Shunt-Fehlfunktion ruft reversible motorische Störung hervor Logo of esanum https://www.esanum.de

Reversible motorische Störung nach Shunt-Fehlfunktion

Eine Kasuistik in 'Neurology' hebt eine besondere Komplikation nach Shuntanlage hervor: parkinsonartige Symptome.

Kernbotschaften für die Praxis

Subakuter Parkinsonismus bei einer 51-jährigen Frau

Sechs Monate nach Anlage eines lumboperitonealen Shunts wegen Hydrozephalus nach Subarachnoidalblutung wird die 51-jährige Patientin vorstellig mit Apraxie beim Öffnen der Augenlider, langsam progredienter Hypomimie ("Maskengesicht"), Zungentremor, Dysphagie, Rigidität des Halses und der oberen Extremität sowie Bradykinesie.

Die MRT offenbarte eine Kompression des Mittelhirns, eine Verschiebung des Hirnstamms nach kaudal und einen raumfordernden Effekt auf die Ventrikel (Verschwellung oder "effacement"), passend zu einer infratentoriellen Hypotonie. Die SPECT-Bildgebung zeigte eine reduzierte striatale Dopamin-Transporterbindung beidseitig. 

Alle Symptome und auch die bildgebenden Befunde besserten sich nach Erhöhung des Shuntdruckes. Der motorische UPDRS-Score (Unified Parkinson Disease Rating Scale, Part III) verbesserte sich von 24 auf 5.

Eine selten erkannte Folge eines überdrainierenden Shunts?

Die dieser Symptomatik zugrunde liegenden Mechanismen hängen vermutlich mit Schwerkräften und Veränderungen des intrakraniellen Drucks zusammen, die zu Kompression, Scherbelastung, Verdrehung oder Ischämie der nigrostriatalen Projektionen führen.1,3

Angesichts der potenziellen Reversibilität dieses Bildes durch einfache Repositionierung oder Druckanpassung ist die Sensibilisierung für dieses Syndrom und dessen klinisches Spektrum von zentraler Bedeutung, schreibt Dr. Daniel G. Di Luca, Spezialist für zerebrale Bewegungsstörungen, in einem Kommentar.1  Bislang sind nur wenige Fälle von motorischen Störungen im Zusammenhang mit einer Shunt-Malfunktion beschrieben, was aber auch an deren inadäquater Erkennung liegen könnte. Weitere vorbeschriebene neurologische Komplikationen nach Shuntanlage sind das Parinaud-Syndrom (als Folge einer Beteiligung des Mittelhirns) sowie Chorea, Ataxie und Ballismus.1,4

Quellen:
  1. Di Luca, D. G. Under Pressure: Parkinsonism as a Complication of Shunt Placement. Neurology Blogs https://blogs.neurology.org/rf/under-pressure-parkinsonism-as-a-complication-of-shunt-placement/ (2022).
  2. Takeuchi, H. et al. Teaching NeuroImages: Reversible Parkinsonism Caused by Lumboperitoneal Shunt Overdrainage. Neurology (2022) doi:10.1212/WNL.0000000000200994.
  3. Ros, B. et al. Shunt Overdrainage: Reappraisal of the Syndrome and Proposal for an Integrative Model. Journal of Clinical Medicine 10, 3620 (2021).
  4. Gusmäo, C. M. de, Berkowitz, A. L., Hung, A. Y. & Westover, M. B. Cerebrospinal fluid shunt-induced chorea: case report and review of the literature on shunt-related movement disorders. Practical Neurology 15, 42–44 (2015).

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