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Seltener Resistenzmechanismus in der CAR-T-Zelltherapie

Aufgeklärter Fall wirft neue Fragen auf: Fälschlicherweise gelangten die für T-Lymphozyten bestimmten therapeutischen Gene zur Herstellung von CAR-T-Zellen in eine leukämische B-Zelllinie – es kam zum Rezidiv und der Patient verstarb.

Aufgeklärter Fall wirft neue Fragen auf

Fälschlicherweise gelangten die für T-Lymphozyten bestimmten therapeutischen Gene zur Herstellung von CAR-T-Zellen in eine leukämische B-Zelllinie – es kam zum Rezidiv und der Patient verstarb.

Die CAR-T-Zelltherapie hat die Behandlung bei ausgewählten Leukämien in Studien deutlich verbessert, sodass mittlerweile auch erste Zulassungen von Produkten in Europa erfolgt sind. Neben der hohen Effektivität der Behandlung scheint diese auch besser verträglich als die Stammzelltransplantation. Dennoch wurden für die CAR-T-Zelltherapie ebenso Resistenzen beschrieben, wobei der folgende Fall eine ganz neue und seltene Form der Resistenzbildung darstellt.

Ein 20-jähriger Patient mit akuter lymphatischer Leukämie vom B-Zell-Typ (B-Zell-ALL) wurde fortlaufend sowohl phänotypisch als auch genotypisch charakterisiert. Die Probenentnahme erfolgte vor der  gentechnischen Modifikation der CAR-T-Zellen sowie nach der Modifikation und Infusion der CAR-T-Zellen nach 3, 6, 9, 12 bzw. 20 Monaten.

Gutes Ansprechen und Remission innerhalb von 30 Tagen

Der junge Patient kam zur CAR-T-Zelltherapie, nachdem er bereits das dritte Rezidiv unter konservativer Therapie erlitten hatte. Die ihm verabreichten modifizierten CAR-T-Zellen waren für die ersten 30 Tage nach Infusion im Blut messbar. Initial sprach der Patient sehr gut und innerhalb von 28 Tagen auf die Behandlung an – am Tag 28 erreichte er eine komplette Remission.

Etwa 252 Tage nach Beginn der Infusionen fiel in einer Routineuntersuchung mittels qPCR auf, dass eines der CAR-T-Markergene stark vermehrt war, was jedoch nicht mit der Anzahl der applizierten Zellen im Blut korrelierte.

Der Patient sprach hiernach nicht länger auf die Therapie an, erlitt ein B-Zell-ALL-Rezidiv und verstarb schließlich an diesem. Was war passiert?

Fehler beim Herstellungsprozess löste Resistenz aus

Dass der Patient so kontinuierlich phänotypisch und genotypisch überwacht wurde, stellte sich im Nachhinein als für die Klärung dieses tragischen Falles nützlicher Umstand heraus. Die Gewinnung und gentechnische Modifikation von T-Zellen im Rahmen der CAR-T-Zelltherapie ist nämlich keinesfalls trivial.

Im Umgang mit den Zellpräparationen war es versehentlich zu einer Genübertragung auf eine leukämische Blastenzelle gekommen, welche sich daraufhin im Körper des Patienten sukzessive vermehrte. Da diese veränderte, sogenannte CAR-B-Zelle ihrerseits nun selbst den extrazellulären Anteil des CAR exprimierte, war die CAR-B-Zelllinie in der Lage, ihr oberflächlich präsentiertes CD-19 selbst zu binden und so räumlich zu blockieren. Die CD-19-sensitiven CAR-T-Zellen fanden keine geeignete Bindungsstelle mehr, weshalb sie ineffektiv wurden in der Zerstörung dieses besonderen B-Zell-Klons.

Was bedeutet dieser Fall für die CAR-T-Zelltherapie in der Praxis?

Chimäre Antigenrezeptorgene, wie sie für die CAR-T-Zelltherapie benötigt werden, können bei Herstellungsfehlern in die falschen Zellen gelangen. In der Folge kann es beim Patienten zur Resistenzbildung und unter Umständen zur Auslösung eines Rezidivs kommen. Der hier vorgestellte Fall beschreibt einen von vierhundert derzeit weltweit mit CAR-T-Zellen therapierten Patienten; eine Resistenzentwicklung aufgrund einer unerwünschten Genübertragung während der Herstellung der CAR-T-Zellen scheint demnach ein sehr seltenes Ereignis zu sein.

Dennoch zeigt dieser Fall, dass diese neuartige Therapieform einer hoch spezialisierten Begleitung bedarf. Diese ist zwingend bereits vor der eigentlichen Infusion der CAR-T-Zellen zurück in den Patienten notwendig. Es ist darüber hinaus sinnvoll, CAR-T-Zellen vor der Infusion in den Patienten durch geeignete Verfahren auf möglicherweise kontaminierende Tumorzellen zu screenen und diese in einem weiteren Schritt auch gezielt zu entfernen.

Zum Schluss merken die Autoren der Kasuistik weiter an, dass dieser Fall eines jungen Patienten  zudem grundlegende wissenschaftliche Fragen rund um die CAR-T-Zelltherapie aufwirft, deren Beantwortung zukünftig die Herstellung und Anwendung von CAR-T-Zellen verbessern könnte.

Quelle:
Ruella M et al., Induction of resistance to chimeric antigen receptor T cell therapy by transduction of a single leukemic B cell. Nature Medicine 2018: https://doi.org/10.1038/s41591-018-0201-9