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Sexuell übertragbare Infektionen – eine bleibende Herausforderung

Der Mpox-Ausbruch im Jahr 2022 in Deutschland und die aktuell unkontrollierte Verbreitung des "monkeypox virus" auf dem afrikanischen Kontinent zeigen, wie relevant STI nach wie vor sind – ein aktueller Überblick.

Erregerspektrum von STI

Zunächst das Wichtigste:

  1. bei Vorliegen einer STI immer auch an andere STI denken!
  2. bei Diagnostik und Therapie Sexualpartner miteinbeziehen!

Wenn beides berücksichtigt wird, stehen die Chancen für eine erfolgreiche Behandlung gut. Da zahlreiche Erreger auf dem Sexualweg übertragen werden können, sind Koinfektionen häufig. Der Einbezug der Sexualpartner (der letzten 6 Monate) ist wiederum wichtig, um die Infektionskette zu unterbrechen und Reinfektionen zu vermeiden.

Bakterielle und virale STI: was Sie wissen sollten

Chlamydien und Gonokokken

Klinisch sind Infektionen mit Chlamydien und Gonokokken in der Regel nicht zu unterscheiden, daher sollte bei Verdacht eine Testung auf beide Erreger erfolgen. Da Gonokokken zunehmend Resistenzen entwickeln, sollte außerdem eine Kultur mit Resistenztestung angelegt werden. Sie wird spätestens bei einem Therapieversagen relevant.

Auch wenn eine Infektion asymptomatisch verläuft, besteht eine Therapieindikation, um Spätfolgen zu vermeiden. Mittel der Wahl bei Chlamydien ist Doxycyclin, bei Gonokokken Ceftriaxon. Aufgrund der steigenden Resistenzraten läuft aktuell die Suche nach alternativen Therapieoptionen gegen Gonokokken. In einer Phase-III-Studie wird derzeit ein neuartiges Antibiotikum untersucht, das auch bei Harnwegsinfektionen zum Einsatz kommen könnte.

Treponema pallidum und HIV

Die Syphilis wird je nach Stadium unterschiedlich behandelt, wobei Penicillin G stets Mittel der Wahl ist, ab dem Sekundärstadium ggf. kombiniert mit Prednisolon. Bei den serologischen Kontrollen des Therapieerfolgs nach 3, 6 und 12 Monaten ist es wichtig, dasselbe Labor zu beauftragen, um die Titer vergleichen zu können.

Kontrovers wird aktuell die Post- bzw. Präexpositionsprophylaxe mit Doxycyclin (Doxy-PEP/PrEP) diskutiert. Die Deutsche STI-Gesellschaft befürwortet keinen breiten Einsatz bei allen sexuell aktiven Personen, sondern lediglich bei Risikogruppen nach individueller Abwägung. 

Dagegen ist die Prophylaxe bei HIV etabliert. Allerdings sollten Personen, die eine kontinuierliche PrEP einnehmen, infektiologisch angebunden sein und regelmäßig kontrolliert werden. Bei einer PEP muss zuvor je nach Infektionsrisiko eine Kosten-Nutzen-Abwägung erfolgen.

Bei einer akuten Infektion ist so rasch wie möglich eine adäquate Therapie einzuleiten. Ziel ist, die Viruslast unter die Nachweisgrenze zu senken (virologisches Ansprechen) und die T-Helferzellen zu normalisieren (immunologisches Ansprechen). Inzwischen gibt es ausreichende Zweifachkombination in einer Ein-Tabletten-Formulierung, was die Einnahme deutlich erleichtert. Seit Dezember 2020 ist außerdem eine duale Injektionstherapie zugelassen.

Humane Papillomaviren und Mpox

Die Einführung der HPV-Impfung im Jahr 2007 zeigt inzwischen erste erfreuliche Ergebnisse. In einer Anfang 2024 veröffentlichten Beobachtungsstudie aus Schottland trat bei keinem der im Alter von 12 bis 13 Jahren immunisierten Mädchen ein Zervixkarzinom auf; bei später immunisierten Frauen waren es signifikant weniger.

Dagegen gibt der aktuelle Mpox-Ausbruch in Afrika Grund zur Sorge. Nachdem die ansteigenden Fallzahlen vor zwei Jahren hierzulande mit gezielten Impfungen und Präventionsmaßnahmen wieder gesenkt werden konnten, breitet sich das Virus dort gerade unkontrolliert aus. Vor allem bei immunsupprimierten Menschen und kleinen Kindern besteht die Gefahr von schweren Verläufen.

Große Verantwortung der behandelnden Ärzte

So bleiben STI auch im 21. Jahrhundert relevant. Das erfordert einen offenen Umgang der behandelnden Ärzte mit der Thematik. Heikle, sehr persönliche Fragen zur sexuellen Orientierung, der Partnerwahl, speziellen Praktiken und auch zu einem möglichen Drogenkonsum müssen behutsam gestellt und die Patienten für eine erforderliche Therapie inklusive Partnerbehandlung gewonnen werden. Nicht zuletzt Infektiologen kommt hier eine besondere Verantwortung zu.
 

Quelle:
Horn-Magar C et al. Eine STI kommt selten allein – sexuell übertragbare Infektionen im Überblick. Innere Medizin 2024; 65: 999–1008. https://doi.org/10.1007/s00108-024-01775-3.