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COVID-19 verändert Kampf-oder-Flucht-Reaktion bei jungen Menschen

Nach einer COVID-19-Infektion entwickeln ansonsten gesunde junge Menschen, unabhängig von der Schwere der Symptome, Probleme mit ihrem Nervensystem. Die Physiological Society hat dieses Phänomen genauer untersucht.

Redaktion scheint Symptom von Long-COVID zu sein

Nach einer COVID-19-Infektion entwickeln ansonsten gesunde junge Menschen, unabhängig von der Schwere der Symptome, Probleme mit ihrem Nervensystem. Die Physiological Society hat dieses Phänomen genauer untersucht.

Betroffen zu sein scheint vor allem das sympathische Nervensystem, das die Kampf-oder-Flucht-Reaktion steuert. Es reagiert nach der COVID-19-Infektion in einigen Fällen überaktiv und in anderen unteraktiv. Das könnte ein Symptom von Long-COVID sein. Durch die Veränderung der Kampf-oder-Flucht-Reaktion, insbesondere wenn sie länger andauert, könnten viele Prozesse im Körper gestört oder beeinträchtigt werden. Das Forschungsteam der Physiological Society hat die Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System - einschließlich Blutdruck und Blutfluss - untersucht. Denn wenn eine ähnliche Störung der Flucht-oder-Kampf-Reaktion auch bei älteren Erwachsenen nach einer COVID-19-Infektion auftreten würde, könnte dies erhebliche negative Auswirkungen auf die kardiovaskuläre Gesundheit haben.

Mikroneurographie misst elektrische Impulse des Nervensystems

Die Forschenden untersuchten die Lungenfunktion, die körperliche Leistungsfähigkeit, die Gefäßfunktion und die neuronale kardiovaskuläre Kontrolle (die Kontrolle des Herzschlags durch das Gehirn) mittels Mikroneurographie. Bei dieser Methode wird eine winzige Nadel mit einer Elektrode in einen Nerv hinter dem Knie eingeführt wird, die elektrischen Impulse werden aufzeichnet und gemessen, wie viele Ausbrüche elektrischer Aktivität stattfinden und wie groß diese Ausbrüche sind.

Anhand dieser Nervenaktivität kann die Funktion des sympathischen Nervensystems durch eine Reihe von Tests beurteilt werden. Bei allen Tests lag die Testperson auf dem Rücken auf einem Bett. Zunächst untersuchten die Forschenden die Grundaktivität der Nerven im Ruhemodus, die Herzfrequenz und den Blutdruck. Die Ruheaktivität der Sympathikusnerven war bei den COVID-19-Infizierten höher als bei den gesunden Personen aus der Kontrollgruppe

COVID-19-Proband:innen schätzten ihre Schmerzen geringer ein

Anschließend mussten die Proband:innen einen "Kältedrucktest" durchführen. Dabei tauchten sie eine Hand zwei Minuten lang in Eiswasser (~0° C). Bei gesunden Menschen führt dies zu einem starken Anstieg der Aktivität des Sympathikusnervs (Kampf-oder-Flucht) und des Blutdrucks. Die COVID-19-Proband:innen schätzten ihre Schmerzen wesentlich geringer ein als die gesunden Probanden.

Schließlich wurden die Testpersonen in eine aufrechte Position gebracht, um zu sehen, wie gut ihr Körper auf eine Veränderung der Position reagiert. Bei den COVID-19-Proband:innen stieg die Herzfrequenz stark an, außerdem war die Aktivität des Sympathikus während des Kipptests höher als bei anderen gesunden jungen Erwachsenen.

Kein Vergleich zur Funktion vor der COVID-19-Infektion möglich

Wie bei allen Untersuchungen am Menschen gibt es auch bei dieser Studie Einschränkungen. Die größte Einschränkung der vorliegenden Studie ist ihr Querschnittscharakter, denn es konnte nicht untersucht werden, wie hoch die Aktivität des Nervensystems der COVID-19-Patient:innen vor der COVID-19-Infektion war.

Abigail Stickford, Hauptautorin dieser Studie, hat diese Kohorte von COVID-19-Patient:innen im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts sechs Monate lang nach ihren positiven Testergebnissen verfolgt. "Diese Arbeit war repräsentativ für kurzfristige Daten, so dass die nächsten Schritte für uns darin bestehen, die Datenerfassung abzuschließen und zu interpretieren, wie sich die Probanden in dieser Zeit verändert haben."

Quelle: 
COVID-19 is getting on our nerves: Sympathetic neural activity and hemodynamics in young adults recovering from SARS-CoV-2