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Smart-Watch und Co. in der Kardiologie: Was können die neuen Geräte?

Digitale Devices zur Diagnostik und zum Screening von Arrhythmie kommen zunehmend im klinischen Alltag zum Einsatz. Doch was können sie wirklich und wo liegen ihre Grenzen?

Studien bestätigen Nutzen von Smart-Watches

Aufzeichnungsmöglichkeiten: Von PPG bis EKG

Es gibt nicht nur eine Vielzahl verschiedener Devices, auch die Technologie der Gerätschaften unterscheidet sich. Generell wird zwischen den EKG- und den Photoplethysmographie (PPG)- basierten Aufzeichnungsgeräten unterschieden. Letztere messen über eine Smartphone-App die Hautröte. In der Kardiologie kann die PPG der Dokumentation von Pulskurven dienen und Informationen über den Herzrhythmus liefern. Allerdings reicht dies nicht zur Diagnostik von Vorhofflimmern, Extrasystolen und Co. aus. Neben der PPG braucht es die EKG-Ableitung, um die Diagnose Herzrhythmusstörung zu bestätigen.

Die EKG-Messung bietet hier schon aussagekräftigere Daten. Die Devices, die diese Technik nutzen, können zwischen 1 und 22-Kanal-EKGs in guter Qualität protokollieren und lassen die eindeutige Differenzierung zwischen verschiedenen Arrhythmien zu.

Smartphone, Smart-Watch und Co.

Geräte, die zur Erstellung eines EKGs genutzt werden können, sind Smart-Watches, EKG-Patches und tragbare Digitalgeräte. Limitierend ist aber zum Teil die Anzahl der Ableitungen: So wird v. a. bei Smart-Watches und EKG-Patches oft nur ein 1-Kanal-EKG aufgezeichnet, welches aber nicht ausreicht, die richtige Diagnose zu stellen. Deshalb sollte, falls möglich, die Einstellung der digitalen Devices modifiziert und die Protokollierung von Mehr-Kanal-EKGs gewählt werden.

Allerdings ist nicht bei allen Geräten diese Umprogrammierung möglich; denn viele Smart-Watches verfügen nur über die Option der 1-Kanal-Aufzeichnung. Eine Erweiterung auf ein 3-Kanal-EKG lässt sich aber recht unkompliziert durch das Umsetzen des bi-oder tripolaren Devices erzielen, z. B. indem es auf das linke Bein aufgelegt wird.

Eine weitere Option sind EKG-Patches, die auf dem Körper aufgeklebt werden. Die Geräte sind sehr effizient und haben sogar eine höhere diagnostische Aussagekraft als das traditionelle 24-Stunden-EKG. Einziger Nachteil ist die recht kurzlebige Batterie und die begrenzte Haltbarkeit des Adhäsivs.

Konsensus der EHRA: Digitale Devices zur Diagnostik der Arrhythmie

Trotz der zahlreichen Gerätschaften, die auf dem Markt sind, bleibt der Goldstandard zur Diagnose der Herzrhythmusstörung das konventionelle 12-Kanal-EKG. Allerdings ist dieses nicht jederzeit und überall verfügbar. Darüber kann eine Arrhythmie nur festgestellt werden, wenn die Untersuchung in einem symptomatischen Intervall durchgeführt wird.

EKG-basierte digitale Geräte können hier Abhilfe schaffen, da sie vielerorts einsetzbar sind und auch in asymptomatischen Phasen genutzt werden können. Auch eignen sich die EKG-ableitenden Devices als Eventrekorder zur Diagnose paroxysmaler Arrhythmien.

So lautete der Konsensus der EHRA, dass digitale EKG-Aufzeichnungen zur Diagnose von arrhythmischen Ereignissen eingesetzt werden sollten, falls ein 12-Kanal-EKG z. B. aus zeitlichen Gründen nicht zur Verfügung steht. Falls die PPG zur Abklärung verwendet wird, muss ein auffälliger Befund mittels 12-Kanal-EKG bestätigt werden. Alternativ kommt bei Nichtverfügbarkeit die EKG-Ableitung mittels digitalem Device in Frage. Allerdings muss bedacht werden, dass auch ein regulärer Herzschlag in der PPG-Messung eine kardiale Rhythmusstörung wie Vorhofflimmern nicht gänzlich ausschließt.

Screening bei Vorhofflimmern

Eine weitere Einsatzmöglichkeit der Devices ist das Screening auf Vorhofflimmern. Die Konsensus-Arbeit der EHRA empfiehlt den Einsatz von EKG-basierten Digitalgeräten zur Überprüfung der Subpopulation, die aufgrund ihres Alters, Komorbidität oder Vorerkrankung besonders gefährdet ist: Demnach sollte für alle Personen ab dem 75. Lebensjahr und/oder bei Schlaganfall in der Anamnese ein systematisches Screening erfolgen. Jüngere Individuen sind bezüglich ihrer Begleiterkrankungen (z. B. COPD, Diabetes) zu evaluieren und gegebenenfalls einem Screening zu unterziehen.

Fazit für die Praxis

Der Einsatz von digitalen Geräten kann zur Diagnostik von Arrhythmien und u.a. zum Screening von Vorhofflimmern herangezogen werden. Hierbei besitzen die EKG-basierten Devices eine höhere Aussagekraft als jene mit PPG-Technik. Trotz der recht attraktiven und jederzeit einsetzbaren Technologie sollte nicht vergessen werden, die digitale Kompetenz der Betroffenen zu berücksichtigen, bevor derartige Gerätschaften empfohlen werden.

Referenzen: 

  • Svennberg, E. et al. How to use digital devices to detect and manage arrhythmias: an EHRA practical guide, EP Europace, 2022; euac038, https://doi.org/10.1093/europace/euac038.
  • Duncker, D., Prof. Dr. med., Medizinische Hochschule Hannover, Sitzung: Telemonitoring 2022 – Aktueller Stand und Perspektiven, Vortrag: SMART-Watch-EKG – Wobei hilft es und wo sind die Grenzen? Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, 20.04.2022.