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HNO-Notfälle erkennen und adäquat managen

Ob starke Blutungen, verlegte Atemwege, unkontrollierte Entzündungen oder Verletzungen: Bei Notfällen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich zählt oft jede Minute.

Warum sind HNO-Notfälle besonders?

Posteriore Epistaxis oft schwer zu kontrollieren

Die klassische Epistaxis verläuft in der Regel milde und ist selbstlimitierend. In mehr als 90 % der Fälle ist der Kiesselbach-Plexus im Bereich der vorderen Nasenscheidewand betroffen. Diese sogenannte anteriose Epistaxis kann meist durch manuelle Kompression und lokale Vasokonstriktoren kontrolliert werden. 

Anders bei der deutlich selteneren posterioren Epistaxis, die spezielle Maßnahmen wie Nasentamponaden oder interventionelle Verfahren zur Blutstillung erfordert. Eine beidseitige Nasentamponade mit Streifen-, Fingerling- oder blockbaren Tamponaden sollte 24-48 Stunden in situ verbleiben. Bei Blutungen aus dem Versorgungsgebiet der Arteria sphenopalatina ist ggf. eine hintere Nasentamponade mittels Choanalballon oder Bellocq-Tamponade notwendig, um das Geschehen zu beherrschen. Bei konservativ unstillbarer Epistaxis kommen Clipping, Ligatur oder eine Koagulation der entsprechenden Arterien in Frage.

Sicherung der Atemwege: notfallmäßige Koniotomie lieber früher als später

Enorale oder zervikale Blutungen entstehen meist postoperativ und können die Durchgängigkeit der Atemwege akut bedrohen. Um die Atmung zu sichern und die Blutungsquelle zu orten, kann eine orotracheale Intubation erforderlich sein. Bei aktiven Blutungen aus der Mundhöhle ist dies aber nicht immer möglich.

Wenn weder Intubation noch Maskenbeatmung gelingen („Cannot-ventilate-cannot-intubate“), ist eine notfallmäßige Atemwegssicherung mittels Koniotomie Mittel der Wahl. Sie sollte im Idealfall weniger als 30 Sekunden dauern, und muss von jedem Notfallmediziner beherrscht werden. Der Zugang erfolgt zwischen Ring- und Schildknorpel durch das Ligamentum conicum. Nach erfolgreicher Koniotomie sollte zeitnah eine Tracheotomie erfolgen, um die Beatmung weiter zu gewährleisten.

Übrigens: Die mitunter spektakulär beschriebene Koniotomie mittels Kugelschreiber ist technisch so gut wie unmöglich, wie Studien gezeigt haben.

Bei Entzündungen auf Warnsymptome achten

Neben Blutungen können Entzündungen im HNO-Bereich je nach Lokalisation und Ausbreitung schwerwiegende Folgen haben. So verläuft eine akute Sinusitis zwar in der Regel blande, kann aber zu Komplikationen führen, die oft spät erkannt werden. Typisch im Kindesalter ist etwa eine Beteiligung der Orbita, die bis zur Erblindung führen kann. Erstes Symptom ist eine Lidschwellung, bei der alle Alarmglocken schrillen müssen. Reicht eine i.v.-Antibiose allein nicht aus, ist ggf. zusätzlich eine Operation erforderlich.

Ein weiterer Klassiker sind Peritonsillar- und Parapharyngealabszesse, die in der Notfallsprechstunde regelmäßig vorkommen. Hinweise für eine Abszedierung sind eine kloßige Sprache, Kieferklemme, Uvulaödem und eine Asymmetrie im Rachen. In der Regel ist eine zügige Entlastung indiziert, um ein Fortschreiten des Prozesses zu verhindern.

Verletzungen erfordern rasche Abklärung mittels CT

Schließlich sind Verletzungen im Kopf-Hals-Bereich oft besonders heikel und folgenschwer. Abgesehen von einer einfachen Nasengerüstfraktur müssen weitreichendere Frakturen des Mittelgesichts oder der Schädelbasis per CT abgeklärt werden und erfordern meist ein interdisziplinäres Vorgehen, häufig unter Beteiligung von Ophthalmologen. 

Bei Larynxverletzungen unterscheidet man stumpfe und scharfe Traumata. Auch hier steht die Sicherung der Atemwege zunächst im Vordergrund, wobei die Tracheotomie einer Intubation mit möglichen fatalen Folgen im Zweifelsfall vorzuziehen ist. Zur Diagnostik ist eine frühzeitige Bildgebung mittels CT sowie eine flexible transnasale Larynxendoskopie erforderlich.

Auf Notfälle vorbereitet sein

Das Spektrum an Notfallsituationen in der HNO-Medizin ist weit und kann aufgrund der vielfältigen anatomischen Strukturen auf engstem Raum herausfordernd sein. Umso wichtiger sind ein strukturiertes Management und regelmäßige Schulungen.

Quelle:
Taeger J et al. Management von Hals-Nasen-Ohren-Notfällen. Med Klin Intensivmed Notfmed 2024; 119: 236–248. https://doi.org/10.1007/s00063-024-01114-2