Reisen trotz Herzschwäche: Worauf ist zu achten?
Die Frage, ob trotz Herzinsuffizienz der Antritt einer Reise möglich ist, beschäftigt viele Betroffene und ist ein häufiges Thema in der kardiologischen Praxis. Worauf geachtet werden sollte und welche Tipps für Patienten wichtig sind, ist Schwerpunkt einer Review-Analyse.
Das sollte bei Reisen mit Herzinsuffizienz beachtet werden
- Die meisten Patienten mit Herzschwäche können Fernreisen antreten. Gegebenenfalls gilt es je nach Reiseziel und Krankheitsgrad individuelle Vorsichtsmaßnahmen zu berücksichtigen.
- 4 bis 6 Wochen vor einer Reise wird eine fachärztliche Vorstellung zur Risikoevaluation und Beratung empfohlen.
- Die Betroffenen sollten u.a. Tipps zur Vermeidung einer Hypovolämie, Thrombose und medikamentös bedingten Fotosensitivität erhalten.
- Körperscanner und Metalldetektoren an Flughäfen sind für Personen, die mit ICD versorgt sind, passierbar.
Fernreise: Gefahr von Komplikationen bei Herzinsuffizienz
Zahlreiche Faktoren können sich negativ auf die Gesundheit von Individuen mit Herzinsuffizienz auswirken und schließlich zur kardialen Dekompensation führen. Diese reichen von Klimaextremen und Luftverschmutzung am Urlaubsort, bis hin zu Volumenmangel und Hypoxie aufgrund eines niedrigen Luftdrucks. Deshalb ist es besonders wichtig, die Betroffenen, die einen Urlaub planen, kardiologisch zu beraten. Laut den Autoren der Studie sollte dies ca. vier bis sechs Wochen vor der Unternehmung stattfinden.
Wer kann trotz Herzinsuffizienz reisen?
Nicht nur das Urlaubsziel, sondern auch das Krankheitsstadium spielt eine entscheidende Rolle bei der Risikoanalyse. So sind längere Reisen für Erkrankte mit NYHA-Stadium I oder II relativ bedenkenlos möglich. Personen im NYHA-Stadium III können, falls die Erkrankung gut eingestellt ist, ebenso weiter entfernte Orte besuchen. Allerdings benötigen sie bei Flugreisen aufgrund des niedrigen Luftdrucks evtl. eine Sauerstoffsubstitution an Bord. Für Betroffene, die an einer Herzinsuffizienz des NYHA-Stadiums IV leiden, lautet die Empfehlung hingegen, möglichst ganz auf längere Reisezeiten bzw. Flüge zu verzichten.
Weitere Gründe, die auch gegen eine Flugreise sprechen, sind:
- Herzinfarkt, Perkutane Koronarangioplastie (PCA), Herz- oder Herzklappenoperation innerhalb der letzten zwei Wochen
- Pneumothorax (z. B. nach größerem Eingriff am Herzen)
- Eisenmenger-Syndrom
- unbehandelte Arrhythmie oder pulmonale Hypertonie
- instabile Angina Pectoris
- dekompensierte Herzerkrankungen
Reisen und Herzschwäche: Hinweise und Tipps zur Beratung in der Praxis
Was alles bei der Vorbereitung eines komplikationslosen Urlaubes berücksichtigt und mit den an Herzinsuffizienz erkrankten Personen besprochen werden sollte, haben wir hier für Sie zusammengefasst:
- Urlaubsziel: Bei Reisen in warme Regionen sollte auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden (evtl. 0,5 bis 1 Liter zusätzlich pro Tag). Sehr kalte Ziele sind möglichst zu meiden, da bei hochgradiger Herzschwäche eine Dekompensation droht. Selbiges gilt für hoch gelegene Orte; optimalerweise befindet sich das Reiseziel maximal 2000 m über dem Meeresspiegel. Auch von Gegenden mit hoher Luftverschmutzung ist abzuraten, da dies mit einem gesteigerten Risiko für Hospitalisation und Mortalität für Menschen mit Herzinsuffizienz assoziiert wird.
- ggf. Durchführung ergänzender Untersuchungen (z. B. EKG, Laborkontrolle) und evtl. Einleiten eines Telemonitorings bei Patienten mit implantierten Rhythmusgeräten
- Optimierung der medikamentösen Therapie vor der Abreise
- Hinweis auf die Gefahr der arzneimittelinduzierten Fotosensitivität (z. B. unter Amiodaron und Thiazid-Diuretika) und wie diese zu vermeiden ist (lange Kleidung etc.)
- Impfstatus: Neben den für das jeweilige Land empfohlenen Impfungen ist bei Herzschwäche eine Immunisierung gegen Pneumokokken, Influenza und COVID-19 angeraten.
- Besprechung der Aktivitäten am Urlaubsort und Warnung vor sportlicher Überanstrengung
- Tipps zur Vermeidung und Behandlung einer Reisediarrhö
- Maßnahmen zur Prophylaxe einer Dehydratation (meiden von exzessivem Alkohol- und Kaffee-Konsum, übermäßigem Salzverzehr und bei längerer Flugreise Empfehlung einer zusätzlichen Flüssigkeitszufuhr)
- Die Betroffenen sollten über Symptome eines Volumenmangels informiert und angeleitet werden, ggf. die antihypertensive Präparate zu reduzieren oder zu pausieren.
- Erinnerung der Erkrankten einen ausreichenden Medikamenten-Vorrat, medizinische Unterlagen (z. B. ICD-Pass, Arztbrief, Arzneimittelliste) und, falls vorhanden, den Nachweis einer Auslandskrankenversicherung mitzuführen.
- Die medizinische Versorgung vor Ort (etwa Standort der nächsten Apotheke und Klinik) sollte im Vorfeld geklärt werden.
- Prävention von Thrombosen und Embolien (ausreichende Volumenzufuhr, regelmäßige Beinübungen und häufiges Herumgehen); ggf. kann bei hohem Risiko eine präventive Antikoagulans-Gabe in Betracht gezogen werden.
- Information der Individuen mit ICD über mögliche Störanfälligkeit der Geräte durch elektromagentische Felder: Sicherheitskontrollen am Flughafen (Metalldetektoren, Körperscanner) schaden dem ICD nicht. Dennoch sollte zur Sicherheit kein unnötig langer Aufenthalt in Feld stattfinden. Zudem ist das Sicherheitspersonal vor der Kontrolle über das Vorhandensein des ICDs zu informieren und der Gerätepass griffbereit sein.
- Bei implantiertem Linksherzunterstützungssystem (LVAD): Hinweis zur erhöhten Trinkmenge auf Flügen und Empfehlung zum Tragen von Kompressionsstrümpfen bei Reisen über 2 Stunden. Zudem muss das Flugpersonal über das LVAD informiert und das Gerätezubehör im Handgepäck verstaut sein. Die Lokalisation des nächsten LVAD-Zentrums am Urlaubsort sollte den Betroffenen bekannt sein.
Fazit
Die Liste der Aspekte, die es bei einer Fernreise von Personen mit Herzinsuffizienz zu bedenken gilt, ist lang und von verschiedenen Faktoren abhängig. Hierzu zählt neben dem Urlaubsziel auch die Ausprägung der kardiologischen Erkrankung. Viele Komplikationen lassen sich durch eine ausführliche medizinische Vorbereitung und Beratung der Betroffenen vermeiden. Besonders bei Individuen mit implantiertem Rhythmusgerät und LVAD sind besondere Vorsichtsmaßnahmen zu beachten; nach kürzlich erfolgter Herzoperation ist eventuell von einer zeitnahen Reise abzuraten.
Quelle: von Haehling, S., Birner, C., Dworatzek, E. et al. Travelling with heart failure: risk assessment and practical recommendations. Nat Rev Cardiol 19, 302–313 (2022). https://doi.org/10.1038/s41569-021-00643-z