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Auf dem Weg zu neuen Meilensteinen in der HIV-Therapie

Das Leben mit HIV ist nicht nebenwirkungsfrei. Gerade die Langzeitfolgen der lebenslangen Therapie treten beispielsweise in Form eines erhöhten kardiovaskulären Risikos zutage.

Überleben bedeutetet immer mehr Lebensqualität

Die moderne antiretrovirale Therapie bringt den Menschen mit HIV in der Mehrzahl der Fälle heute eine annähernd gleiche Lebensspanne wie sie die Allgemeinbevölkerung aufweist. Dennoch ist das Leben mit HIV selbstverständlich nicht nebenwirkungsfrei. Gerade die Langzeitfolgen der lebenslangen Therapie treten beispielsweise in Form eines erhöhten kardiovaskulären Risikos zutage.

Die medizinische Forschung ruht sich daher auch keineswegs auf den gemachten Erfolgen aus, sondern fokussiert nun darauf, weitere Therapeutika mit guter Wirksamkeit selbst bei multiplen Resistenzen, mit längeren Dosis-Intervallen und deutlich weniger Langzeitnebenwirkungen zu entwickeln. In den vergangenen zehn Jahren hat es die moderne Medizin mit der ART nicht nur geschafft, das Überleben von HIV-Patienten zu sichern, sondern dabei auch eine gute Lebensqualität und eine vergleichbare Lebenserwartung wie die Allgemeinbevölkerung zu ermöglichen.

Die Weiterentwicklung der Therapie steht jedoch keineswegs still. Patienten wünschen sich beispielsweise längere Dosis-Intervalle, die über die tägliche Einnahme hinausgehen, wie wöchentliche, monatliche oder sogar 2-monatliche Einnahmemöglichkeiten. Darüber hinaus werden alternative Darreichungsformen angedacht und erprobt, z. B. i. m.- und s. c.-Injektionen oder sogar Infusionen.

Für den großen Bereich der Präexpositionsprophylaxe (PrEP) sind zukünftig neben der täglichen Tablette ebenso nachfüllbare Implantate oder sogar biodegenerierbare Implanons vorstellbar. Das Aufregende an diesen neuen Konzepten ist jedoch, dass sie keinesfalls nur ferne Zukunftsmusik sind. Einige dieser Verfahren und auch neue Wirkstoffe befinden sich bereits in der Entwicklung und teilweise sogar in den ersten Phasen der klinischen Testung.

Die spannendsten Kandidaten einer zukünftigen HIV-Therapie

Einen ersten vielversprechenden Ansatz bietet Fostemsavir, welches an das gp-120 des HI-Virus bindet und somit das Attachement an die Wirtszellen verhindert. Eine Phase-II-Studie zeigte kürzlich, dass Fostemsavir in etwa 61 % der Patienten zu einer Reduktion der Viruslast unterhalb der Nachweisgrenze führte. Allerdings gab es in bis zu 10 % der behandelten HIV-Patienten auch kein messbares Ansprechen auf die Substanz. Ob es sich dabei um wirkende Resistenzmechanismen handelte, ist unklar.

Ein weiteres potenzielles Therapeutikum ist PRO-140, ein humanisierter monoklonaler CCR5-Antikörper. Dieser ist wirksam beim CCR5-tropen Virus und es zeigte sich, dass bei Behandlungszeiten > 40 Wochen in 81,3 % eine Zurückdrängung des HI-Virus unter die Nachweisgrenze erfolgte. Bei Behandlungsdauern > 2 Jahren profitierten noch immer 62,5 % der Studienteilnehmer von PRO-140.

Mit dem monoklonalen anti-CD4-Antikörper Ibalizumab wurde sogar ganz aktuell im März 2018 die erste dieser modernen Therapieformen durch die FDA in den USA bei Patienten mit multi-drug-resistentem HIV zugelassen. Die Infusion erfolgt i. v. alle zwei Wochen und nach 24 Wochen befinden sich circa 43 % der Patienten unter der Nachweisgrenze. Der Antikörper selbst wirkt im menschlichen Körper nicht immunogen.

Besonders interessant, weil so vielseitig, ist der Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Translokationsinhibitor (NRTTI) MK-8591. Die lange Halbwertszeit von etwa 120 bis 210 Stunden ermöglicht einerseits längere Therapieintervalle, andererseits genügen bereits geringe Dosen (0,25 mg), um eine ausreichende Wirkstoffsättigung beispielsweise in der Rektalschleimhaut zu erreichen. Damit könnte MK-8591 nicht nur als Therapeutikum in Kombinationstherapien zukünftig eine Rolle spielen, sondern ebenso interessant für die Anwendung in der PrEP werden.

Fazit

Die Erfolge der vergangenen zehn Jahre in der HIV-Therapie ermöglichen es der Medizin heute, neben dem Überleben der Patienten insbesondere auch deren Lebensqualität und langfristige Gesundheit trotz HIV-Infektion zu fokussieren. Desweiteren spielen zukünftig alternative Darreichungsformen und längere Wirkzeiten der Substanzen eine größere Rolle.

Ebenso wichtig ist es jedoch, dass mit vielen der derzeit in der Erprobung befindlichen Therapieansätze, neue Wege und neue Substanzklassen, wie beispielsweise monoklonale Antikörper, getestet werden. Diese sollen es im günstigsten Fall ermöglichen, Resistenzen des HI-Virus zu durchbrechen und so auch heute schwer therapierbaren Patienten mit multiresistenter HIV-Infektion zukünftig eine neue Behandlungsoption anbieten zu können.

Quelle:
Seminarblock A "Vedolizumab, Ibalizumab, PRO-140 und die anderen: neue Behandlungsansätze bei HIV", 17. Münchner AIDS- und Hepatitis-Tage, 24.03.2018, Berlin.