Viszeralmedizinische Eingriffe: wann Gerinnungshemmer absetzen?
Sowohl bei elektiven als auch bei notfallmäßigen viszeralmedizinischen Eingriffen stellt sich oft die Frage: welche gerinnungshemmenden Medikamente können fortgesetzt werden und welche sollte man pausieren?
ASS kann bei den meisten Eingriffen sicher verwendet werden
- Bei niedrigem Blutungsrisiko können auch andere Thrombozytenaggregationshemmer oder Antikoagulanzien fortgeführt werden.
- Besteht ein hohes Blutungsrisiko, ist das Pausieren der gerinnungshemmenden Medikamente sinnvoll.
- Eine Heparintherapie sollte nur dann erfolgen, wenn ein hohes Risiko für thromboembolische Ereignisse besteht.
Absetzen oder Fortführen?
Besonders ältere multimorbide Patientinnen und Patienten nehmen oft gerinnungshemmende Medikamente ein. Ist ein operativer Eingriff notwendig, stellt sich häufig die Frage, welche Medikamente fortgeführt werden können und bei welchen ein Pausieren Sinn macht. Insbesondere bei viszeralmedizinischen Eingriffen ist die Frage relevant – sowohl für elektive Operationen als auch Notfallsituationen.
Studie gibt aktuelles Update
Eine neue Literaturrecherche gibt nun diesbezüglich ein Update:
- ASS kann bei fast allen viszeralmedizinischen Eingriffen angewendet werden.
- Für Situationen mit geringem Blutungsrisiko – also unter 1,5 % – ist das Fortführen von Gerinnungshemmern möglich.
- Besteht jedoch ein höheres Blutungsrisiko (über 1,5 %), sollten diese pausiert werden.
- Eine Überbrückungstherapie mit Heparin sollte nur in Fällen erfolgen, in denen ein über 5%iges Risiko für thromboembolische Ereignisse besteht.
Wenn Heparin, dann richtig
Wird eine Heparin-Prophylaxe notwendig, ist es wichtig, dass diese mit der adäquaten Dosis durchgeführt wird. Nur so kann der Schutz vor thromboembolischen Ereignissen gewährleistet werden.
Eine Patientengruppe, die besonders gefährdet ist, sind Menschen mit Adipositas. Eine aktuelle Metaanalyse hat untersucht, ob diese Population von einer höheren Dosierung von niedrigmolekularem Heparin profitiert.
Verglichen mit der Standarddosis, kam es bei der höheren Dosierung zu einer niedrigeren Inzidenz von thromboembolischen Ereignissen. Das Blutungsrisiko war hierbei mit dem der herkömmlichen Dosis vergleichbar. Beide Ergebnisse waren statistisch signifikant.
Diese Ergebnisse gelten jedoch nur für die Prophylaxe von Thrombosen. Bei der therapeutischen Dosierung zur Behandlung von bereits bestehenden Gefäßverschlüssen gibt es keine eindeutigen Daten, so die Autoren. Hier sind weitere Untersuchungen notwendig, um abschließend zu klären, ob eine Dosisanpassung auch in diesen Situationen sinnvoll ist.
Nutzen und Risiko abwägen
In vielen Fällen ist das Fortführen der gerinnungshemmenden Medikation möglich. Jedoch muss vorher eine Risikoabwägung erfolgen. ASS eignet sich für die meisten viszeralmedizinischen Eingriffe. Eine Heparinprophylaxe sollte adäquat dosiert sein.
- Aulinger, BA; Saner, FH; Stark, K; Mayerle, J; Lange, CM: Thrombozytenaggregationshemmer und Antikoagulanzien bei viszeralmedizinischen Eingriffen – ein Update. Dtsch Arztebl Int 2022; 119: 851-60; DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0342
- Liu J, Qiao X, Wu M, Wang H, Luo H, Zhang H, Chen Y, Sun J, Tang B. Strategies involving low-molecular-weight heparin for the treatment and prevention of venous thromboembolism in patients with obesity: A systematic review and meta-analysis. Front Endocrinol (Lausanne). 2023 Mar 8;14:1084511. doi: 10.3389/fendo.2023.1084511. PMID: 36967796; PMCID: PMC10031025.