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Ab durch die Nase

Bereits im Jahr 2012 wurde ein Grippeimpfstoff "Fluenz" vorgestellt. In Europa ist er zugelassen für die Altersgruppen 2 bis <18 Jahre. Bei Erwachsenen zeigt er Unterlegenheit gegenüber anderen gängigen Impfstoffen.

Die letzten beiden Blog-Beiträge haben sich der wieder anstehenden Grippe-Impfung gewidmet. Bereits im Jahr 2012 wurde ein Grippeimpfstoff FluenzTM vorgestellt, der in Form eines Nasensprays verabreicht werden konnte. Der erhoffte Vorteil war eine erhöhte Akzeptanz der jährlichen Impfung bei Kindern und Jugendlichen. Für manche Kinder ist der kurze Pieks eine traumatische Erfahrung.1 In Europa ist der Impfstoff zugelassen für die Altersgruppen 2 bis <18 Jahre. Bei Erwachsenen zeigt der Impfstoff Unterlegenheit gegenüber anderen gängigen Impfstoffen.2

Was machte Fluenz damals zu einem "Influencer"?

Bei Fluenz handelt es sich um einen attenuierten Lebendimpfstoff. Dahinter steckt folgendes Impfprinzip: Da Fluenz kälteadaptiert und thermosensitiv ist, werden die abgeschwächten Virusstämme nur im Nasopharynx aktiv. Der Impfstoff besitzt ein hohes immunogenes Potenzial und trägt einen wichtigen Teil zur Herdenprotektion bei. Zugelassen wurde Fluenz erst ab einem Alter von 2 Lebensjahren, da der Impfstoff in der Altersklasse <2 Jahren mit einem gehäuften Auftreten von Atemproblematiken wie Giemen/"Wheezing" mit Hospitalisierung einherging. In sehr seltenen Fällen konnte in einem bisher noch nicht ganz eindeutigen Zusammenhang das Auftreten eines Guillain-Barré-Syndroms beobachtet werden.

Kontrapunkt des attenuierten Lebendimpfstoffes ist eine mögliche Übertragung auf den immunsupprimierten Bevölkerungsanteil. Die geimpften Kinder und Jugendliche sollten daher für den Zeitraum von 1-2 Wochen den Kontakt zu immunsupprimierten Verwandten vermeiden. Eine klinisch relevante Immunschwäche stellt eine Kontraindikation für eine Impfung mit Fluenz dar. Eine weitere Kontraindikation ist die Einnahme von Salicylat, da hierdurch das Risiko für ein Reye-Syndrom erhöht wird. Mit Vorsicht sollte die Impfindikationsstellung bei Kindern und Jugendlichen mit Atemwegserkrankungen gestellt werden.2

Wie sieht die aktuelle STIKO-Empfehlung zu Fluenz aus?

Seit 2013 sollen Kinder im Alter von 2-6 Jahren mit "erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens" gegen Influenza mittels intranasaler Verabreichung von Fluenz geimpft werden. Der Lebendimpfstoff wurde bisher aufgrund einer verbesserten Wirksamkeit gegenüber dem Totimpfstoff bevorzugt. Nachteil von Fluenz ist eine äußerst schwache Protektion gegenüber den A/H1N1-Influenzaviren. Daher hat sich auch die STIKO-Empfehlung geändert und der nasale Impfstoff wird gleichermaßen wie der konventionelle Totimpfstoff empfohlen.3

So weit so gut, was hat sich denn dieses Jahr geändert an dem neuen als Nasenspray erhältlichen Impfstoff. Was steckt dahinter?

Mit DNA-Impfstoff und Multidomain-Antikörpern ans Ziel

In der Fachzeitschrift Science wird der neue als Nasenspray erhältliche Grippeimpfstoff vorgestellt. Es handelt sich hierbei um einen künstlich hergestellten DNA-Impfstoff. Im Tiermodell überzeugt er jedenfalls schon und bei den getesteten Zellkulturen schützt er vor 59 der 60 Influenza-Erregertypen. Neben seiner eleganten intranasalen Verabreichungsform soll auch der Gang zum Hausarzt zur jährlichen Grippeimpfung nicht mehr notwendig sein. Ermöglicht werden soll dies durch das Hervorrufen von gegen die Virus-DNA breit wirksamen Antikörpern nach Impfung. Ein länger anhaltender Impfschutz ist das Ziel des neuen Impfstoffes. Auch soll er bei älteren Menschen, deren Immunsystem nicht mehr optimal auf konventionelle Grippeimpfungen reagiert einen besseren Schutz durch breit wirksame Antikörper bieten.4,5

Kamelide Immunglobuline: Mit Schweiß und Spucke ans Ziel

Laursen et al. versuchten eine Methode zu entwickeln, breit wirksame Antikörper gegen Influenza hervorzurufen. Diese sind gegen mehrere Epitope der Influenzaviren gerichtet und vermitteln so einen verbesserten Impfschutz sowie Kreuzprotektion. Die Forschungsgruppe verwendete in ihren Tierversuchen einen Adenovirus-basierten Impfstoff. Der Adenovirus diente hier als DNA-Vektor. Geforscht wurde an Lamas, da diese einige Besonderheiten in ihrem Immunsystem aufweisen. Nach Impfung mit einem Grippe-Impfstoff oder strukturellen Bestandteilen des Influenza-Virus produzieren Lamas dünnere Antikörper als es beim Menschen der Fall wäre. Die humanen Antikörper sind Y-förmig und bestehen aus zwei schweren und zwei leichten Ketten. Die Leichtketten dienen als Äste der Y-Struktur. Den Lama-Antikörper fehlen diese Leichtketten. Die Schwere-Ketten-Antikörpern der Lamas besitzen eine höhere Stabilität und eine bessere Gewebegängigkeit. Sie sind in der Lage mit nur einer Kette die Antigenbindung zu realisieren. Sie haben dadurch Zugang zu Virusregionen die den humanen Antikörpern versagt bleiben.4,5

Diese besonderen Virusregionen sind bei den verschiedenen Influenza-Stämmen gleichermaßen vertreten. Mithilfe von vier der auf diese Weise gewonnen Antikörper haben die Forscher die Genstruktur kreiert, die schließlich im Nasenspray landen sollte. Im Tiermodell können Mäuse durch intravenöse Gabe des multidomain-Antikörpers MD3606 vor einer Infektion mit Influenza-A-und B-Viren geschützt werden. Die Mäuse, die die genetischen Informationen zur Produktion des multidomain-Antikörpers MD3606 über den rekombinanten adenoviralen Vektor erhalten haben, profitierten ebenfalls hiervon. Ob das Ganze auf uns Menschen übertragbar ist, muss in weiteren Studien noch gezeigt werden.4,5 Aktuelle Informationen und Materialien zum Thema finden Sie im Infocenter Impfen.

Im Beitrag von nächster Woche gehen wir auf die zunehmende Antibiotika-Resistenz von Geschlechtskeimen ein. Besorgniserregend war hier ein Fall in England mit einem multiresistenten Tripper.

Referenzen:
1. Taddio A, Chambers CT, Halperin SA, et al.  Inadequate pain management during childhood immunizations: the nerve of it. Clin Ther 2009;31(Suppl 2):S152–67.
2. Scott L. J. et al. (2012). Live attenuated influenza vaccine (Fluenz™): a guide to its use in the prevention of seasonal influenza in children in the EU. Paediatr Drugs. 2012 Aug 1;14(4):271-9. doi: 10.2165/11207080-000000000-00000.
3. STIKO: Epid. Bull. 2016; Nr. 39: 442-3.
4. Laursen N. S. et al. (2018).Universal protection against influenza infection by a multidomain antibody to influenza hemagglutinin. In: Science, 2. November 2018, Vol. 362, Issue 6414.
5. Cohen J. (2018). Llama antibodies inspire gene spray to prevent all flus. In: Science, 2. November 2018, Vol. 362, Issue 6414.