zu hoch ist. Das bedeutet, die Stanze sagt zwar: kein Tumor mehr da, aber die OP zeigt: es sind doch Tumorzellen zu finden. Die ersten Studien dazu, die auf dem ASCO vorgestellt wurden, sind sehr vielversprechend. Noch sei das nicht Routine, aber in die Richtung geht es, ist Prof. Untch überzeugt.

Das Gleiche gelte für die Strahlentherapie. Ein Beispiel: Die Patientin hat einen oder zwei befallene Lymphknoten, einen Tumor von vier oder fünf cm Größe, ist HER2-positiv, bekommt eine doppelte Antikörperblockade, eine Chemotherapie, am Ende eine brusterhaltene OP, die befallenen Lymphknoten werden entfernt - und dann ist der Tumor weg. Die Frage sei: Muss man dann noch fünf Wochen die Brust und zwei Wochen die Lymphabflusswege bestrahlen? Kann das reduziert werden? Es gibt eine amerikanische Studie dazu, die noch läuft. Aber Prof. Untch meint, bald werden die Frauen, die eine Komplettremission erreichen, keine weitere aggressive Therapie mehr bekommen. Noch ist es nicht so weit. Aber es ist viel erreicht. 70 Prozent von den neoadjuvant Behandelten können brusterhaltend operiert werden, in vielen Fällen wird bereits auf die Axilla-OP verzichtet.

Der nächste Schritt ist Rücknahme der Radikalität der Operationen und der Bestrahlung. Doch ein berufspolitischer Punkt ist offen: Wenn mit der nächsten Studie nachgewiesen wird, dass die Radikalität der Maßnahmen zurückgefahren werden kann, wird der Aufwand nicht weniger, sondern mehr. So hat der Pathologe nach neoadjuvanter Therapie viel mehr Arbeit. Der MDK sagt aber bereits jetzt in einigen Fällen: Das hätte auch ambulant operiert werden können und streicht der Klinik die Hälfte des Geldes. Genau das darf nicht passieren, sagt Prof. Untch. Es geht bei allem um die Lebensqualität der Patientin, das erfordert einen Riesenaufwand. Da darf kein Geld gestrichen werden.

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