Wie reagiert das Immunsystem auf eine Impfung mit einem Messenger-RNA-Impfstoff nach durchgemachter COVID-19-Infektion? Logo of esanum https://www.esanum.de

Wie reagiert das Immunsystem auf eine Impfung mit einem Messenger-RNA-Impfstoff nach durchgemachter COVID-19-Infektion?

Eine Forschungsgruppe verglich die serologischen Daten von Personen, die bereits eine COVID-19-Infektion durchgemacht haben und geimpft worden sind, mit seronegativen und seropositiven asymptomatischen geimpften Personen. Zu welchen Ergebnissen die Forschungsgruppe kam, erfahrt Ihr im heutigen Beitrag.

Die Funktionalität des Immunsystems ist abhängig von unterschiedlichen Faktoren. Genetik, Komorbiditäten und das Alter sind nur einige Faktoren, die die Reaktion des Immunsystems auf ein Pathogen abschwächen können. In Zeiten neuartiger Infektionen ist ein funktionierendes Immunsystem, welches die Infektion abwehrt und Immunität vermittelt, überlebenswichtig. Die Bevölkerung spaltet sich aus immunologischer Sicht hinsichtlich der aktuellen Pandemie in 3 Gruppen. Aktuell sind 52,5% der Menschen in Deutschland mit einem der verschiedenen COVID-19-Impfstoffe vollständig immunisiert worden. Ein weiterer Anteil der Bevölkerung hat die Infektion mit SARS-CoV-2 bereits durchgemacht und hat Immunität erlangt oder ist an den Folgen der Infektion verstorben. Der dritte Teil der Bevölkerung besitzt noch keine Immunität gegen das neuartige Coronavirus. Ende dieses Monats wurde in der renommierten Fachzeitschrift Nature ein wissenschaftlicher Artikel publiziert, der sich mit einer interessanten Thematik auseinandergesetzt hat. Die Forschungsgruppe verglich die serologischen Daten von Personen, die bereits eine COVID-19-Infektion durchgemacht haben und geimpft worden sind, mit seronegativen und seropositiven asymptomatischen geimpften Personen.1 Zu welchen Ergebnissen die Forschungsgruppe kam, erfahrt Ihr im heutigen Beitrag.

Wie lange hält der Impfschutz?

Wissenschaftlichen Studien zufolge sind die Messenger-RNA-basierten Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 hochwirksam bei der Prävention einer symptomatischen COVID-19-Infektion. Zum aktuellen Zeitpunkt ist noch unbekannt, wie lange der Impfschutz anhält und wie effektiv die Messenger-RNA-basierten Impfstoffe gegenüber neuartigen SARS-CoV-2-Virusvarianten sind. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Reaktion auf den Impfstoff nach früherer SARS-CoV-2-Exposition. Diese Reaktion kann unterschiedlich ausfallen.1 

27 junge erwachsene Personen wurden in die Studie eingeschlossen

In der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit hat die Forschungsgruppe die Bindungsreaktion und die neutralisierenden Antikörperreaktionen nach beiden Impfstoffdosen gemessen. Insgesamt wurden die serologischen Daten von 27 Personen analysiert. Das Durchschnittsalter lag bei 39,7 Lebensjahren. Das weibliche Geschlecht überwog mit rund 52%. 59,3% der Patientinnen und Patienten erhielten den Impfstoff des Pharmaunternehmens Pfizer und 40,7% des Pharmaunternehmens Moderna. In die Studie wurden diejenigen Personen eingeschlossen, die vor der Impfung symptomatisch und asymptomatisch seropositiv bzw. seronegativ waren. Die Nachbeobachtungszeit nach der ersten Impfung lag bei etwa 3 Monaten. In diesem Zeitraum wurden serologische Proben durchschnittlich 18,5 Tage nach der ersten Dosis und zweimal nach der zweiten Dosis entnommen. Diese beiden letzteren Untersuchungen erfolgten durchschnittlich 20,7 Tage und 56,3 Tage nach der zweiten Immunisierung.1

Das quantitative Immunassay liefert solide Daten

Das Immunassay ist eine Methode aus der Bioanalytik, die zum Nachweis von Antigenen und Antikörpern in u.a. Körperflüssigkeiten dient. Der Nachweis und die Mengenbestimmung erfolgen mittels markierter Reagenzien. In der vorliegenden Studie wurde die gegen die SARS-CoV-2-Rezeptorbindungsdomäne gerichteten Immunglobuline G (Anti-RBD-IgG) mittels quantitativen Immunassay gemessen.  Anschließend wurde ein Surrogat-Virusneutralisationstest (sVNT) verwendet, um die Hemmung der Bindung an den ACE2-Zellrezeptor in vitro zu messen. Es wurde die mediane Hemmung gegen das Wildtyp (Wuhan) SARS-CoV-2-Spikeprotein sowie gegen die folgenden Spike-Varianten bestimmt: B.1.1.7, B.1.351 und P.14.1

Messenger-RNA-basierte Impfstoffe sind hochwirksam in der Prävention symptomatischer SARS-CoV-2-Infektionen

Die Auswertung der serologischen Daten bestätigte deutlich die Wirksamkeit der Messenger-RNA-basierten Impfstoffe. Der mediane Anti-RBD-IgG-Spiegel stieg nach der zweiten Impfstoffdosis im Vergleich zur ersten Dosis um das Fünffache (4,2 μg/mL gegenüber 21,0 μg/mL) an. Nach der ersten Impfdosis lag die mediane Hemmung gegen das Wildtyp-Spikeprotein bei rund 60% und erreichte nach der zweiten Immunisierung fast 98%.1 

Wie effektiv sind die Messenger-RNA-basierten Impfstoffe gegen die SARS-CoV-2-Virusvarianten?

Die Forschungsgruppe wollte herausfinden, wie wirksam die Messenger-RNA-basierten Impfstoffe gegenüber den Virusvarianten B.1.1.7, B.1.351 und P.14 sind. Nach Analyse der serologischen Daten kam sie zu einem ernüchternden Ergebnis. Die mediane Hemmung gegenüber den Virusvarianten fiel deutlich geringer aus. Die mediane Hemmung der Virusvariante P.14 lag bei 27,1% und 70,0% nach der ersten und zweiten Impfdosis. Gegenüber der Virusvariante B.1.351 konnte eine mediane Hemmung von 34,2% und 66,7% nach der ersten und zweiten Impfung gemessen werden. Bei der Virusvarianten B.1.1.7 zeigte sich eine mediane Hemmung von 45,9% und 92,0% nach Verabreichung der ersten und zweiten Impfdosis. Bereits nach 3 Monaten fiel die mediane Hemmung ab. Die Forschungsgruppe wollte herausfinden, welchen Einfluss die SARS-CoV-2-Exposition in der Vorgeschichte auf die Dauer und auch auf das Ausmaß der Impfreaktion hat. Hierfür führte sie weitere Analysen zu dieser Thematik durch. Lag eine COVID-19-Diagnose vor Studieneinschluss vor, so zeigte sich 3 Monate nach der ersten Impfdosis ein medianer Anti-RBD-IgG-Wert von 27,2 μg/ml. Anders sah es bei den seronegativen und bei den seropositiven asymptomatischen Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmern aus. Hier zeigte sich lediglich ein medianer Anti-RBD-IgG-Wert von 8,7 μg/ml.

Die Kernaussagen dieser Studie sind folgende:

Die Seropositivität allein reicht nicht aus, um eine robuste Antikörperreaktion auf die Impfung vorherzusagen zu können. Das deutet alles darauf hin, dass eine geringere Impfreaktion mit einem erhöhten Risiko einer Durchbruchinfektion verbunden sein kann. Die jüngsten Daten aus Israel bestätigen dies.1,2

Referenzen:
1. McDade T. W. et al. (2021). Durability of antibody response to vaccination and surrogate neutralization of emerging variants based on SARS-CoV-2 exposure history, Scientific Reports (2021).
2. Bergwerk,M.etal. (2021). Covid19 breakthrough infections in vaccinated healthcare workers. N.Engl.J.Med.