Schilddrüsenfunktionsstörungen in der Schwangerschaft: Diagnose und Therapie Logo of esanum https://www.esanum.de

Über- und Unterfunktion: Trotz Schilddrüsenerkrankung gesund durch die Schwangerschaft

Schilddrüsenerkrankungen sind nicht selten. Insbesondere in der Schwangerschaft können sie jedoch mit Komplikationen für Mutter und Kind einhergehen. Daher ist eine adäquate und zielgerichtete Therapie für Schwangere besonders wichtig.

Schilddrüsenerkrankungen: TSH-Werte und Therapieentscheidungen

  • Ab einem TSH-Wert von 2,5 mIU/l kann, je nach TPO-Antikörperstatus eine Therapie erwogen werden.
  • In jedem Fall sollte eine Hypothyreose mit TSH-Werten von mehr als 4 mIU/l mit Schilddrüsenhormonen substituiert werden.
  • Latente Hyperthyreosen müssen nicht zwingend therapiert werden, manifeste Überfunktionen jedoch schon.
  • Neu aufgetretene Knoten sollten unbedingt biopsiert werden, um eine Risikostratifizierung durchzuführen.
  • Ist eine OP in der Schwangerschaft notwendig, sollte diese im 2. Trimenon erfolgen. 

Wie häufig sind Schilddrüsenerkrankungen in der Schwangerschaft?

In der Schwangerschaft durchläuft der Körper viele Veränderungen. Auch das endokrine System bleibt davon nicht verschont. So ist es nicht überraschend, dass nicht wenige Schwangere an Schilddrüsenfunktionsstörungen leiden. Experten gehen davon aus, dass etwa 2 % bis 3 % aller werdenden Mütter an einer Hyper- oder Hypothyreose leiden. Nicht immer bestehen die Störungen bereits vor der Empfängnis – manche Frauen entwickeln erst im Laufe der Schwangerschaft eine Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse. 

Wieso ist die Behandlung der Funktionsstörungen so wichtig?

Schon im nicht-schwangeren Zustand ist es immens wichtig, eine bestehende Funktionsstörung der Schilddrüse adäquat zu therapieren – wenn eine Behandlung indiziert ist. Ansonsten können Herzrhythmusstörungen und andere Komplikationen drohen. Doch in der Schwangerschaft geht es nicht mehr nur um die werdende Mutter. Auch beim Fötus kann es zu Folgeschäden kommen, wenn eine Schilddrüsenhormonstörung nicht behandelt wird. Kindliche Entwicklungsstörungen, Wachstumsretardierungen oder gar eine Totgeburt können das Resultat sein. 

Welche Empfehlungen gelten in der Schwangerschaft?

In der Schwangerschaft gilt generell, dass vorbestehende Schilddrüsenerkrankungen weiterbehandelt werden sollen. Allerdings ist es empfehlenswert, die entsprechenden Werte regelmäßig zu kontrollieren. In manchen Fällen kann das Hinzuziehen eines Endokrinologen sinnvoll sein.

Fällt im Rahmen von Screeninguntersuchungen ein veränderter TSH-Wert auf, gilt folgendes:

  • Eine Hypothyreose mit einem TSH-Wert von 2,5 mIU/l oder mehr kann – in Abhängigkeit des TPO-Antikörperstatus – behandelt werden. Werden die Antikörper im Blut nachgewiesen, sollte eine individuelle Therapieentscheidung getroffen werden. Auch eine abwartende Haltung ist vertretbar.
  • Eine Unterfunktion mit einem TSH-Wert von über 4 mIU/l sollte immer behandelt werden, unabhängig vom TPO-Antikörperstatus. 
  • Latente Hyperthyreosen müssen in der Schwangerschaft nicht behandelt werden. Anders sieht es bei den manifesten Überfunktionen aus. Hier empfehlen Experten immer eine Therapie. Der fT4-Zielwert sollte im oberen Normbereich liegen. Medikamentös kommt im ersten Trimenon Propylthiouracil zur Anwendung, ab dem zweiten Trimester dann Thiamazol.

Was tun bei Schilddrüsenknoten?

Werden während der Schwangerschaft Schilddrüsenknoten entdeckt, ist die Risikostratifizierung unumgänglich. Eine Feinnadelaspiration kann in jedem Schwangerschaftsstadium erfolgen. Oft kann eine eventuell notwendige OP dann bis nach der Entbindung warten.

Wenn bereits bestehende Knoten während der Schwangerschaft jedoch wachsen, oder ein metastasiertes Karzinom vorliegt, sollte in den meisten Fällen nicht bis nach der Geburt gewartet werden. Experten empfehlen hier die Operation im zweiten Trimenon. 

Frühe Diagnostik ist entscheidend bei Schilddrüsenerkrankungen

Auch für werdende Mütter mit bestehenden oder sich neu manifestierenden Schilddrüsenstörungen ist eine gesunde Schwangerschaft möglich. Wichtig ist eine rasche Diagnostik und adäquate Therapie, um Komplikationen für Mutter und Kind zu vermeiden. 
 

Quellen:
  • Bojunga J et al. Schilddrüsenerkrankungen in der Schwangerschaft, Dtsch Med Wochenschr 2023; 148: 17–25