Antibiotika: reduzierter Impferfolg bei Babys und Kleinkindern Logo of esanum https://www.esanum.de

Antibiotika reduzieren Impferfolg bei Babys und Kleinkindern

Bei Erwachsenen konnte ein negativer Zusammenhang zwischen der Einnahme von Antibiotika und der impfinduzierten Immunität festgestellt werden. Wie sieht es bei Kindern aus?

Anzahl der Antibiotika-Gaben korreliert negativ mit impfinduzierten Antikörperspiegel

Im Rahmen einer Kohortenstudie wurden im Zeitraum von 2006 bis 2016 die Daten von insgesamt 560 Kindern im Alter von 6 bis 24 Monaten gesammelt. Die Forschungsgruppe um Chapman hat anhand dieser Daten retrospektiv eine Sekundäranalyse durchgeführt. Hierbei wurde der Einfluss von Antibiotika auf die Höhe der gemessenen Impfstoff-Antikörper genauer untersucht. Es wurden Antikörper gegen folgende Impfstoffe gemessen: 

Von den 560 Kindern hatten 342 Kinder Antibiotika in den ersten beiden Lebensjahren verschrieben bekommen. Die Kontrollgruppe umfasste rund 218 Kinder, die keine Antibiotika erhalten hatten. Es zeigte sich ein signifikant geringerer Antikörperspiegel nach Impfung gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Pneumokokken in der Antibiotika-Therapiegruppe. Bei Kindern im Alter von 9 bis 12 Monaten kam es gehäuft zum Auftreten impfinduzierter Antikörper unterhalb des Schutzniveaus nach Antibiotika-Gabe. Hierbei korrelierte die Anzahl der Antibiotika-Gaben negativ mit dem jeweiligen impfinduzierten Antikörperspiegel. Die Forschungsgruppe konnte beobachten, dass sich mit jeder Antibiotika-Gabe der Antikörperspiegel gegen die unterschiedlichen Impfstoffe signifikant reduzierte. Vor der Auffrischungsimpfung verringerte sich der Antikörperspiegel gegen DTaP-Antigene um 5,8%, gegen Hib um 6,8%, gegen IPV um 11,3% und gegen PCV um 10,4%.1

Unangemessene und häufige Antibiotika-Verschreibungen von hier bis Übersee

Ohne Frage sind Antibiotika oft Lebensretter. Die Ergebnisse dieser Forschungsgruppe werfen ein ganz neues Licht auf die sonst vielleicht so einfach verschriebenen Antibiotika. Besonders schlimm ist die Lage in den USA. Hier erhält man Antibiotika rezeptfrei im Drogeriemarkt. Dies bringt natürlich gewisse Vorteile mit sich, vor allem auch im Hinblick auf das amerikanische Gesundheitssystem. Dennoch zeigt sich im vorliegenden Beispiel der USA, dass jede vierte ärztlich verordnete Antibiotika-Gabe unangemessen ist.  Auch in Europa besteht die Möglichkeit, dass Breitspektrum-Antibiotika deutlich zu häufig verordnet werden. Davon geht zumindest die europäische Seuchenkontrollbehörde ECDC aus.2

Erhöhte Infektanfälligkeit oder Dysbiose durch Antibiose: was war zuerst da?

Antibiotika bieten bei der Behandlung oder Vorbeugung von bakteriellen Infektionen erhebliche gesundheitliche Vorteile. Dem gegenüber stehen immer weiterwachsende Beweise für eine Schädigung der Homöostase des Mikrobioms. So sind Menschen, die im Säuglingsalter häufig antibiotisch behandelt worden sind auch weiterhin anfällig für ein breites Infektionsspektrum. Ein Grund hierfür könnte eine Dysbiose nach wiederholter Antibiotika-Gabe im Säuglings- und Kleinkindalter sein. Eine andere Überlegung ist natürlich auch nicht von der Hand zu weisen: Vielleicht haben die betroffenen Säuglinge und Kleinkinder von vornherein bereits ein geschwächtes Immunsystem, was auch dich Notwendigkeit der häufigen Antibiotika-Therapien erklären würde. Andererseits ist das Mikrobiom im Säuglingsalter ein sich entwickelndes System, das erst ab dem 3 Lebensjahr reif und stabil ist.1-3 

Im kommenden Beitrag lernen wir ein interessantes Review zum Einfluss von Antibiotika auf die Mikrobiota und die Immunität von Säuglingen kennen.3

Referenzen:
1. Chapman T. J. et al. (2022). Antibiotic Use and Vaccine Antibody Levels. Pediatrics (2022) 149 (5): e2021052061.
2. Chua K.-P. et al. (2019). Appropriateness of outpatient antibiotic prescribing among privately insured US patients: ICD-10-CM based cross sectional study. BMJ 2019; 364:k5092.
3. Shekhar S. et al. (2020). The Dark Side of Antibiotics: Adverse Effects on the Infant Immune Defense Against Infection. Frontiers in Pediatrics, VOLUME 8, ISSN: 2296-2360.