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Tofu schützt vor koronarer Herzkrankheit

Laut einer neuen Studie senkt der Konsum von Tofu das Risiko für die Entwicklung einer koronaren Herzkrankheit, auch wenn der Lebensstil generell sehr gesund ist. Die im Tofu enthaltenen Isoflavone scheinen einen Teil der schützenden Wirkung zu vermitteln.

Kardiovaskuläres Risiko um bis zu 9% niedriger

Laut einer neuen Studie senkt der Konsum von Tofu das Risiko für die Entwicklung einer koronaren Herzkrankheit, auch wenn der Lebensstil generell sehr gesund ist. Die im Tofu enthaltenen Isoflavone scheinen einen Teil der schützenden Wirkung zu vermitteln.

Die vegetarische und die vegane Ernährungsweise werden immer beliebter. Der Konsum von Nahrungsmitteln auf Basis der Sojabohne ist rasant gestiegen. Hierzu zählen Tofu als Fleischersatz und Sojamilch als Alternative zu herkömmlicher Milch. Sojaprodukte gelten als gesundheitsfördernd, möglicherweise aufgrund ihres Gehalts an Isoflavonen, einem sekundären Pflanzenstoff, der dem weiblichen Geschlechtshormon Östrogen ähnelt. In der Tat konnte in einigen Studien der Konsum von Tofu und Co. mit einem niedrigeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht werden. Doch die meisten Studien hatten zu wenige Testpersonen und waren nicht optimal designt, um einen positiven Effekt zweifelsfrei belegen zu können. Ein Forschungsteam um Le Ma von der Harvard Universität in Boston (USA) hat daher drei US-amerikanische Langzeitstudien mit einer Beobachtungszeit von 22 bis 28 Jahren untersucht.

Daten von über 210.000 Testpersonen und aus bis zu 28 Jahren

Die Forschenden konnten auf Daten von über 210.000 Testpersonen im Alter von 25 bis 75 Jahren zurückgreifen. Alle Teilnehmenden hatten zu Beginn der Studie keine kardiovaskuläre Erkrankung und auch keine Krebserkrankung. Der Konsum von Sojaprodukten wurde alle zwei bis vier Jahre mittels Ernährungsfragebögen systematisch erfasst. Um sicherzustellen, dass die Angaben wahrheitsgemäß waren, maßen die Forschenden in einer Stichprobe bei 47 Testpersonen den Isoflavon-Gehalt im Urin (als biologischen Marker für den Sojakonsum) und konnten eine signifikante Korrelation zwischen den Angaben der Probanden und den gemessenen Werten feststellen.

In einem zweiten Schritt wurde durch Krankenhaus-Datenbanken und Sterbeurkunden belegt, welche Studienteilnehmenden im Verlauf der Studie an einer koronaren Herzkrankheit (KHK) erkrankten bzw. verstarben. Mithilfe einer Überlebenszeitanalyse (zeitabhängige Cox-Regression) setzten sie dann das Auftreten einer KHK mit dem Konsum von Sojaprodukten in Verbindung. Die statistischen Modelle wurden hinsichtlich möglicher Einflussgrößen adjustiert. Hierzu wurden Alter, Geschlecht, Ethnie, Übergewicht, Alkohol- und Nikotinkonsum, sozioökonomischer Status, körperliche Aktivität, Medikamenteneinnahme, Lipidwerte, Familienanamnese, Menopause und Hormontherapie (nur Frauen) sowie der Verzehr weiterer gesunder bzw. ungesunder Nahrungsmittel und Vitamine untersucht.

Je höher die Isoflavon-Aufnahme, desto niedriger das KHK-Risiko

Die meisten Testpersonen konsumierten rund 0,1 bis 4,2 mg Isoflavone am Tag – 100 g Tofu beinhalten circa 2 mg. Die Forschenden teilten die Testpersonen nach ihrem Isoflavon-Konsum in fünf Gruppen ein. In der Gruppe mit dem geringsten Konsum nahmen die Teilnehmenden ca. 0,16 mg Isoflavone pro Tag zu sich. In der Gruppe mit dem höchsten Konsum wurden dagegen rund neunmal so viele Isoflavone aufgenommen: 1,43 mg pro Tag. Das erste Ergebnis war nicht überraschend: Ein höherer Isoflavon- und Tofu-Konsum war mit einem allgemein gesünderen Lebensstil assoziiert (mehr körperliche Bewegung, pflanzenbasierte Ernährung). Viel interessanter waren die Ergebnisse in Bezug auf das kardiovaskuläre Risiko.

Insgesamt erkrankten rund 4% der Teilnehmenden während der Follow-Up-Phase an einer KHK. In der statistischen Auswertung zeigte sich: Nach Berücksichtigung aller bekannten Einflussgrößen senkte ein höherer Konsum von Isoflavonen das Risiko für die Entwicklung einer KHK. So wiesen die Studienteilnehmenden mit dem höchsten Isoflavon-Konsum ein 13% geringeres kardiovaskuläres Risiko auf. In einer Trendanalyse konnten das Forschungsteam zeigen, dass es eine Dosis-Wirkungs-Beziehung gab (p-Trend = 0,008). Je höher der Isoflavon-Konsum, desto geringer das kardiovaskuläre Risiko.

Da Isoflavone dem Hormon Östrogen ähneln, untersuchten die Forschenden auch den Einfluss der Menopause und einer Hormonersatztherapie auf die kardioprotektive Wirkung der Isoflavone. Es zeigte sich: nur prämenopausale Frauen profitierten von dem schützenden Effekt der Isoflavone. Bei Frauen, die bereits die Menopause hinter sich hatten oder eine Hormonersatztherapie erhielten, war kein protektiver Effekt der Isoflavone mehr nachweisbar.

Ein Tofugericht pro Woche senkt das KHK-Risiko um 9%

In einem nächsten Schritt analysierten die Forschenden den Tofukonsum der Testpersonen und kamen zu einem vergleichbaren Ergebnis. Testpersonen, die pro Woche mindestens ein Tofugericht aßen (4% der Teilnehmenden), hatten ein 9% geringeres Risiko für die Entwicklung einer KHK im Vergleich zu Teilnehmenden, die weniger als einmal pro Monat Tofu konsumierten. Auch hier fand sich eine Dosis-Wirkungs-Beziehung (p-Trend = 0,005). Bei Sojamilch hingegen konnte der positive Effekt nicht nachgewiesen werden. Anders als bei Isoflavonen schien der Tofukonsum auch Frauen jenseits der Menopause vor einer kardiovaskulären Erkrankung zu schützen. Nur Frauen mit Hormonersatztherapie profitierten nicht von zusätzlichem Tofuverzehr.

Beobachtungsstudie mit Schwächen

Zusammenfassend sprechen die Ergebnisse der Studie dafür, dass der Konsum von Tofu und Isoflavonen vor der Entwicklung einer KHK schützen könnte. Aber auch diese Studie ist nur eine Beobachtungsstudie und kann daher keine Kausalität nachweisen. Ein weiterer Schwachpunkt dieser (aber auch jeder anderen Ernährungsstudie) ist die Nutzung von Ernährungsfragebögen. Bekanntermaßen ist es für jedermann schwierig, seine Essgewohnheiten innerhalb eines Jahres prägnant zusammenzufassen. Das gilt auch für die hier vorgestellte Studie und kann zu einer deutlichen Verzerrung der Ergebnisse führen.

Eine gut gemachte Interventionsstudie ist also vonnöten, um den Effekt von Sojaprodukten auf die Herzgesundheit abschließend zu klären. Fraglich ist nur, ob sich dafür jemals eine Finanzierung findet. Die Sojaindustrie jedenfalls ist auf eine solche Studie nicht angewiesen, ihre Produkte verkaufen sich auch so blendend.

Quelle: Ma L et al. Isoflavone Intake and the Risk of Coronary Heart Disease in US Men and Women. Circulation. 2020;141:1127–1137. Originally published 23 Mar 2020. DOI: https://doi.org/10.1161/CIRCULATIONAHA.119.041306