Auge kann Alter und Mortalitätsrisiko vorhersagen Logo of esanum https://www.esanum.de

Die digitale Kristallkugel liefert Informationen über Alter und Mortalitätsrisiko

Eine Forschungsgruppe hat einen potenziellen Biomarker für das Altern im Bereich der Netzhaut entdeckt und hat ein Deep-Learning-Modell entwickelt, das mit Hilfe von Fundusbildern eine Altersvorhersage treffen kann.

Der "retinal age gap"

In die Studie wurden insgesamt 80.169 Fundusbilder von 46.969 Teilnehmern der UK Biobank eingeschlossen. Das Deep-Learning-Modell wurde zuvor mittels fünffacher Kreuzvalidierung an 19.200 Fundusbildern von 11.052 Teilnehmern darauf trainiert eine Altersvorhersage zu treffen. Bei 35.913 von 35.917 Teilnehmern lagen Mortalitätsdaten vor. Diese Daten wurden genutzt, um einen möglichen Zusammenhang zwischen dem "retinal age gap" und dem Mortalitätsrisiko zu untersuchen. Der "retinal age gap" wurde hierbei wie folgt definiert: Vom Deep-Learning-Modell vorhergesagtes Netzhautalter minus chronologisches Alter.1

…und das Mortalitätsrisiko

Ein Unterschied zwischen dem biologischen Alter der Netzhaut und dem tatsächlichen Alter der untersuchten Person war mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko verbunden gewesen. Auf dieses Ergebnis kam die australische Forschungsgruppe nachdem sie sich die Mikrovaskulatur der Retina genauer unter die Lupe genommen hatte. Wir wissen aus unserem klinischen Alltag, dass ein Blick auf die retinale Mikrovaskulatur Aussagen zu Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder arterieller Hypertonie ermöglicht. Die retinalen Mikrogefäße könnten daher auch für die Beurteilung der allgemeinen kardiovaskulären Gesundheit ein zuverlässiger Indikator sein. Dies macht die Nutzung des "retinal age gap" als zukünftig Screening-Instrument sehr wahrscheinlich.1,2

Genaue Aussagen zum Mortalitätsrisiko durch einen Blick auf die Netzhaut möglich

Die australische Forschungsgruppe konnte eine starke Assoziation zwischen dem vorhergesagten retinalen Alter und dem tatsächlichen Alter der jeweilig untersuchten Personen beobachten. Es lag eine Gesamtgenauigkeit von bis zu 3,5 Jahren vor. Der durchschnittliche Beobachtungszeitraum betrug 11 Jahre. In dieser Zeit verstarben 5% der Teilnehmer. Der Großteil erlag einer Krebserkrankung mit 54,5%. 17% verschieden an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Bei 51% der Teilnehmer betrug die Netzhaut-Alterslücke ≥ 3 Jahre, bei 28% ≥ 5 und bei 4,5% sogar mehr als 10 Jahre. Personen mit einer Netzhaut-Alterslücke ("retinal age gap") wurden als "Fast Ager" bezeichnet. Doch nicht nur Krebs- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen waren für eine erhöhte Mortalität verantwortlich gewesen. Eine Zunahme des "retinal age gap" um ein 1 Jahr war mit einer 2- bis 3-%-igen Erhöhung des Mortalitätsrisikos verbunden.1,2

Quellen:
  1. Zhuoting Zhu, MD, et.al; Clinical Science: Retinal age gap as a predictive biomarker for mortality risk; British Journal of Ophthalmology; Published Jan. 18, 2022.
  2. https://europe.ophthalmologytimes.com/view/spotlight-on-ga-a-bright-future-with-potential-treatments