Atopische Dermatitis: Neue Erkenntnisse vom EADV 2022 Logo of esanum https://www.esanum.de

EADV 2022: Was hilft bei atopischer Dermatitis?

Die Atopische Dermatitis ist eine häufige Erkrankung in der dermatologischen Praxis. Der Kongress erlaubte neue Einblicke rund um die Hautkrankheit.

Kinder mit Atopischer Dermatitis: Kann Baricitinib helfen? 

Die Phase-3-Studie BREEZE-AD-PEDS (NCT03952559) randomisierte 483 Betroffene im Alter von zwei bis  <18 Jahren in vier Studienarme, die Baricitinib entweder in niedriger, mittlerer oder hoher Dosierung bzw. Placebo erhielten.1 Die Dosierungsschemata wurden dabei auf <10 Jahre oder 10 bis <18 Jahre angepasst, mit täglich 0,5mg / 1mg, 1mg / 2mg oder 2mg / 4mg mit Baricitinib. Den primären Endpunkt in Woche 16 stellte ein vIGA-Score von 0 oder 1 dar, mit einer Verbesserung von mindestens zwei Punkten gegenüber dem Ausgangswert. Voraussetzung für die Studienteilnahme war eine mittelschwere bis schwere atopische Dermatitis mit unzureichendem Ansprechen auf die topische Behandlung oder einer vorherigen Unverträglichkeit, sowie, abhängig vom Alter, eine Krankheitsdauer von mindestens sechs oder zwölf Monaten.

Das Durchschnittsalter der Teilnehmenden lag bei 12 Jahren, die durchschnittliche Dauer der Dermatitis-Erkrankung bei mindestens 9 Jahren. 37,5% bis 39,3% der Probanden wiesen vIGA 4 auf, die restlichen hatten einen vIGA-Score von 3. 

In der hochdosierten Baricitinib-Gruppe erreichten 41,7% den primären Endpunkt in Woche 16, was sich deutlich zum Placebo-Arm unterschied (16,4%; p<0,01). In Bezug auf die sekundären Endpunkte (Ekzemflächen- und Schweregradindex (EASI) 75 und 90) wies die hochdosierte Gruppe mit 52,6% bzw. 30% Respondern ebenfalls signifikante Ergebnisse auf. Außerdem reduzierten sich bei 35,5% der Kinder, die 2mg / 4mg Baricitinib erhielten, die Punkte auf der numerischen Juckreiz-Bewertungsskala um ≥4 (p<0,05). 

Der Schweregrad von behandlungsbedingten unerwünschten Ereignissen "war in den meisten Fällen gering, leicht oder mäßig, und schwerwiegende unerwünschte Wirkungen wurden nur sehr selten gemeldet", so Dr. Antonio Torrelo (Hospital Infantil Universitario Niño Jesús, Spanien). Außerdem traten derartige Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Akne und Bauchschmerzen in allen vier Gruppen in ähnlicher Verteilung auf. Insgesamt lässt sich Baricitinib demnach als potenzielle therapeutische Option mit einem günstigen Nutzen-Risiko-Profil für Kinder zwischen zwei und 18 Jahren, die an mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis leiden und für eine systemische Therapie in Frage kommen, einstufen. 

Frühzeitige Anwendung von Emollentien kann das AD-Risiko bei Säuglingen verringern 

Auf dem EADV-Kongress wurde unter anderem die STOP-AD-Studie (NCT03871998) präsentiert, in der untersucht wurde, wie sich die kurzzeitige Anwendung von Emollentien zur Vorbeugung von atopischer Dermatitis eignet.

Studienteilnehmende waren 321 randomisierte Kinder (Neugeborene bis zum Alter von 4 Tagen), die eine familiäre Vorgeschichte in Hinblick auf atopische Dermatitis aufwiesen. Über 80% dieser Säuglinge waren Träger des Filaggrin-Wildtyps. 

Der Interventionsarm der Studie erhielt ab Beginn eine achtwöchige Behandlung mit einem Ceramid-haltigen Emolliens in einer Dosis von etwa sieben Fingerspitzeneinheiten, die zweimal täglich aufgetragen wurden. Die Säuglinge der Kontrollgruppe erhielten hingegen eine Standard-Hautpflege. Zu Beginn der Studie und nach zwei, vier und acht Wochen wurden Hautabstriche, Messungen des transepidermalen Wasserverlusts (TEWL), des natürlichen Feuchtigkeitsfaktors (NMF) und Filaggrin-Tests durchgeführt. Der primäre Endpunkt der Studie war das kumulative Auftreten von atopischer Dermatitis nach 12 Monaten. Zu den sekundären Endpunkten gehörten atopische Dermatitis nach sechs Monaten und die Entwicklung von NMF und TEWL. 

Nach sechs und 12 Monaten war die Verringerung des AD-Risikos mit einem RR von 0,524 (p=0,004) bzw. 0,503 (p=0,002) signifikant. Säuglinge mit einer Funktionsverlust-Mutation des Filaggrins waren anfälliger für atopische Dermatitis als die Kontrollgruppe. "Wenn wir die Interventionsgruppe betrachten und nach Filaggrin stratifizieren, gibt es kein zusätzliches Risiko, an atopischer Dermatitis zu erkranken", betonte Prof. Irvine. "Was wir hier also eindeutig sehen, ist eine Wechselwirkung zwischen Behandlung und Genotyp."

Schlussfolgernd legt das Forschungsteam die kurzfristige Anwendung von Emollentien als praktikables therapeutisches Modell zur Verringerung des AD-Risikos nahe, da die signifikant verringerte AD-Inzidenz dafür spricht. 

IL-13-Inhibitor: Hohe Erhaltung der Wirksamkeit bei Atopischer Dermatitis 

Die Phase-3-Studien ADvocate 1 und 2 (NCT04146363, NCT04178967) untersuchten die Monotherapie mit Lebrikizumab gegenüber Placebo bei Betroffenen mit mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis. "Wir werden über die Patienten sprechen, die in den ersten 16 Wochen auf die Behandlung ansprachen, und dann darüber, was mit ihnen im Lauf von 52 Wochen geschah", erläuterte Prof. Andrew Blauvelt (Oregon Medical Research Center, OR, USA).3 Unter Personen, die auf die Behandlung ansprachen, werden Jugendliche (≥ 12 Jahre) und Erwachsene (≥18 Jahre) verstanden, die in der 16. Studienwoche einen Ekzemflächen- und Schweregradindex (EASI) 75 oder einen IGA (Investigator’s Global Assessment) Score von 0 / 1 erreichten, sprich, eine fast reine oder reine Haut aufweisen. 

In Woche 16 erreichten in beiden Studien 43,1% bzw. 33,2% der Teilnehmenden einen IGA 0 / 1 und 58,8% bzw. 52,1% eine Verbesserung der EASI 75.4 Diese Responder wurden dann erneut in drei Studienarme randomisiert: Fortsetzung der Verabreichung von 250 mg Lebrikizumab alle zwei Wochen (Q2W), Wechsel zu einer Verabreichung alle vier Wochen (Q4W) oder Placebo Q2W. Der mittlere EASI der Teilnehmenden lag zwischen 2,0 und 2,9.

In Woche 52 zeigten die Ergebnisse, dass 75,8% bzw. 64,4% unter dem Q2W-Schema einen IGA von 0 / 1 aufrechterhielten, verglichen mit 74,2% bzw. 80,6% in den Q4W-Armen. Darüber hinaus hatte ein erheblicher Anteil der Probanden in den Placebo-Armen weiterhin IGA 0 / 1 (46,5% und 49,8%). "Wenn wir nun EASI 75 betrachten, sehen wir ebenfalls sehr ähnliche Ergebnisse, die Dosierung in der zweiten Woche ist der Dosierung in der vierten Woche sehr ähnlich und wir haben immer noch sehr hohe Ansprechraten bei den Teilnehmern, die auf Placebo randomisiert wurden", erklärte Prof. Blauvelt. Das Gleiche gilt für die Aufrechterhaltung der Verbesserungen bei Juckreiz. 

In Hinblick auf das Sicherheitsprofil lässt sich sagen, dass die unerwünschten Ereignisse mehrheitlich leicht (31,1% und 27,5%) und moderat (22,8% und 35,9%) ausfielen. Vor allem ließen sich Bindehautentzündungen feststellen, deren Häufigkeit bis Woche 52 bei 13,5% und 14,7% lag; Prof. Blauvelt betont allerdings, die tatsächliche Rate sei von Woche 16 bis 52 zurückgegangen. 

"Die Studie hat wirklich gezeigt, dass die spezifische Ausrichtung auf IL-13 mit Lebrikizumab entweder in der zweiten oder vierten Woche eine hohe Aufrechterhaltung der Wirksamkeit bietet und bei Jugendlichen und Erwachsenen mit atopischer Dermatitis gut verträglich und sicher ist."

Quellen:
  1. Torello A. Efficacy and safety of baricitinib in a phase 3, randomised, double-blind, placebo-controlled study in paediatric patients with moderate-to-severe atopic dermatitis. D3T01.1E, EADV Congress 2022, Milan, Italy, 7–10 September.
  2. Irvine AD, et al. Early initiation of short-term emollient use for the prevention of atopic dermatitis in high-risk infants - the STOP AD randomised controlled trial. FC02.09, EADV Congress 2022, Milan, Italy, 7–10 September.
  3. Blauvelt A. Efficacy and safety of lebrikizumab in moderate-to-severe atopic Dermatitis: 52-week results of two randomized, double-blinded, placebo-controlled phase 3 trials (ADvocate1 and ADvocate2). D1T01.3D, EADV Congress 2022, Milan, Italy, 7–10. September.
  4. Silverberg JI, et al. S026, AAD 2022 Annual Meeting, 25–29 March, Boston, MA, USA.