Für die Prävention von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern werden zunehmend direkte orale Antikoagulantien (DOAK) eingesetzt. Während bekannt ist, dass DOAK gegenüber dem Vitamin-K-Antagonisten Warfarin zu einem um 25-30 % erhöhtem gastrointestinalen (GI) Blutungsrisiko führen.1 war bislang unklar, ob sich DOAK auch untereinander hinsichtlich des GI-Blutungsrisikos unterscheiden.
Wissenschaftler um Neena S. Abraham von der Mayo-Klinik in Scottsdale, Arizona, USA, gingen dieser Frage jetzt in einer bevölkerungsbasierten retrospektiven Matching-Studie auf Grundlage US-amerikanischer Versicherungsdaten nach.2 Dabei konnten sie nachweisen, dass das Blutungsrisiko im Magen-Darm-Trakt durch DOAK ab einem Patientenalter von 75 Jahren stark zunimmt und dass Apixaban altersgruppenübergreifend das geringste Risiko der untersuchten DOAK aufwies.
DOAK schützen bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern vergleichbar gut vor embolischen Komplikationen wie der klassische Vitamin-K-Antagonist Warfarin. Die Medikamente erfordern jedoch keine aufwendige Gerinnungseinstellung, sondern können ohne fortlaufendes Monitoring in fixer Dosierung verabreicht werden. Diese gute Handhabbarkeit ließ ihren Anteil unter neuverordneten Antikoagulantien in den USA in den letzten Jahren auf 62% ansteigen.1
Um das gastrointestinale Blutungsrisiko von gängigen DOAK zu bestimmen, griffen Abraham und ihre Kollegen auf umfangreiche Datensätze amerikanischer Krankenversicherungen zurück, die mehr als 120 Millionen Patienten umfassten. Einschluss in die Studie fanden Versicherte ab dem 18. Lebensjahr, die zwischen Oktober 2010 und Februar 2015 erstmals oder nach mindestens 12-monatiger Unterbrechung erneut ein DOAK aufgrund nicht-valvulären Vorhofflimmerns verschrieben bekamen.
Als Präparate wurden der Faktor IIa-Inhibitor
sowie die Faktor Xa-Inhibitoren
für die Studie berücksichtigt. Aufgrund einer zu geringen Fallzahl im Untersuchungszeitraum musste Edoxaban jedoch von der weiteren Analyse ausgeschlossen werden.
Als Behandlungszeitraum wurde die Zeit zwischen der Erstverschreibung und einer GI-Blutung bzw. der Beendigung oder dem Abbruch der Behandlung mit dem erstverordneten DOAK definiert. Weiterhin wurden die Patienten in drei Altersklassen stratifiziert. Nach dem Propensity Score Match wurden Vergleichskohorten für jeweils zwei zu vergleichende DOAK gebildet. Von initial 372.380 erfassten Patienten konnten so
ausgewertet werden.
Geringere Zunahme des Blutungsrisikos ab 75 Jahren spricht für Apixaban
Erste Magen-Darm-Blutungen traten für Apixaban und Rivaroxaban im Median nach < 90 Tagen, für Dabigatran im Median nach < 120 Tagen auf. In allen drei Vergleichspaarungen fiel auf, dass GI-Blutungen unabhängig vom eingesetzten Medikament mit zunehmendem Alter deutlich häufiger auftraten. Allerdings unterschieden sich die drei Wirkstoffe hinsichtlich der Inzidenz (IR) und der Hazard Ratio (HR) von GI Blutungen (Tab. 1).
Alter / Jahre |
Apixaban vs. Dabigatran |
Apixaban vs. Rivaroxaban |
Rivaroxaban vs. Dabigatran |
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IR Api. (GI Blutungen / 100 Pat.-Jahre) | IR Dab. (GI Blutungen / 100 Pat.-Jahre) | HR (95% Conf.) | IR Api. (GI Blutungen / 100 Pat. Jahre) | IR Riv. (GI Blutungen / 100 Pat.-Jahre) | HR (95% Conf.) | IR Riv. (GI Blutungen / 100 Pat.-Jahre) | IR Dab. (GI Blutungen / 100 Pat.-Jahre) | HR (95% Conf.) | |
18 - 64 | 0,34 | 0,73 | 0,38 (0,08 - 1,84) | 0,34 | 0,81 | 0,38 (0,08 - 1,89) | 1,05 | 0,46 | 2,03 (1,06 -3,90) |
65 - 74 | 0,69 | 2,12 | 0,25* (0,10 - 0,65) | 0,69 | 3,24 | 0,18* (0,07 - 0,47) | 2,54 | 1,56 | 1,44* (1,00 - 2,06) |
≥ 75 | 2,43 | 4,06 | 0,45* (0,29 - 0,71) | 2,32 | 5,05 | 0,39* (0,25 - 0,61) | 4,29 | 3,54 | 1,06* (0,84 - 1,34) |
Alle | 1,38 | 2,73 | 0,39* (0,27 - 0,58) | 1,34 | 3,54 | 0,33* (0,22 - 0,49) | 2,74 | 2,02 | 1,20* (1,00 - 1,45) |
Tab. 1: Altersstratifizierte relative Häufigkeit (IR) pro 100 Patientenjahre und Hazard Ratio (HR) von GI Blutungen nach DOAK-Paarvergleichen (kompiliert aus Abraham2) – Abkürzungen: *: HR-Ergebnis signifikant (p < 0,01 oder besser); Api.: Apixaban; Dab.: Dabigatran; Riv.: Rivaroxaban
Dabei erwies sich Apixaban sowohl Rivaroxaban als auch Dabigatran bezüglich des Risikos von gastrointestinalen Blutungen in allen Altersgruppen ab 65 Jahren als signifikant überlegen. Das galt in besonders ausgeprägtem Maß auch für die ohnehin besonders gefährdete Gruppe der Patienten ab 75 Jahren.
Abraham et al. betonen jedoch sowohl aufgrund ihrer eigenen Ergebnisse als auch aufgrund früherer indirekter Vergleichsuntersuchungen, dass für diese ältesten Patienten eine besonders sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung vor dem Einsatz von DOAK geboten sei. Warfarin könnte sich dabei trotz der umständlicheren Einstellung gerade in dieser Alterskohorte unter Umständen als die letztlich sicherste Behandlungsoption erweisen.
Quellen: