Immer wieder trifft man auf Patienten mit Typ-1-Diabetes, die trotz der Insulintherapie eine schlechte Stoffwechselkontrolle mit deutlich zu hohen HbA1c-Werten aufweisen. Schuld ist häufig eine zunehmende Insulinresistenz, die hohe Insulindosen erforderlich macht. Könnte die zusätzliche Gabe des oralen Antidiabetikums Metformin hier eine mögliche Option darstellen?
Die Gründe der zunehmenden Insulinresistenz bei Typ-1-Diabetes sind vielfältig. Die Standard-Insulintherapie kann Gewichtszunahme und Dyslipidämie fördern, was bekannte Risikofaktoren für eine zunehmende Insulinresistenz sind. Kommt es dabei zum Vollbild des metabolischen Syndroms, spricht man auch von "Doppel-Diabetes". Neben der Adipositas trägt auch Bewegungsmangel zur Insulinresistenz bei Typ-1-Diabetes bei. Für die schlechtere Diabeteseinstellung in der Pubertät wird ebenfalls eine (hier hormonell bedingte) Insulinresistenz verantwortlich gemacht.
Durch die erforderlichen höheren Insulindosen bei Insulinresistenz nehmen Körpergewicht und Hypoglykämierisiko deutlich zu, was häufig zur Non-Compliance und damit zu einer Verschlechterung der Blutzuckereinstellung führt.
Das bisher vorwiegend bei Typ-2-Diabetes verwendete Metformin, kann über verschiedene Mechanismen der Insulinresistenz entgegenwirken. Es erhöht die Insulinsensitivität in der Leber durch eine Hemmung der hepatischen Glukoseproduktion – im Skelettmuskel und in den Adipozyten fördert es die Glukoseaufnahme. Beides führt zu einer verbesserten Wirksamkeit von Insulin und damit zur besseren Blutzuckerkontrolle. Längst nutzt man diesen Effekt auch bei Patienten mit Typ-2-Diabetes zusätzlich zur Insulintherapie – bei Typ-1-Diabetes wird es bisher nicht offiziell empfohlen und nur in Einzelfällen eingesetzt.
29 solcher Einzelfälle mit 12-monatiger Metformin-Therapie werteten Selvihan Beysel et al. vom Eiskisehir State Hospital, Türkei, retrospektiv aus und verglichen sie mit ebenso vielen Patienten mit Typ-1-Diabetes ohne zusätzliche Metformin-Therapie. Dabei wurde darauf geachtet, dass sich die beiden Gruppen hinsichtlich Alter, Geschlecht, Gewicht, erforderlicher Insulin-Dosis, Diabetesdauer, Blutdruck, Übergewicht sowie Glukose- und Lipidwerten nicht wesentlich unterscheiden. Auch die Rate des metabolischen Syndroms unterschied sich vor Therapiebeginn nicht (44,8 vs. 41,4%). Die eingeschlossenen Patienten hatten vor der Therapie alle einen HbA1c-Wert > 7,5%, waren im Durchschnitt 29,01 Jahre alt, hatten einen BMI von 24,18 kg/m2 und eine mittlere Diabetesdauer von etwa 12 Jahren. Ganz überwiegend wurden sie mit einer intensivierten Insulintherapie behandelt, einige wenige in der Metformin-Gruppe hatten eine Insulinpumpe (3,4%).
Nach 12-monatiger Metformin-Therapie zeigte sich im Vergleich zur alleinigen Insulin-Gabe ein stärkerer Rückgang des Anteils von Patienten mit metabolischem Syndrom (-9.8% vs. -2,5%). Der mittlere Insulinbedarf war in der Metformin-Gruppe signifikant geringer und Nüchternblutzucker und postprandiale Blutzuckerwerte waren deutlich stärker zurückgegangen. Die Änderungen von Körpergewicht, Taillenumfang und Lipidwerten unterschieden sich dagegen nicht zwischen den beiden Gruppen und auch die Unterschiede in der Verbesserung des HbA1c-Wertes (-0,8% vs. -0,3%) erreichten keine Signifikanz.
Das Fazit der Autoren: Die zusätzliche Gabe von Metformin zur Insulintherapie über 12 Monate kann bei Patienten mit schlecht eingestelltem Typ1-Diabetes die Blutzuckerwerte deutlich verbessern und den Insulinbedarf reduzieren – unabhängig von der Entwicklung des Körpergewichtes und der Lipidwerte. Der Anteil von Patienten mit metabolischem Syndrom als Ausdruck der Insulinresistenz geht deutlich zurück. Dieser Effekt sollte jetzt in größeren kontrollierten Studien bei Patienten mit Typ-1-Diabetes, schlechter Blutzuckerkontrolle und hohem Insulinbedarf weiter untersucht werden.
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Referenz:
Selvihan Beysel et al; The effects of metformin in type 1 diabetes mellitus; BMC Endocrine Disorders (2018); 18:1; DOI 10.1186/s12902-017-0228-9.