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Kardiovaskuläres Risikoscreening in der rheumatologischen Praxis

Im Rahmen einer norwegischen Studie wurden Patienten an rheumatologischen Zentren gezielt auf kardiovaskuläre Risikofaktoren gescreent. Demnach ist es möglich, solche Untersuchungen routinemäßig in die Praxisabläufe zu integrieren.

Zeitaufwendig, aber machbar

Im Rahmen einer norwegischen Studie wurden Patienten an rheumatologischen Zentren gezielt auf kardiovaskuläre Risikofaktoren gescreent. Demnach ist es möglich, solche Untersuchungen routinemäßig in die Praxisabläufe zu integrieren.

Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankungen wie rheumatoider Arthritis (RA), ankylosierender Spondylitis (AS) und Psoriasis-Arthritis (PsA) haben ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. Dies steht im Zusammenhang mit den schädigenden Effekten der chronischen Entzündung auf die Gefäßwände, die die klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren zu potenzieren scheinen. Bei diesen Patienten wäre ein regelmäßiges kardiovaskuläres Monitoring demnach von besonderer Bedeutung – und von der European League Against Rheumatism (EULAR) wird es auch empfohlen. In der klinischen Praxis wird die Empfehlung aber häufig nicht befolgt.

Risikobewusstsein steigern

Ziel der vorliegenden norwegischen Studie war es, ein Programm zur einmal jährlichen Bestimmung des kardiovaskulären Risikos zu entwickeln, das sich gut in den Ablauf ambulanter rheumatologischer Zentren integrieren lässt. Außerdem sollte Patienten mit einem erhöhten Risiko der Zugang zu leitliniengerechten Präventionsmaßnahmen erleichtert werden. Das übergeordnete Ziel bestand darin, das Bewusstsein für das erhöhte Risiko unter medizinischem Fachpersonal und Patienten zu steigern.

Das landesweite NOCAR-Projekt

Das landesweite Projekt NOrwegian Collaboration on Atherosclerosis in patients with Rheumatic joint diseases (NOCAR) wurde unter Einbindung von elf rheumatologischen Kliniken im April 2014 initiiert. Die Dokumentation des kardiovaskulären Risikoprofils erfolgte elektronisch mit der GoTreatIt Rheuma (GTI)-Software, die Monitoring und Follow-Up erleichtert. Schritt eins war die Bestimmung der Nüchternlipide – Gesamtcholesterin (TC), LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin und Triglyzeride (TG) – im Rahmen routinemäßig durchgeführter Laboruntersuchungen. Schritt zwei bestand in der Befragung der Patienten nach Risikofaktoren, einschließlich Diabetes mellitus, Nierenerkrankungen, Rauchen und Berechnung des Body Mass Index (BMI). Der dritte Schritt war die Blutdruckmessung. Nach Eingabe der Lipid- und Blutdruckwerte errechnete die GTI-Software anhand des Systematic Coronary Risk Evaluation (SCORE)-Algorithmus automatisch die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Patient innerhalb der nächsten zehn Jahre ein tödliches kardiovaskuläres Ereignis erleidet. Entsprechend der Leitlinie der European Society of Cardiology zur kardiovaskulären Prävention wurde bei einem Risiko von weniger als 5% nichts unternommen. Bei einem Risiko von mehr als 5% wurden Patienten mit einem standardisierten Überweisungsschein zur weiteren Abklärung an einen Allgemeinmediziner oder Kardiologen überwiesen. Die rheumatologischen Fachassistenten wurden außerdem darin geschult, Patienten in einem kurzen Gespräch über den Nutzen des Rauchstopps und einer "herzfreundlichen" Diät aufzuklären.

Risiko bei mehr als 40 Prozent der Patienten ermittelt

Die vorliegende Auswertung beinhaltet Daten der ersten 1,5 Jahre von fünf der elf NOCAR-Zentren zu 8.789 Patienten, unter ihnen 4.483 mit RA, 1.663 mit AS, 1.928 mit PSA und 715 mit anderen Formen einer Spondyloarthritis. Insgesamt wurde das kardiovaskuläre Risiko bei 41,4% der Patienten ermittelt. Der Anteil variierte von 44,7% bei Patienten mit RA bis 30,6% bei Patienten mit anderen Spondyloarthritiden. Deutliche Unterschiede zeigen sich auch zwischen den verschiedenen Zentren, mit 56,1% bis 34,6%. Überproportional häufig wurde das Risiko bei jenen Patienten erhoben, die gegenwärtig oder früher eine Therapie mit biologischen oder synthetischen Krankheitsmodifizierendem antirheumatischen Medikamenten (DMARDs) erhalten hatten.

Demnach ist es möglich, die Bestimmung des kardiovaskulären Risikos in die täglichen Abläufe einer rheumatologischen Praxis zu integrieren. Dass dies in den ersten 1,5 Jahren jedoch nur bei 40–50% der Patienten erfolgte, zeigt, dass der Prozess kompliziert ist und Zeit erfordert. Einige der NOCAR-Zentren konnten das Screening vor allem aus Kapazitätsgründen gar nicht einführen. Bei Patienten mit hoher Krankheitsaktivität wurde das kardiovaskuläre Risiko seltener erhoben als bei jenen mit niedrigerer Krankheitsaktivität. Rheumatologen widmen Komorbiditäten möglicherweise somit erst dann ihre Aufmerksamkeit, wenn eine niedrige Krankheitsaktivität erreicht werden konnte. Dies könnte sich jedoch als kontraproduktiv erweisen, da die Entzündungsaktivität mit dem kardiovaskulären Risiko korreliert.

Fazit

Aus Sicht der Autoren sind Rheumatologen am besten geeignet, um das kardiovaskuläre Risiko ihrer Patienten zu bestimmen. Ist es erhöht, sollten sie in Kooperation mit einem Allgemeinarzt oder Kardiologen präventive Maßnahmen einleiten. Inwieweit sie bei den Patienten dieser Studie ergriffen wurden, können die Autoren der Publikation noch nicht sagen. Entsprechende Analysen sind aber geplant. Eine Hürde bei der Einführung eines routinemäßigen Screenings besteht in dem Zeitaufwand, der mit zunehmender Erfahrung abnehmen sollte.

Quelle:
Ikdahl E, Rollefstad S, Wibetoe G et al. Feasibility of cardiovascular disease risk assessments in rheumatology outpatient clinics: experiences from the nationwide NOCAR project. RMD Open 2018; 4: e000737