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Morbus Crohn: „Top-down“ als neuer Therapiestandard?

Gleich von Anfang an maximal therapieren: Wer ab der Crohn-Diagnose mit einer Kombination aus TNF-alpha-Blocker und Immunmodulator behandelt wird, hat womöglich größere Chancen auf eine langanhaltende Remission.

Biologika in der Behandlung des Morbus Crohn:

Auf der Suche nach einem prognostischen Biomarker

Eigentlich war das Ziel der PROFILE (PRedicting Outcomes For Crohn's disease using a moLecular biomarker)-Studie ein anderes: Die britischen Forscher aus Cambridge wollten ursprünglich testen, ob sich ein blutbasierter Biomarker als Prognoseinstrument zur Therapiesteuerung eignet. Die Hypothese: Neu diagnostizierte Patienten mit Morbus Crohn, die laut Biomarker ein höheres Risiko für wiederkehrende Krankheitsschübe haben, profitieren mehr von einem frühen Therapiestart als Patienten mit niedrigerem serologischen Risiko.

Dazu rekrutierte das Team um Nurulamin Noor knapp 400 Patienten mit Erstdiagnose Morbus Crohn und bestimmte mittels Bluttest einen speziellen CD8-T-Zell-Marker, der die Teilnehmer einer Gruppe mit hohem bzw. niedrigem Risiko für eine notwendige Therapieeskalation zuordnen sollte. Nach dem Test wurden sie nach dem Zufallsprinzip in zwei Behandlungsgruppen aufgeteilt:

Langanhaltende Remission mit Top-down-Strategie deutlich häufiger

Während der Erfolg beider Strategien unabhängig vom Biomarker blieb, zeigte sich ein anderes, unerwartet klares Ergebnis: Der primäre Endpunkt – eine anhaltende Remission ohne notwendige Steroidgabe oder Operation bis Woche 48 – wurde in der Top-down-Gruppe mit 79 % signifikant häufiger erreicht als in der Step-up-Gruppe mit lediglich 15 %. Auch bei sekundären Endpunkten wie endoskopische Remission, Lebensqualität und Hospitalisierungen schnitten diejenigen besser ab, die von Anfang an maximal therapiert wurden.

Darüber hinaus schien die Top-down-Strategie sogar verträglicher zu sein. Es traten weniger unerwünschte Ereignisse einschließlich Krankheitsschüben auf als bei der schrittweisen Eskalation (168 versus 315), außerdem weniger Komplikationen, die einen abdominalen Eingriff erforderten (1 versus 10). Bei schweren Infektionen gab es keinen Unterschied zwischen beiden Gruppen.

Stellenwert von Biologika bei Morbus Crohn könnte steigen

Die Forscher folgerten daraus, dass der frühe Einsatz von Biologika für Patienten mit neu diagnostiziertem aktivem Morbus Crohn klare Vorteile bietet. Ihrer Ansicht nach würden die meisten Betroffenen von dieser Strategie profitieren, so dass sie in Zukunft zur Standardbehandlung werden könnte.

Bis es so weit ist, wird es aber wohl noch dauern. Derzeit werden Biologika ab der Diagnose in der Regel nur in spezialisierten Zentren verabreicht. In der breiten Versorgung kommen sie deutlich seltener und später zum Einsatz, was laut Autoren den hohen Kosten, aber auch Unsicherheiten im Umgang mit den Wirkstoffen geschuldet ist. Womöglich kann diese Studie manche Bedenken ausräumen.

Quelle:
  1. Noor NM et al. A biomarker-stratified comparison of top-down versus accelerated step-up treatment strategies for patients with newly diagnosed Crohn's disease (PROFILE): a multicentre, open-label randomised controlled trial. Lancet Gastroenterol Hepatol 2024; 9: 415–27. https://doi.org/10.1016/S2468-1253(24)00034-7.