Mittagsschlaf mit gutem Einfluss auf das Gedächtnis Logo of esanum https://www.esanum.de

Damit das Gedächtnis nicht wegnickt: Mittagsschlaf steigert kognitive Leistung

Die Effizienz unserer Lernfähigkeit lässt im Tagesverlauf nach. Studien offenbaren, dass ein "Powernap" diese wiederherstellt und zeigen, was dabei im Gehirn passiert.

Anderswo schon Normalität: Mittagspausen mit Schlafmöglichkeit

"Die Kunst des Ausruhens ist ein Teil der Kunst des Arbeitens" (John Steinbeck)

Nickerchen waren lange als Zeichen von Faulheit verpönt, dabei ist die Tendenz, zu einer bestimmten Zeit in ein Müdigkeitstief zu rutschen, biologisch mitbedingt: neben der Hauptschlafphase in der Nacht gibt es erwiesenermaßen eine Tagschlafphase mit Leistungsknick, höherer Fehlerrate und niedrigerer Körpertemperatur.3 Der Zeitpunkt dieses Tiefs ist für jeden unterschiedlich, je nach Chronotyp und Schlaf-/ Arbeitsrhythmus.

In einer Gesellschaft, in der auch nächtlicher Schlafmangel immer prävalenter wird, stellt sich die Frage, was mehr Produktivität kostet: über den Tag immer abgeschlagener zu werden und das Schlafbedürfnis immer wieder mit Kaffeetrinken oder Rauchen zu übergehen – oder einmal am Tag einen kurzen Schnitt zu machen und dafür anschließend wieder durchzustarten. Beispielsweise in Japan scheint sich dieses Bild schon länger dahingehend gewandelt zu haben, dass echte Arbeitstiere einen Powernap einlegen. Sowohl an Schulen als auch unter Geschäftsleuten hat diese Praxis vor Jahren eine Renaissance erfahren, in Großstädten gibt es eigens eingerichtete Schlafsalons. 

Mittagsschlaf: Auf das "Wie" kommt es an 

Das individuelle Schlafbedürfnis und die Schlafphasen sind für jeden unterschiedlich, aber viele Daten sprechen dafür, dass ein kurzer Nap von etwa 30 Minuten bereits ausreicht, um in den Vorzug der regenerativen Effekte zu kommen – mehr ist beim Thema Mittagsruhe nicht besser, nicht zuletzt, weil dieser dann auch den Nachtschlaf beeinträchtigen kann. "Idealerweise sollte ein Nickerchen zwischen 20 und 40 Minuten dauern, damit man sich unmittelbar nach dem Aufwachen nicht benommen fühlt", sagt Dr. Charlene Gamaldo, medizinische Leiterin des Johns Hopkins Sleep Disorders Center.4

Insbesondere nach dem Mittagessen ist ein guter Zeitpunkt, da hier bei vielen das natürlich einsetzende chronobiologische Tief mit der Umverteilung der Durchblutung weg vom Gehirn und hin zum Verdauungstrakt zusammenfällt.

Um besser wieder wach zu werden, wird häufig empfohlen, den Raum nicht zu verdunkeln und sich nicht ins Bett, sondern bspw. einen Ruhesessel zu begeben. In den erwähnten japanischen Schlafsalons wird direkt vor dem Nap auch eine Tasse Kaffee angeboten. Die Idee dahinter: der Effekt des Koffeins setzt nach etwa einer halben Stunde ein, dann ist dieses im Blutkreislauf angekommen und soll das Aufwachen beflügeln.3

Zusammenhang zwischen Schlaf-Spindel-Oszillationen und Lernfähigkeit

Ein Kurzschlaf während des Tages ist auch aus Sicht der Hirnforschung kein bloßes "Nichtstun". Unser Gehirn braucht bekanntermaßen Zeit, um das Gedächtnis zu festigen, und das tut es insbesondere, während wir schlafen. Sog. Schlafspindeln – das sind kurze, synchronisierte Impulse elektrischer Aktivität, die während des Leichtschlafes (NREM-Schlaf der Stufe 2) auftreten – "wiederholen" Erinnerungen, indem sie dieselben Muster neuronaler Aktivität reaktivieren, die während einer früheren Erfahrung abgelaufen sind.

Der Wiederholungsprozess findet im Hippocampus statt (dem Sitz des Arbeits-/Kurzzeitgedächtnisses), bevor er sich auf den präfrontalen Kortex überträgt (Langzeitgedächtnis). Je nach Dauer der Erinnerungen werden sie über einzelne oder mehrere Schlafspindeln wiedergegeben.

Dieser Prozess ist wahrscheinlich einer der Gründe dafür, dass Tagesschläfchen mit einer verbesserten Gedächtniskodierung und -konsolidierung assoziiert sind.5 In Teil 2 gehen wir näher auf Studien hierzu ein.

Quellen

  1. GmbH, S. P. O.-D. Siesta in Deutschland: Warum Gewerkschaften jetzt die lange Mittagspause fordern (2019). www.swp.de
  2. Skalli, S. Das Nickerchen für sich arbeiten lassen. Die Zeit (2016).
  3. Ist ein Mittagsschlaf gesund? mylife.de
  4. Lian, A. How Napping Significantly Boosts Brain Health. ILLUMINATION (2022).
  5. Cousins, J. N. et al. Splitting sleep between the night and a daytime nap reduces homeostatic sleep pressure and enhances long-term memory. Sci Rep 11, 5275 (2021).

    letzter Zugriff auf Websites: 10.08.22