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Was gibt es Neues in der HIV-Therapie?

In der HIV-Therapie hat sich in den letzten Monaten einiges getan. Heute liegt das durch die Europäische Kommission zugelassene Zwei-Substanzen-Regime im Fokus Hoffnung für Patienten: die Verbesserung der Lebensqualität sowie eine Reduktion der Toxizität sind das Ziel des neuen Therapieregimes.

In der HIV-Therapie hat sich in den letzten Monaten einiges getan. Heute liegt das durch die Europäische Kommission zugelassene Zwei-Substanzen-Regime im Fokus Hoffnung für Patienten: die Verbesserung der Lebensqualität sowie eine Reduktion der Toxizität sind das Ziel des neuen Therapieregimes.

Das Menschliche Immundefekt-Virus besitzt ein konisches Kapsid und gehört zu der Familie der Retroviren. Innerhalb des äußeren Kapsids verbirgt das Virus sein folgenschweres Nukleokapsid. Die Infektion mit dem Virus führt im weiteren Krankheitsverlauf, falls es nicht therapiert wird zum erworbenen Immundefizienzsyndrom, auch als AIDS bekannt. Vor rund 38 Jahren begann sich das Virus in Form einer Pandemie auszubreiten und besiegelte das Schicksal vieler Menschen. Das prominenteste Opfer ist der Leadsänger und Hauptkomponist der Band Queen, Freddie Mercury. Damals gab es noch keine Therapie für diese tödliche Erkrankung. Wie sieht es heute fast 40 Jahre später aus? 

Gemeinsam stark

Eine Heilung ist bisher noch nicht in Sicht. Jahrzehnte intensiver Forschung konnten dennoch das Leben vieler Menschen qualitativ verbessern und, was umso wichtiger ist, die verschiedenen Therapieregime wirken lebensverlängernd. Im Rahmen antiretroviraler Kombinationstherapien greifen die Wirkstoffe auf unterschiedliche Weise das Virus an und halten es dadurch in Schach. Hier kommen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren, nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren, Fusionshemmer sowie Proteasehemmer zum Einsatz. Die antiretrovirale Therapie (ART) setzt sich die Inhibition der HIV-Replikation, die Minimierung der Symptomatik sowie das Verhindern einer weiteren Krankheitsprogression zum Ziel. Zum Erreichen all dieser Therapieziele muss die Viruslast durch die ART konsequent auf unter 50 RNA-Kopien/ml gesenkt werden.1

Leitlinien zur HIV-Therapie in Revision

Aktuell werden die Leitlinien zur antiretrovitalen Therapie bei HIV revidiert. Dies könnte u. a. auch mit der Einführung neuer Wirkstoffkombinationen wie z. B. Dolutegravir/Rilpivirine zusammenhängen. In einer Phase-III-Studie bei Erwachsenen mit HIV-1 wurde die Kombinationstherapie aus Dolutegravir und Rilpivirine auf Wirksamkeit und Sicherheit geprüft. Die Ergebnisse dieser Studie wurden Anfang des Jahres im renommierten Fachmagazin The Lancet veröffentlicht.2 Um die kumulative Medikamentenexposition und die Toxizität der einzelnen Substanzen bei lebenslanger Therapie zu minimieren, rückte die Entwicklung von Kombinationstherapien in den Fokus diverser engagierter Forschungsgruppen. Doch kommen wir wieder zurück auf die bisherigen Therapieempfehlungen der aktuellen Leitlinien.1

Die Kombination macht den Unterschied

Initial wird in den Leitlinien eine Therapie mit "Nukleosid-/Nukleotidanaloga (NRTI bzw. NtRTI), nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI), Ritonavir- oder Cobicistat geboosterte Proteaseinhibitoren ('PI/r' bzw. 'PI/c') und Integrase-inhibitoren (INI)" empfohlen. 

Die virale Protease spielt eine entscheidende Rolle bei der Virusvermehrung und der Virusreifung. Die Proteasehemmer greifen hier ein und ermöglichen dadurch eine Senkung der Viruslast. Da die PI durch CYP3A metabolisiert werden, kann durch die Kombination mit den CYP-Hemmern Ritonavir oder Cobicistat (in einer geringen Dosierung von 1-2 x 100 mg/d) ihre Wirkung verstärkt werden. Besonders effektive Kombinationen sind "2 NRTI mit einem NNRTI, einem INI oder geboostertem PI".1

Non-inferiority bestätigt

Die lebenslange Therapie kann jedoch auch mit Lebensqualität-schmälernden Nebenwirkungen einhergehen. Die kumulative Toxizität der Medikamentenkombinationen ist ein Problem, das nach einer Lösung verlangt. Hier kommt die Kombinationstherapie Dolutegravir/Rilpivirine ins Spiel. Die Forschungsgruppe um Josep M Llibre hatte sich zum Ziel gesetzt, durch eine Zweierkombination die Risiken durch kumulative Toxizität zu reduzieren. Sie verglichen hierzu das bisher angewandte ART-Regime mit der Kombinationstherapie Dolutegravir 50 mg plus Rilpivirine 25 mg. In dieser Phase-III-Studie wurden HIV-positive Patienten mit einem Alter von mindestens 18 Jahren und einer stabilen HIV-1 RNA von unter 50 RNA-Kopien/ml eingeschlossen. Die Studienteilnehmer hatten zuvor 1-2 ART erhalten. Der primäre Endpunkt der Studie war die gewünschte Viruslast von unter 50 RNA-Kopien/ml in der 48. Woche mithilfe der Studienmedikation beizubehalten. Insgesamt wurden 516 Patienten mit der Kombination aus Dolutegravir 50 mg plus Rilpivirine 25 mg und 512 mit der bisherigen ART therapiert. In beiden Therapiegruppen erreichten 95% der Patienten in der 48. Therapiewoche das Studienziel, eine Viruslast von unter 50 RNA-Kopien/ml. Dies bedeutet, dass die Kombination aus Dolutegravir/Rilpivirine den bisherigen ART-Regimen in ihrer Effektivität nicht unterlegen ist.2

Das ist nun alles gut und schön, doch wie sieht es mit den Nebenwirkungen aus, die für eine reduzierte Medikamenteneinnahme in Kauf genommen werden?

Nebenwirkungen

Ein Zehntel der Studienpatienten aus der Dolutegravir/Rilpivirine-Therapiegruppe litt genauso wie die Studienpatienten aus der ART-Gruppe (10%) unter einer Nasopharyngitis. In der Dolutegravir/Rilpivirine-Therapiegruppe berichteten 8% der Patienten unter Kopfschmerzen zu leiden. In der ART-Gruppe waren es 5%, was kein großer Unterschied ist. Insgesamt hat die Kombinationstherapie aus Dolutegravir/Rilpivirine ein adäquates Sicherheitsprofil.2

In den USA ist die Kombinationstherapie aus Dolutegravir/Rilpivirine seit November 2017 durch die FDA zugelassen. Das bisher erste Zwei-Substanzen-Regime ist nun auch in Deutschland erhältlich. Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit der Umsetzung im klinischen Alltag gemacht? Gerne können Sie von Ihrem Erfahrungsschatz in der Kommentarfunktion berichten.

Weitere detaillierte Informationen zu diesem Thema finden Sie im esanum HIV Infocenter.

Referenzen:
1. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/055-001l_Antiretrovirale_Therapie_der_HIV_Infektion__2014-05.pdf 
2. Labre J. M. et al. (2018). Efficacy, safety, and tolerability of dolutegravir-rilpivirine for the maintenance of virological suppression in adults with HIV-1: phase 3, randomised, non-inferiority SWORD-1 and SWORD-2 studies. The Lancet. Vol. 391, No.10123, p839-849