Transkranielle Pulsstimulation bei Alzheimer: Dünne Datenlage, große Versprechen
Auch nach der ersten randomisierten, kontrollierten Studie zur transkraniellen Pulsstimulation (TPS) bei M. Alzheimer gibt es keine hinreichenden Wirksamkeitsbelege.
Aktuelle Datenlage gibt Anlass zu Kritik
- Transkranielle Pulsstimulation (TPS) ist ein gepulstes ultraschallbasiertes Verfahren zur nichtinvasiven
- Verschiedene Experten kritisieren die dünne Evidenzlage und fragliche Wirksamkeit
- Die kürzlich erschienene bislang einzige, randomisierte kontrollierte Studie verfehlte den primären Studienendpunkt und weist methodische Schwächen auf3,4
Aussagekraft der Studien bislang zweifelhaft
Nachdem es bislang ausschließlich offene (unkontrollierte) Fallserien gab, wurde im April 2025 die erste randomisierte, doppelt verblindete, kontrollierte Studie (DOI: ) veröffentlicht. In deren Rahmen erhielten insgesamt 60 Alzheimer-Patienten im Alter von 51 bis 82 Jahren entweder zuerst eine TPS (6 Sitzungen über 2 Wochen) und nach 4 Monaten Pause eine Scheinstimulation oder umgekehrt.3,4
Die Studie verfehlte ihren primären Wirksamkeitsendpunkt, die Verbesserung im validierten neurokognitiven CERAD-Test. Zwar stiegen die Werte nach Intervention, doch für die Gesamtpopulation konnte keine signifikante Interaktion zwischen den verschiedenen Untersuchungszeitpunkten vor und nach der Intervention sowie der Methode (TPS vs. Scheinstimulation) gezeigt werden, resümiert die Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) e. V. in einer aktuellen Stellungnahme.3 Die mit der Zeit besser werdenden CERAD-Scores könnten theoretisch auch einen Lerneffekt durch die wiederholte Durchführung der Testbatterie widerspiegeln.
Bei zusätzlicher Berücksichtigung der größeren Altersunterschiede zwischen den Behandelten fiel eine Post-hoc-Analyse positiv aus (Besserung nur bei den unter 70-Jährigen), doch auch bezüglich der Aussagekraft dieser vorab nicht geplanten Sekundäranalysen sieht die DGKN Einschränkungen. Die Studie wurde unter anderem vom Hersteller, Storz Medical AG, finanziert.
Fazit für die Praxis
Die Studienautoren räumen selbst ein, dass größere Patientenzahlen und längere Nachbeobachtungszeiten notwendig wären.
Die mechanistischen Erklärungen zur Wirkungsweise der TPS sind ebenfalls fraglich oder unspezifisch, bemängelt die Deutsche Alzheimer Gesellschaft auf einer Informationsseite für Patienten.2
Die Methode, so das Fazit der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, verursacht hohe Kosten bei unklarer Wirksamkeit.2 Die gesetzlichen Krankenkassen erstatten die Behandlung übrigens nicht, die Kosten sind privat zu tragen.3 Auch die DGKN sieht aktuell keine Rechtfertigung, die TPS als effektive Therapieform bei zu bewerben.3
- Germany, S. de G., Munich. Neuroinstitut München: Die transkranielle Pulsstimulation wird inzwischen auch bei Parkinson, Depression, Long Covid und anderen neurologischen Erkrankungen eingesetzt. - Süddeutsche Zeitung. Süddeutsche.de https://www.sueddeutsche.de/sonderthemen/bayern/neustart-gehirn-tps-kampf-neurodegenerativ-krankheit-behandlung-parkinson-depression-long-covid-213696.
- Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V.: Halbwahrheiten und Heilsversprechen - Update. https://www.deutsche-alzheimer.de/artikel/halbwahrheiten-und-heilsversprechen-die-transkraniellen-pulsstimulation-tps.
- Transkranielle Pulsstimulation (TPS) bei Alzheimer: Wirksamkeit weiterhin nicht belegt. https://idw-online.de/de/news850746.
- Matt, E. et al. Ultrasound Neuromodulation With Transcranial Pulse Stimulation in Alzheimer Disease: A Randomized Clinical Trial. JAMA Network Open 8, e2459170 (2025).