Ist die terminale Niereninsuffizienz auch ohne Dialyse behandelbar? Logo of esanum https://www.esanum.de

Konservative Versorgung statt Dialyse: eine Option bei terminaler Niereninsuffizienz?

Wie sieht es aus mit der Lebensqualität, Überlebenszeit und Krankenhausaufenthalten, wenn Personen mit terminaler Niereninsuffizienz eine Dialyse ablehnen?

Vorteile und Nachteile des konservativen Krankheitsmanagements

  • Das konservative Krankheitsmanagement kann für manche Individuen durchaus eine mögliche Alternative zur Nierenersatztherapie sein.
  • Personen mit terminaler Niereninsuffizienz, die eine Dialyse ablehnen, können mehrere Jahre überleben und eine hohe Lebensqualität bis in die letzten Lebensmonate haben.
  • Ein konservatives Vorgehen geht allerdings mit häufiger Inanspruchnahme von akut medizinischer Hilfe (z.B. Notaufnahme, Klinik) einher.

Dialyse ja oder nein – eine schwierige Entscheidung

Der Gedanke, ob wirklich eine Dialyse begonnen bzw. fortgeführt werden sollte, beschäftigt so manche mit stark eingeschränkter Nierenfunktion; insbesondere in einem höheren Lebensalter und bei Vorhandensein weiterer Begleiterkrankungen wird von den Betroffenen zum Teil eine konservative Versorgung erwogen. Zwar wird nachgewiesenermaßen eine längere Überlebenszeit unter der Nierenersatztherapie erzielt, allerdings empfinden viele die häufigen Aufenthalte im Dialysezentrum als belastend.

Nicht selten suchen die Erkrankten mit ihren Überlegungen und Zweifeln Rat in der ärztlichen Praxis. Wichtige Themen, welche die Betroffenen beschäftigen, sind u.a. die Lebensqualität, Überlebenszeit und medizinische Betreuung im Falle einer Ablehnung der Nierenersatztherapie. Für die sehr individuelle Patientenberatung kann diesbezüglich eine aktuelle Metaanalyse helfen. In dieser Arbeit wurde untersucht, mit welchen Langzeitfolgen zu rechnen ist, wenn Personen mit terminaler Nierenerkrankung keine Dialyse durchführen lassen.

Lebenszeit und -qualität ohne Dialyse: viele Jahre ohne gravierende Einschränkung

Im Rahmen der Studie wurden 41 Forschungsarbeiten mit insgesamt 5.102 Probanden analysiert (Durchschnittsalter: 60 bis 87 Jahre, eGFR: 7 bis 19 ml/min/1,73 m2), die sich gegen eine Nierenersatztherapie entschieden hatten.

Folgende Daten wurden im Langzeitverlauf eruiert: 

  • Lebensdauer: Die mediane Überlebenszeit der Probanden lag bei 1–41 Monaten.
  • medizinische Versorgung: Durchschnittlich kam es jährlich zu 1 bis 2 Krankenhausaufnahmen mit 6 bis 16 stationären Tagen. Pro Jahr wurden Kliniken 7 bis 8 Mal ambulant und Notaufnahmen 2 Mal aufgesucht.
  • Lebensqualität: Während des Beobachtungszeitraums von 8 bis 24 Monaten verbesserte sich das mentale Wohlbefinden der teilnehmenden Personen. Der körperliche Gesundheitszustand und die Lebensqualität blieben überwiegend bis zu einem weit fortgeschrittenen Krankheitsstadium stabil.
  • Betreuung am Lebensende: Unter den Erkrankten, die während der Nachbeobachtungszeit verstarben, verschieden 20% bis 76% in einem Hospiz, 27% bis 68% in der Klinik und 12% bis 71% zu Hause. Während des letzten Lebensmonats befanden sich 57% bis 76% in klinischer Betreuung und 4% bis 47% wurden einem invasiven Eingriff unterzogen.

Fazit für die Praxis

Wie die vorgestellte Metaanalyse zeigen konnte, überleben viele Personen, die eine Dialyse ablehnen, mehrere Jahre und erleben erst im späten Krankheitsverlauf eine Minderung der Lebensqualität. Trotz dieser recht positiven Beobachtungen müssen Betroffene damit rechnen, dass häufige Klinik- und Arztbesuche notwendig sein werden. Diese Erkenntnisse können der Ärzteschaft dabei helfen, die Rat suchenden Betroffenen mit wertvollen Informationen zu versorgen und bei ihrer Entscheidungsfindung zu unterstützen.
 

Quelle: Wong SPY, Rubenzik T, Zelnick L, et al. Long-term Outcomes Among Patients With Advanced Kidney Disease Who Forgo Maintenance Dialysis: A Systematic Review. JAMA Netw Open. 2022;5(3):e222255. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.2255