Diagnose:
In der Mikroskopie konnte Phthirus pubis eindeutig identifiziert werden (Abb. 2).
Abb. 2 Mikroskopischer Nachweis von Phthirus pubis (Abb. 2).
Paraklinik (SI-Einheiten):
CRP 10, sonst unauffälliges Routinelabor. Leuko 11, Eos 11, sonst unauffälliges Routinelabor.
Therapie und Verlauf:
Eine Blickdiagnose gelingt hier nur bei wirklich exakter und unmittelbarer Inaugenscheinnahme. Dann aber sind die bläulichen Saugstichstellen („taches bleues“) und die Parasiten selbst schon ohne Hilfsmittel recht gut erkennbar. Die Dermatoskopie sichert den Anfangsverdacht.
Phthirus pubis, im Volksmund auch „Schamlaus“ oder „Filzlaus“ genannt, verursacht das Krankheitsbild der Pediculosis pubis. Dabei handelt sich um eine permanente Ektoparasitose, bei der der flügellose Arthropode hautnah im Schamhaar nistet. Im Gegensatz zu den Kopfläusen bleiben Filzläuse überwiegend ortsständig, bohren sich an Ort und Stelle in die Haut hinein und saugen nahezu andauernd Blut. Dabei sondern die Läuse über das Speichelrohr ein blutgerinnungshemmendes Sekret ab, welches in erster Linie für den heftigen Juckreiz und für die hämorrhagischen Saugmale verantwortlich ist. Die Reaktion des Läusespeichels mit dem Hämoglobin bedingt die eingangs erwähnten schiefergrauen makulösen Verfärbungen um den Stichkanal („taches bleues“). Per Kratzinokulation können Läusekot, Bakterien oder sogar Pilze in die betroffenen Hautareale gelangen und so unter ungünstigen Bedingungen heftige allergische Lokalreaktionen oder Hautinfektionen verursachen. Hierzulande ist Phthirus pubis als potenzieller Krankheitsüberträger jedoch derzeit nicht bedeutsam. Die Schamläuse werden überwiegend durch sexuellen Kontakt übertragen und können neben der Prädilektion der Genitalregion auch auf Axel- und Brusthaar sowie auf die Wimpern übergehen. Eine kittende Substanz zum Befestigen der Eier an den Haaren führt gleichzeitig auch zu deren Verkleben, was möglicherweise auch zur Namensgebung „Filzlaus“ beitrug. Aus den Eiern schlüpfen nach 3 bis 4 Wochen neue Läuse. Ohne Kontakt zum Wirt sterben die Filzläuse schon nach 24 h ab. Bemerkenswert ist eine starke Temperaturabhängigkeit mit einem Gedeihoptimum bei 27°C. Temperaturen unter 20°C verhindern Entwicklung und Eiablage. Höhere Körpertemperaturen, etwa bei fieberhaften Erkrankungen, bewirken die Abwanderung der Läuse vom Wirt.
Abb. 3 „Verfilztes“ Schamhaar mit erkennbaren Schamläusen und deren Eiern. Die Haare verkleben durch eine spezielle Kittsubstanz mit denen die weibliche Laus die Nissen befestigt.
Schamläuse unterscheiden sich in ihrem schildartig-plumpen, gedrungenen Körperbau (Größe 1-1,5 mm) und auch in ihrer relativen Ortsständigkeit von den agileren Kopfläusen und Kleiderläusen. Die hinteren beiden der 3 Beinpaare sind klauen- bzw. krebsscheerenartig („crab louse“) verdickt und dienen dem sicheren Festhalten an den Haaren (Abb. 2).
Pediculosis pubis: Klinik, Stigmatisierung und moderne Therapieoptionen
Filzlausbefall beschert den Betroffenen sowohl physische als auch psychische Probleme. Individuell abhängig von sensorischer Sensibilität und allergischer Sensitivität ist ein mehr oder weniger stark ausgeprägter Juckreiz die primäre Symptomatik. Kratzdefekte können sekundäre Pyodermien mit Komplikationen wie Erysipel, Phlegmone oder sogar Sepsis Vorschub leisten. Aus der Antike sind letale Fälle überliefert, vermutlich aufgrund von Sekundärerinfektionen infolge der Kratzdefekte. Andererseits zählt Filzlausbefall zu den „sexually transmittied Diseases (STD)” und wird allgemein als Zeichen mangelnder Hygiene oder sogar von Unmoral angesehen.
Pediculosis pubis hat pathogenetisch nichts mit der Seefahrt zu tun, aber Hafenstädte waren traditionelle „Umschlagplätze“ für Geschlechtserkrankungen. Dies und das greifartige Festhalten der Parasiten an den Haarschäften prägten die volkstümliche Bezeichnung der „Matrosen am Mast“. Das Krankheitsbild ist wie auch andere Parasitosen (z.B. Skabies) äußerst schambehaftet. Das Ermitteln von Kontaktpersonen ist wesentlich, um Infektketten und Reinfestationen zu vermeiden.
Erste therapeutische Maßnahme ist die Rasur von Scham- und ggf. auch Axelbehaarung. Inwieweit das von einigen Autoren empfohlene Entfernen der Augenbrauen praktikabel ist erscheint fraglich. Nachdem in Deutschland Lindan wegen Toxizität verboten und auch Malathion vom Markt genommen wurde, sind Pyrethrumpräparate (Chrysanthemenblütenextrakte) in Form medizinischer Shampoos oder Einreibungstinkturen verfügbar. Permethrin ist ein synthetisches Pyrethroid. Das Kontakt- und Fraßgift wirkt auf Natriumkanäle in Nervenzellmembranen und tötet Arthropoden über Paralyse. In Deutschland für die Lokalbehandlung der Skabies zugelassen, wird es auch gegen Kopf- Kleider- und Filzlausbefall verwendet. Das für Menschen und vor allem für Kleinkinder ungefährliche Silikonöl Dimeticon dringt in die Tracheen und Nissen von Läusen ein und führt so auf rein physikalische Weise zum Erstickungstod der Parasiten. Dimeticon ist offiziell nur für die Kopflausbehandlung zugelassen, wirkt aber auch gegen die Filzläuse. Sexualpartner müssen ebenfalls behandelt werden um weitere Ausbreitung und „Ping-Pong-Infestationen“ zu verhindern. 60°C-Wäsche Bett- und Leibtextilien tötet Läuse und Nissen sicher ab. Alternativ sind die Lagerung in luftdichten Plastikbeuteln für mindestens 4 Wochen oder das Einfrieren bei -15°C für 24h.
Mit Beginn des 21. Jahrhunderts kam es zu einem deutlichen Rückgang der Pediculosis pubis in Westeuropa, was größtenteils auf die zunehmende Praxis der Scham- und Achselhaarentfernung zurückzuführen ist. Ob der derzeitige Trend einer Renaissance der Intim- und Körperbehaarung der Schamlaus ihren Lebensraum zurückgibt, bleibt abzuwarten.