Fallberichte und Studien zur Behandlung der Colitis ulcerosa (UC) haben wiederholt positive Effekte der fäkalen Mikrobiom-Transplantation (FMT) auf den Krankheitsverlauf festgestellt. Aber wie übertragbar sind derartige Befunde? In einem Review-Artikel kommen Natalie Grace Fairhurst vom St. Catherine’s College der University of Oxford und Simon P. L. Travis von der Translational Gastroenterology Unit der Abteilung für experimentelle Medizin am Oxforder John Radcliffe Hospital zu dem Schluss, dass eine abschließende Beurteilung der Wirksamkeit der FMT bei UC derzeit nicht möglich sei.1
Grund dafür sei die mangelhafte Standardisierung des Verfahrens. Fünf Aspekte fassten diese Mängel zusammen:
Zwar beschränken sich die Studienautoren in ihrer Analyse bewusst auf die Untersuchung des Einsatzes der FMT bei Colitis ulcerosa, doch legt die Universalität der von ihnen beschriebenen Mängel nahe, dass durch prozedurale Vereinheitlichung widersprüchliche Ergebnisse im Zusammenhang mit der FMT auch auf anderen medizinischen Gebieten reduziert oder aufgehoben werden könnten.
Die Autoren weisen in ihrem Artikel zunächst auf die erstaunlich lange Geschichte der FMT hin. So sei das Verfahren bereits im 4. Jhdt. unter dem Namen "Gelbe Suppe" in der traditionellen Medizin erfolgreich zur Behandlung von Diarrhöen eingesetzt worden. Nach der Einführung in die moderne westliche Medizin zur Behandlung der pseudomembranösen Colitis durch Eiseman im Jahr 19582 sei das Verfahren jedoch aufgrund der gerade einsetzenden Antibiotika-Entwicklung der 1960er Jahre weitestgehend verdrängt worden. Erst seit 2014 werde die FMT als primäre Therapieoption bei rekurrierenden Clostridium difficil-Infektionen (CDI) wieder regelmäßig angewendet.
Ausgangspunkt der kritischen Würdigung des Wissenstands zur FMT bei aktiver UC sind zwei randomisiert-kontrollierte Multicenter-Studien, die zu praktisch entgegengesetzten Ergebnissen gekommen sind.3,4 Die Forschungsgruppe um Moayyedi3, so die Darstellung, habe unter insgesamt 75 Studienteilnehmern bei 25 % der wöchentlich mit FMT Behandelten nach 7 Wochen eine Remission festgestellt, aber nur bei 5 % der placebo-behandelten Patienten, die wöchentlich einen Wassereinlauf erhalten hätten (p = 0,02). Rossen und sein Team4 hingegen hätten unter insgesamt 48 Patienten mit aktiver UC bei 23 FMT-Patienten und 25 Patienten, die eine autologe Mikrobiom-Transplantation erhalten hätten, ein Remission bestätigt, also keine Überlegenheit gegenüber einer Scheinbehandlung festgestellt (p = 0,29).
Eine dritte Untersuchung schließlich, die Mängel der beiden genannten Studien bewusst zu vermeiden gesucht hätte, sei bei insgesamt 81 Patienten aufgrund von 27 % Remissionen unter FMT und 8 % Remissionen unter Placebo (p = 0,02) zu dem Schluss gekommen, die FMT sei wirksam.5 Alle drei Studien hätten sich zwar naturgemäß in Details unterschieden, jedoch seien sie mit dem gleichen primären Endpunkt an prinzipiell vergleichbaren Patientengruppen durchgeführt worden.
Derartig widersprüchliche Ergebnisse sollten ohne systematische Fehler in der Wissenschaft weitestgehend ausgeschlossen sein. Wie also komme es zu den beobachteten Diskrepanzen?
Fairhurst und Travis leiten aus den Disparitäten ab, dass eine unzureichende Standardisierung der FMT-Durchführung als eine wesentliche mögliche Ursache der widersprüchlichen Ergebnisse angesehen werden sollte. Eine weitere Ursache könnte darüber hinaus in der weiterhin ungeklärten Ätiologie der UC begründet liegen. Diese Wissenslücke verhindere unter Umständen, die entscheidenden Parameter für entsprechende Behandlungsstudien zu erkennen und stehe darüber hinaus grundsätzlich der Entwicklung neuer, gezielterer Therapien entgegen.
Grundsätzlich sehen die Autoren es aber als gerechtfertigt an, die FMT als komplementäres Behandlungsverfahren ergänzend zu den bisherigen Therapien anzubieten. Diese Schlussfolgerung wird auch durch eine Metanalyse von Paramsothy et al. vom Herbst 2017 unterstützt.6 Diese kam nach Auswertung von 53 Studien zur Wirsamkeit der FMT bei entzündlichen Darmerkrankungen (IBD) zu dem Ergebnis, dass die FMT effektiv eine Remission bei UC induziere. Die Langzeitwirkung der Behandlung bleibe jedoch unklar. Paramsothy et al. forderten daher die Durchführung entsprechender Untersuchungen auch zum Morbus Crohn und zur Pouchitis, um zusätzliche Daten zur Einschätzung des Verfahrens zu erhalten.
Quellen:
1. Fairhurst NG, Travis SPL. Why is it so difficult to evaluate faecal microbiota transplantation as a treatment for ulcerative colitis? Intest Res 2018;16: 209-215. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5934593/pdf/ir-16-209.pdf
2. Eiseman B, et al. Fecal enema as an adjunct in the treatment of pseudomembranous enterocolitis. Surgery 1958; 44: 854-859. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/13592638
3. Moayyedi P, et al. Fecal microbiota transplantation induces remission in patients with active ulcerative colitis in a randomized controlled trial. Gastroenterology 2015;149:102-109.e6. https://www.gastrojournal.org/article/S0016-5085(15)00451-5/pdf
4. Rossen NG, et al. Findings from a randomized controlled trial of fecal transplantation for patients with ulcerative colitis. Gastroenterology 2015;149:110-118.e4. https://www.gastrojournal.org/article/S0016-5085(15)00448-5/pdf
5. Paramsothy S, et al. Multidonor intensive faecal microbiota transplantation for active ulcerative colitis: a randomised placebo-controlled trial. Lancet 2017; 389: 1218-1228. https://www.thelancet.com/pdfs/journals/lancet/PIIS0140-6736(17)30182-4.pdf
6. Paramsothy S, et al. Faecal Microbiota Transplantation for Inflammatory Bowel Disease: A Systematic Review and Meta-analysis. J Crohns Colitis. 2017; 11: 1180-1199. https://academic.oup.com/ecco-jcc/article/11/10/1180/3806618