Eine tiefgehende Analyse von PPI-kritischen Studien durch Wissenschaftler der Vanderbilt Universität in Nashville, Tennessee, gab vor kurzem Entwarnung. 1 Bei korrekter Indikationsstellung und Dosierung sind Protonenpumpenhemmer unverändert sichere und für den Patienten überaus nutzbringende Medikamente.
Gemäß den amerikanischen Autoren gehören Protonenpumpenhemmer in den Vereinigten Staaten zu den zehn umsatzstärksten Medikamenten. Wie in Deutschland sind PPI dort für die Kurzzeitbehandlung von Sodbrennen frei in Apotheken erhältlich. Die aktuellen US-amerikanischen Leitlinien empfehlen den Einsatz von Protonenpumpenhemmern zur Behandlung von Patienten mit Verdacht auf gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD).
Anstatt die möglichen Nebenwirkungen der Langzeitgabe von Protonenpumpenhemmern anhand einer Liste einschlägiger Veröffentlichungen zu diskutieren, konzentrierte sich die aktuelle Studie darauf, die Wahrscheinlichkeit von Kausalität bzw. Korrelation der beobachteten Effekte gegeneinander abzuwägen. Dazu griffen die Forscher auf neun Kriterien zurück, die der britische Epidemiologe Austin Bradford Hill 1965 vorgeschlagen hatte (Tab. 1), um kausale Zusammenhänge präziser von zufälligen Assoziationen unterscheiden zu können, und wandten diese auf die berichteten Evidenzen an.
Auf Grundlage der Hill-Kriterien prüften die Autoren die in der Literatur genannten möglichen Komplikationen von Protonenpumpenhemmern und deren vermuteten Entstehungsmechanismus (Tab. 2) auf ihre Evidenz.
Darüber hinaus erörterten sie das Vorliegen konfundierender Faktoren. Üblicherweise könnten solche Störfaktoren durch randomisierte kontrollierte Studien (RCT) wirksam ausgeschlossen werden, doch seien RCTs nach der Marktzulassung eines Medikaments in der Regel nicht mehr zu finanzieren, so die Wissenschaftler. Praktisch ausschließlich seien Folgestudien zu einem Präparat daher Beobachtungsstudien, deren möglicher intrinsischer Bias für anschließende Metaanalysen zumeist nicht sinnvoll abgeschätzt werde oder werden könne. Ohne eine Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit der einzelnen Studien hätten Metaanalysen jedoch nur geringen wissenschaftlichen Wert. Die Aussagekraft derartiger Veröffentlichungen sei daher limitiert.
Der Evidenzprüfung der Studienautoren hielt denn auch nur eine einzige der beschriebenen Nebenwirkungen stand: das erhöhte Risiko für die Entstehung von Fundusdrüsen-Polypen bei langfristiger PPI-Gabe.
In ihren Schlussfolgerungen erinnern die Studienautoren zunächst an den enormen und unumstrittenen Nutzen, den Protonenpumpenhemmer den behandelten Patienten bisher gebracht hätten. Sie empfehlen, die aktuelle Debatte um PPI als Erinnerung an den ärztlichen Grundsatz zu würdigen, Medikamente stets in der geringsten wirksamen Dosis und nur für die kürzeste erforderliche Zeitspanne zu verschreiben. Patienten mit Indikation für Protonenpumpenhemmer sollten diese auch zukünftig erhalten.
Gleichzeitig warnen die Autoren davor, dass die anhaltenden Diskussionen um Protonenpumpenhemmer unter Umständen den Ruf einer bewährten und im Allgemeinen sehr sicheren Arzneimittelgruppe gefährden könnten. Die medizinischen Folgen einer Unterbehandlung sollten in der Debatte aus diesem Grund immer mit den vermuteten Risiken abgewogen werden.
Ebenso sollte bei Berichten über assoziierte Nebenwirkungen verstärkt eine Analyse der Kausalität der Assoziation eingefordert werden. Als geeignetes wissenschaftliches Mittel sollten bei begründeten Verdachtsmomenten nach Möglichkeit RCTs durchgeführt werden. Aufgrund ihrer Analyse sehen die Autoren derzeit keinen Anlass, eine Neubewertung des Einsatzes von PPI gegenüber den aktuellen Leitlinien vorzunehmen.
Quelle:
1.Vaezi MF, Yang YX, Howden CW. Complications of Proton Pump Inhibitor Therapy. Gastroenterology 2017; 153: 35–48.