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Depressionsrisiko nach radikaler Prostatektomie

Beim Mann besteht nach radikaler Prostatektomie und den Folgebehandlungen ein erhöhtes, praxisrelevantes Depressionsrisiko, so das Ergebnis einer aktuellen Studie aus Dänemark.

Erhöhtes Risiko für Depression besteht über 18 Jahre fort

Männer sind bekanntlich kein einfaches Patientenklientel. Häufig werden innere Konflikte und Sorgen auch nur mit sich selbst und im Stillen ausgetragen. Jedoch besteht beim Mann nach radikaler Prostatektomie und den Folgebehandlungen ein erhöhtes, praxisrelevantes Depressionsrisiko, so das Ergebnis einer aktuellen Studie aus Dänemark.

Die Entwicklung einer Depression bei Prostatakrebspatienten hängt von zahlreichen krankheits- und patientenbezogenen Faktoren ab. Systematische Untersuchungen zu den jeweiligen Einflussfaktoren gab es bisher jedoch nicht. Eine aktuelle dänische Studie untersuchte nun unlängst das Depressionsrisiko nach radikaler Prostatektomie. Den Schwerpunkt legten die Forschenden dabei auf den Einfluss der Operation sowie einer anschließenden Radiatio oder Androgendeprivationstherapie (ADT).

Kohortenstudie mit Registerdaten tausender Männer

Die bevölkerungsbasierte Kohortenstudie nutzte Prostatakrebs-Registerdaten von insgesamt 5.570 Männern, die sich zwischen 1998 und 2011 in Dänemark einer radikalen Prostatektomie unterzogen hatten.

Daten zu Krankenhausaufenthalten wegen Depressionen oder Einträge zu verschriebenen Antidepressiva wurden für die vorliegende Studie näher untersucht. Das Depressionsrisiko wurde in Abhängigkeit von der Zeit seit Operation bewertet.

Depressionsrisiko bleibt über Jahre bestehen

Die kumulative Inzidenz von Depressionen war bei Männern, die sich einer Operation unterzogen hatten, im Vergleich zu krebsfreien Männern während der gesamten Nachbeobachtungszeit von bis zu 18 Jahren signifikant erhöht. Insbesondere Männer, die eine nachfolgende Androgendeprivationstherapie (ADT) erhielten, waren von Depressionen betroffen.

Im Vergleich zu keiner weiteren Behandlung nach Prostatektomie war das Depressionsrisiko bei anschließender Weiterbehandlung erhöht. So stieg das Depressionsrisiko beispielsweise unter ADT um das 1,8-Fache (Hazard Ratio [HR] = 1,8; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,4–2,3).  Mit einer Salvage-Therapie, wie z. B. einer Radiatio, war das Risiko für Depressionen noch um das 1,3-Fache höher (HR = 1,3; 95%-KI: 1,0–1,6). Wurden ADT und Salvage-Radiatio zudem kombiniert, war das Depressionsrisiko additiv um den Faktor 2,2 erhöht (HR = 2,2, 95%-KI: 1,8–2,8). Diese Risikowerte waren unabhängig vom Alter, vom Einkommen und von der Zeit seit OP, auch Komorbiditäten veränderten die Schätzungen kaum.

Was bedeutet diese Studie für die Praxis?

Die radikale Prostatektomie und nachfolgende Salvage-Therapien erhöhen das Risiko für Depressionen. Dabei – so scheint es – sind Männer mit einer sich an die Operation anschließenden ADT besonders gefährdet.

Urologinnen und Urologen sollten daher stets auch auf depressive Symptome bei ihren Patienten achten. Das gilt vor allem für diejenigen Männer, welche aufgrund eines erhöhten postoperativen Rezidivrisikos entsprechend weiter behandelt werden müssen.

Fazit

In ihrer bevölkerungsbasierten Studie wiesen Friberg et al. nach, dass eine radikale Prostatektomie und nachfolgende ADT oder Radiatio das Risiko für die Entstehung einer klinisch relevanten Depression deutlich erhöhen.

Quelle:
Friberg AS et al., Risk of Depression After Radical Prostatectomy-A Nationwide Registry-based Study. Eur Urol Oncol 2021; 4(4): 601-608. doi: 10.1016/j.euo.2019.06.020