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Infektionen und Krebs: Eine weltweite Bestandsaufnahme

Infektiöse Pathogene stellen einen sehr weit verbreiteten, modifizierbaren Risikofaktor in der Onkologie dar. Über die tatsächliche weltweite Verbreitung infektiös bedingter Krebsfälle gab es indes bis dato keine verlässlichen Erhebungen.

Modifizierbarer Risikofaktor für Millionen Tumorfälle

Infektiöse Pathogene stellen einen sehr weit verbreiteten, modifizierbaren Risikofaktor in der Onkologie dar. Über die tatsächliche weltweite Verbreitung infektiös bedingter Krebsfälle gab es indes bis dato keine verlässlichen Erhebungen. Diese sind jedoch wichtig für die zukünftige Präventionsplanung.

ForscherInnen aus Frankreich nutzten die GLOBOCAN 2018 Datenbank für eine weltweite Bestandsaufnahme zu infektionsbedingten Tumorerkrankungen. Als Grundlage der Erhebungen dienten die in der Datenbank erfassten anatomischen Tumorlokalisationen und histologischen Subtypen, die mit zehn häufigen humanpathogenen und kanzerogenen Erregern assoziiert sind. Mithilfe dieser Angaben berechneten die WissenschaftlerInnen die absoluten Fallzahlen sowie die altersstandardisierten Inzidenzraten für infektionsbedingte Krebsfälle weltweit.

Mehr als zwei Millionen Fälle

Für das Jahr 2018 fanden sich insgesamt etwa 2,2 Millionen infektionsbedingte Krebserkrankungen weltweit. Die dabei am häufigsten diagnostizierten Erreger waren Helicobacter pylori (810.000 Fälle), Humane Papillomviren (HPV; 690.000 Fälle), sowie Hepatitis-B- (360.000 Fälle) und Hepatitis-C-Viren (160.000 Fälle).

Die altersstandardisierten Inzidenzraten waren am höchsten in Ostasien (37,9 Fälle pro 100.000 Personenjahre) und in Subsahara-Afrika (33,1 Fälle pro 100.000 Personenjahre). In Nordeuropa und Westasien hingegen fanden sich die geringsten Inzidenzen für erregerassoziierte Tumoren (13,6 bzw. 13,8 Fälle pro 100.000 Personenjahre).

China lag sowohl bei den Krebsfällen aufgrund einer H. pylori-Infektion als auch bei der Hepatitis B weit vorn – insgesamt betrafen circa ein Drittel aller weltweiten Fälle ChinesInnen. HPV-induzierte Krebsfälle zeigten zudem einen signifikanten Zusammenhang mit dem Einkommensniveau der betreffenden Länder – je höher das Pro-Kopf-Einkommen, desto geringer war die altersstandardisierte Inzidenzrate für HPV-induzierte Karzinome.    

Ist das überhaupt relevant für die Praxis?

Die aktuelle Studie aus Frankreich zeigt eines ganz deutlich: Pathogeninduzierte Krebsfälle stellen mit mehr als 2 Millionen Betroffenen einen ernstzunehmenden Gesundheitsfaktor dar. Ganz ähnlich wie Übergewicht, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährungsgewohnheiten oder Rauchen sind Infektionen jedoch häufig vermeidbar.

Sowohl gegen Hepatitis B als auch gegen eine Vielzahl Humaner Papillomviren gibt es mittlerweile zuverlässig wirksame Impfungen; die Virushepatitis vom Typ C ist dank neuer antiviraler Therapiemethoden in der Mehrzahl der Fälle sogar heilbar.

Zukünftige Präventionsprogramme zielen daher darauf ab, Virusinfektionen durch verfügbare Impfungen zu verhindern, wie sie in Deutschland bereits standardmäßig vom Robert-Koch-Institut (RKI) empfohlen werden. Darüber hinaus ist es wichtig, bei Verdachtsdiagnosen hinreichend auch mikrobiologisch abzuklären, um Infektionen frühzeitig zu entdecken und gegebenenfalls zielgerichtet behandeln zu können, bevor Krebs entsteht.

Gerade Hochrisiko-Populationen könnten davon in Zukunft profitieren, indem sich durch eine gerichtete Prävention nicht nur die Krebslast, sondern auch die damit im Zusammenhang stehende tumorassoziierte Mortalität günstig beeinflussen ließen, so die StudienautorInnen abschließend. 

Quelle:
De Martel C et al., Global burden of cancer attributable to infections in 2018: a worldwide incidence analysis. Lancet Glob Health 2020;