Liquid Biopsy in der Mammakarzinom-Nachsorge Logo of esanum https://www.esanum.de

Nachsorge beim frühen Mammakarzinom neu gedacht

Rezidive und Sekundärmalignome frühzeitig erkennen: Das ist das primäre Ziel der Nachsorge beim frühen Mammakarzinom. Mit den neuen diagnostischen Möglichkeiten der Liquid Biopsy könnte dies in Zukunft deutlich besser gelingen.

Empfehlungen zur Nachsorge beim frühen Mammakarzinom – aktueller Stand:

  • Der empfohlene Nachsorgezeitraum nach einem Mammakarzinom beträgt 10 Jahre.
  • Routinemäßig vorgesehen sind neben Anamnese, Beratung und klinischer Untersuchung bildgebende Verfahren wie Mammographie und Sonographie.
  • Darüber hinaus sollen risikoadaptiert ggf. weitere Untersuchungen wie MRT, DXA („dual energy X-ray absorptiometry“)-Scan zur Bestimmung der , Gentests sowie kardiologische Verlaufskontrollen mittels EKG (Elektrokardiogramm) und Echokardiographie erfolgen.
  • Während die Diagnostik symptomatischer Metastasen befürwortet wird, wird die Früherkennung asymptomatischer Metastasen aktuell nicht empfohlen.
  • Insbesondere hat die Bestimmung spezieller Biomarker mittels Liquid Biopsy bisher keinen Stellenwert bei der Nachsorge. 

Das Potenzial von Liquid Biopsy beim Mammakarzinom

In einem Beitrag der Fachzeitschrift „Die Gynäkologie“ wird dieses Vorgehen in Frage gestellt. Denn die heutigen Möglichkeiten der Liquid Biopsy versprechen eine frühzeitige Erkennung von minimalen Krankheitsresiduen (MRD), noch bevor klinische oder bildgebende Anzeichen bestehen. Dabei werden durch die Entnahme von Blut oder anderen Körperflüssigkeiten spezielle Biomarker mit prädiktiver bzw. prognostischer Aussagekraft bestimmt. Sie können dabei helfen, das Therapieansprechen und den weiteren Krankheitsverlauf vorherzusagen.

Folgende Biomarker können per Liquid Biopsy einfach bestimmt werden: 

  • Tumormarker wie CA15.5/CA27.29 und CEA. Sie werden aktuell nur bei bereits erfolgter Metastasierung empfohlen.
  • Disseminierte Tumorzellen, die MRD im Knochenmark anzeigen können. Sie spielen trotz guter Evidenz in der klinischen Praxis kaum eine Rolle.
  • Zirkulierende Tumorzellen, die nach adjuvanter als unabhängiger prognostischer Marker für ein kürzeres krankheitsfreies (DFS) und Gesamtüberleben (OS) gelten. Die Fachgesellschaften sehen ihren prognostischen Nutzen jedoch allenfalls bei metastasierten Stadien. 
  • ctDNA (circulating tumor DNA), d. h. DNA-Fragmente der Tumorzellen, deren Bestimmung bislang nur im Rahmen von Studien erfolgt

Vor allem in der Bestimmung der ctDNA liegt ein großes Potenzial. Die Daten zum prognostischen Wert beim frühen Mammakarzinom nehmen stetig zu. Allerdings fehlt bisher noch der Nachweis eines Überlebensvorteils gegenüber der Standardnachsorge.

Intensivierte versus Standardnachsorge: die SURVIVE-Studie 

Mit der aktuell rekrutierenden SURVIVE-Studie könnte sich das ändern. Diese multizentrische, prospektive, 1:1 randomisierte Interventionsstudie mit 3.500 Teilnehmenden mit mittlerem bis hohem Rezidivrisiko wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und ist über eine Laufzeit von 5 Jahren anberaumt. Verglichen wird eine intensivierte Nachsorge mit Liquid Biopsies mit der aktuellen Standardnachsorge hinsichtlich der Früherkennung von Rezidiven sowie der Gesamtmortalität. 

Ob der Nachweis eines molekularen Rezidivs und das Einleiten entsprechender Therapien eine klinisch manifeste Metastasierung tatsächlich verzögern oder verhindern und die Prognose verbessern kann, wird sich hoffentlich in ein paar Jahren zeigen. Wenn ja, ließe sich die bisherige, seit vielen Jahren bestehende Nachsorgepraxis beim frühen völlig neu denken.

Quelle:
  1. Huesmann ST et al. Von der Routine zur Präzisionsmedizin – die Nachsorge beim frühen Mammakarzinom auf dem Prüfstand. Gynäkologie 2025; 58: 580–589.