Die Behandlung des Morbus Parkinson mit L-DOPA wird oft als Triumph einer rationalen Pharmakotherapie bezeichnet. Das biochemische Charakteristikum des Morbus Parkinson ist der striatale Dopamin-Mangel. Da Dopamin nicht die Blut-Hirnschranke passiert und ebenso auf Dopamin-Rezeptoren z. B. in Herz und Niere wirkt, wurde nur wenige Jahre nach Entdeckung des Dopamin-Mangels die Vorstufe des Dopamins, das L-DOPA, therapeutisch eingesetzt1. Die Effektivität der Therapie mit L-DOPA wurde dann durch die Zugabe eines Dekarboxylase-Hemmers gesteigert, welcher die Umwandlung von L-DOPA zu Dopamin ausserhalb des Gehirns verhindert.
L-DOPA (in Kombination mit dem DOPA-Dekarboxilase-Hemmer) ist nach wie vor das Medikament mit dem besten Verhältnis von Wirksamkeit und Nebenwirkungen, zumindest was die kurzfristige Therapie anbelangt. Deshalb wird es auch häufig als Goldstandard bezeichnet. Leider treten nach Jahren der Behandlung aber Probleme in der Therapoie auf, die auch als L-DOPA-Spätsyndrom bezeichnet werden. Dieses Spätsyndrom kann dazu führen, dass Patienten nach der Einnahme von L-DOPA aus einem Zustand absoluter Bewegungsunfähigkeit innnerhalb weniger Minuten nicht nur in einen Zustand versetzt werden, in welchem sie zwar gut beweglich sind, aber auch ausgeprägte unwillkürliche Bewegungen zeigen. Letztere können bei fortgeschrittenen Patienten ähnlich beeinträchtigend sein, wie die Bewegungslosigkeit selbst. Die Wirksamkeit des L-DOPA konnte in zahlreichen retrospektiven Studien belegt werden. Die Nebenwirkungen der Therapie mit L-DOPA können in periphere und zentrale Nebenwirkungen unterschieden werden. Die häufigsten peripheren Nebenwirkungen sind Übelkeit, Erbrechen und orthostatische Hypotonie mit Schwindel. In seltenen Fällen kann es auch zu Herzrhythmusstörungen oder einem Engwinkelglaukom kommen. Bei den zentralen Nebenwirkungen stehen Delir und Halluzinationen an erster Stelle. Letztere werden durch eine Polypharmakotherapie, fortgeschrittenes Alter und andere Hirnerkrankungen begünstigt.
Die Effektivität der Therapie mit L-DOPA kann durch die Hemmung des Abbaus gesteigert werden. Dopamin wird im synaptischen Spalt über verschiedene Stoffwechselwege abgebaut. Hierzu gehören mindestens drei enzymatische Abbauwege über die Monoaminoxydase B (MAO-B), die Katecholamin-O-Methyltransferase (COMT) und die Dopamin-ß-Hydroxylase. Zusätzlich kann Dopamin über Autooxidation metabolisiert werden. Es stehen Hemmer der MAO-B und der COMT zur Verfügung. Insbesondere durch die COMT-Inhibitoren kann die Bioverfügbatkeit um ca. 30 % gesteigert werden.
Die MAO-B-Hemmer können ebenfalls die Verfügbarkeit des L-DOPA erhöhen. Zusätzlich haben diese Medikamente eine antidepressive Wirkung.
Die Alternative zur Therapie mit L-DOPA sind insbesondere bei jüngeren Patienten die Dopamin-Agonisten. Die Wirkung des Apomorphin auf die Symptome von Parkinson Patienten wurde lange vor der Wirkung des L-DOPA beschrieben2.
Die Dopamin-Agonisten wirken direkt auf Dopaminrezeptoren z. B. auf den post- und präsynaptischen Neuronen in dem nigrostriatalen dopaminergen System. Klinische Wirksamkeit und Verträglichkeit der Dopamin-Agonisten sind im Vergleich zu L-DOPA geringer. Ein Vorteil der Dopamin-Agonisten besteht darin, dass diese kaum Fluktuationen der Beweglichkeit oder Dyskinesien induzieren. Daher werden diese Medikamente nach wie vor bei jüngeren Patienten bevorzugt. Allerdings treten unter der Therapie mit Agonisten doch teilweise erhebliche Nebenwirkungen auf, auf die die Patienten aufmerksam gemacht werden müssen. Hierzu gehören Tagesschläfrigkeit und plötzliches Einschlafen, Impuls-Kontroll-Störungen (Hypersexualität, Kaufzwang, Spielsucht, etc.) und Unterschenkelödeme. Ergot-Alkaloide, die zu Fibrosen und Veränderungen der Herzklappen führen können, werden heute kaum noch verordnet.
Die Amantadine wirken am ehesten über einen niedrig-affinen Antagonismus an Glutamat-Rezeptoren. Die bisherigen klinischen Erfahrungen haben gezeigt, daß diese Medikamente eine moderate Wirkung auf die Parkinson-Symptome haben. Amantadinen können zudem L-DOPA induzierte Dyskinesien reduzieren.
Anticholinergika haben eine begrenzte Wirkung auf die Parkinson-Symptomatik. Die Nebenwirkungen dieser Medikamente sind zahlreich und treten relativ häufig auf. Zu diesen Nebenwirkungen gehören Störungen der Magen-Darm-Motilität, Akkomodationsstörungen und auch delirante und dementielle Symptome. Da das Verhältnis von klinischer Besserung und Nebenwirkungen bei diesen Medikamenten eher ungünstig ist, sollten diese Medikamente gerade zu Beginn der Therapie vermieden werden.
Zahlreiche neue Medikamente sind in der Entwicklung und werden hoffentlich die Therapie bereichern. Hoffnungen werdenb vor allem auf Impfungen und Antikörper gesetzt, die die Ablagerungen des Alpha-Synukleins reduzieren sollen.
Alternative Therapien für fortgeschrittene Patienten sind Behandlungen mit Pumpen (L-DOPA, Apomorphin) oder die tiefe Hirnstimulation. Diese Verfahren können bei fortgeschrittenen Patienten zu einer Besserung der Symptome und vor allem der Fluktuationen und Dyskinesien führen.
Obwohl zahlreiche Medikamente für die Behandlung zur Verfügung stehen, ist eine Aufhalten der eigentlichen Neurodegeneration oder auch eine Heilung mit diesen Medikamenten nicht möglich. Es können nur die Symptome gelindert werden. Leider sind die Defizite der Patienten mit Morbus Parkinson nicht auf die Einschränkungen der Motorik beschränkt. Nahezu alle Patienten klagen auch über nicht-motorische Symptome wie Depression, Schmerzen, Obstipation, Schlafstörungen, Gedächtnisstörungen, etc. Für alle diese Symptome sind die therapeutischen Möglichkeiten sehr viel begrenzter. Daher sind weiterhin Aklternativen in der Behandlung dringend notwendig.
Literatur