In einer prospektiven Studie an 827.000 Apoplex-Patienten zeigte sich die Dysphagie als zweitwichtigster Risikofaktor für den Tod (an erster Stelle lag der Schweregrad des Schlaganfalls). Genauer: Das Bestehen von Schluckstörungen war mit einer 7-fach höheren Sterblichkeitsrate im Krankenhaus verbunden (OR 7,3; 95 % KI 6,2–8,6).2 Zudem beeinträchtigen Schluckstörungen die Lebensqualität und den Rehabilitationserfolg erheblich. Ein promptes und adäquates Management ist entscheidend, um Komplikationen zu reduzieren.
Ein aktuelles Review im Lancet Neurology möchte ein wenig mehr System in das uneinheitliche Management der Dysphagie bringen.2 Erstautor Dr. Bendix Labeit, Neurologe am Universitätsklinikum Düsseldorf, wurde bereits für seinen Forschungsbeitrag zur besseren Evaluation von Dysphagien ausgezeichnet.3
Ein Screening auf Dysphagie sollte nach einem Schlaganfall so rasch wie möglich erfolgen, beginnend mit einfachen Wasserschlucktests am Krankenbett oder aufwendigeren Multikonsistenzprotokollen (GUSS, V-VST). Ergeben sich hierbei Auffälligkeiten oder bestehen Risikofaktoren, ist anschließend weiterführende apparative Diagnostik angezeigt, zumeist eine flexible endoskopische Beurteilung des Schluckaktes (FEES) oder aber eine Videofluoroskopie (oder Röntgen-Breischluck). Von einem hohen Risiko ist beispielsweise bei Patienten mit Gesichtslähmung, Aphasie oder beeinträchtigter Sprache sowie bei höherer Schwere des Schlaganfalls auszugehen.
Zeitgerechte Abklärung entscheidend
Die Festlegung, ob der Patient nil per os bleiben muss, ist zeitkritisch. Doch vielerorts steht kein Experte für Schluckstörungen zur Verfügung. In diesem Fall kann auch ohne die zuvor genannten Spezialuntersuchungen bereits auf Basis von Mehrkonsistenzprotokollen oft die richtige Empfehlung bezüglich der oralen Nahrungsaufnahme gegeben werden. Studienergebnisse haben gezeigt, dass die Einführung von Mehrkonsistenzprotokollen die Häufigkeit von Lungenentzündungen und Sondenernährung verringern kann.
Therapeutisch kommen diätetische Umstellungen, Mundhygiene-Maßnahmen und eine Ernährungstherapie in Betracht. Auch logopädische Übungen oder experimentelle Therapien wie Neurostimulationsverfahren können die Schluckfunktion verbessern.4
Zweistufiger Diagnoseansatz erforderlich
Dysphagie ist eine der wichtigsten Komplikationen nach einem akuten Schlaganfall und erhöht das Risiko für einen ungünstigen Verlauf. Expertenmeinungen, Leitlinien-Empfehlungen und wissenschaftliche Evidenz sprechen für einen zweistufigen Diagnosealgorithmus (frühzeitiges Screening, gefolgt von apparativen Untersuchungen). "Fortschritte in der Dysphagie-Rehabilitation sind unabdingbar, um die Sterblichkeit zu senken und die Lebensqualität der Patienten nach einem Schlaganfall zu verbessern", schließt der Reviewartikel.2
- González-Fernández, M., Ottenstein, L., Atanelov, L. & Christian, A. B. Dysphagia after Stroke: an Overview. Curr Phys Med Rehabil Rep 1, 187–196 (2013).
- Labeit, B. et al. The assessment of dysphagia after stroke: state of the art and future directions. The Lancet Neurology 22, 858–870 (2023).
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Schluckstörungen: Dr. Bendix Labeit erhält Schiffbauer-Förderpreis | Management-Krankenhaus.
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Diagnostik und Therapie der Dysphagie nach einem Schlaganfall. springermedizin.de.
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