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Atopische Dermatitis: immer mehr topische Behandlungsoptionen

Die Forschung zu topischen Wirkstoffen für die Behandlung von atopischer Dermatitis läuft auf Hochtouren. Worauf können Betroffene und Behandler bald hoffen?

Atopische Dermatitis: "Begrenzte Behandlungsmöglichkeiten für eine sehr große Gruppe von Patienten"

"Es ist wichtig zu erkennen, dass die Mehrheit unserer Patienten immer noch von topischen Behandlungen abhängig ist", so Prof. Marjolein de Bruin-Weller (Universitätsklinikum Utrecht, Niederlande) in Bezug auf Betroffene mit AD.1 Derzeit sind Kortikosteroide mit ihrem bekannten Nebenwirkungsprofil und Calcineurininhibitoren die einzigen beiden Klassen von topischen Medikamenten, die hierzulande verfügbar sind. In den USA und Japan ist ebenso Crisaborol eine Option, jedoch nicht in Europa. "Somit haben wir begrenzte Behandlungsmöglichkeiten für eine sehr große Gruppe von Patienten", erklärte Prof. de Bruin-Weller. 

Den noch unerfüllten Bedarf an topischen Mitteln bei AD gilt es zu lindern: derzeit untersuchen viele Studien diverse neue Medikamente. In ihrem Vortrag auf dem EADV konzentrierte sich Prof. de Bruin-Weller auf die JAK-Inhibitoren Ruxolitinib und Delgocitinib, die PDE4-Inhibitoren Roflumilast und Difamilast sowie den AHR-Modulator Tapinarof, der bereits in den USA zur Behandlung von Psoriasis zugelassen ist. "Ich finde die JAK-STAT-Inhibitoren in topischer Formulierung sehr interessant", kommentierte Prof. de Bruin-Weller.

Ruxolitinib-Creme: Reduktion von Hautläsionen und Juckreiz

Ruxolitinib-Creme, die JAK 1 und 2 hemmt, ist bereits von der FDA zugelassen, und die Phase-3-Studie läuft in Europa. In einer Phase-2-Studie (NCT03011892) wurden Erwachsene randomisiert einer Ruxolitinib-Creme in verschiedenen Konzentrationen einmal täglich (QD) oder zweimal täglich (BID), Placebo oder einer Triamcinolon-Creme 0,1% BID (nur für die ersten 4 Wochen) zugeordnet.2 In Woche 4 waren alle Regime des Studienmedikaments dem Trägermittel überlegen.1,2 Die höchste Dosis führte bei 38% der Patienten in Woche 4 zu einem Wert von 0/1, in Woche 8 erreichten 48% diesen Score. Unter dem Steroid erreichten 25,5% in Woche 4 eine IGA 0/1-Response. Juckreiz-Scores auf der numerischen Bewertungsskala (NRS) traten innerhalb von 36 Stunden auf. 

In Phase 3 wurden die identischen TRUE-AD1- und 2-Studien (NCT03745638, NCT03745651) durchgeführt, an denen Erwachsene und etwa 20% der Jugendlichen ab 12 Jahren mit einer IGA von 2/3 teilnahmen. Ruxolitinib-Creme 1,5% BID und 0,75% BID über 8 Wochen wurden mit einem Placebo verglichen.3 In beiden Studien erreichten signifikant mehr Patienten mit beiden Dosen des JAK-Inhibitors eine Eczema Area and Severity Index (EASI)75, und zwar über 60% bei höherer und über 50% bei niedrigerer Dosis (p<0,0001 gegenüber Placebo für alle Vergleiche). Auch Reduktionen des Juckreizes begannen bereits nach 12 Stunden und waren in Woche 8 mit Ruxolitinib überlegen. Abgesehen von Nasopharyngitis (3% Ruxolitinib vs. 1% Placebo) waren die Nebenwirkungen insgesamt vergleichbar zwischen den Gruppen. In der Langzeitbeobachtung lag der Anteil der Patienten mit IGA 0/1 zwischen 74,1% und 77,8% in Woche 52.4 Prof. de Bruin-Weller merkte an, dass keine neuen Sicherheitssignale gemeldet wurden und das Medikament demnach recht sicher zu sein scheint.

JAK-Inhibitor Delgocitinib ist Placebo überlegen

Delgocitinib-Salbe (0,5% und 0,25%), ein weiterer JAK-Inhibitor, wurde in 2 randomisierten Phase-3-Studien an japanischen Erwachsenen und Kindern über einen Zeitraum von 4 Wochen getestet.1,5,6 In beiden Populationen war Delgocitinib dem Placebo überlegen und zeigte bereits ab der ersten Woche eine schnelle Wirkung in Bezug auf den modifizierten EASI und den Juckreiz, während es gut vertragen wurde. Im Vergleich dazu war die Wirkung bei Kindern etwas stärker ausgeprägt als bei Erwachsenen, wobei letztere Raten von 51,9% und 26,4% bei modifiziertem EASI50 und 75 erreichten.

PDE4-Inhibitoren Roflumilast und Difamilast liefern positive Ergebnisse   

Roflumilast ist ein PDE4-Inhibitor, der derzeit in Phase-3-Studien getestet wird.1 In einer Phase-2-Studie, in der Roflumilast-Creme in Dosierungen von 0,15% und 0,05% über 4 Wochen getestet wurde, waren die mittleren Veränderungen im EASI (-6,4 und -6,0) nur numerisch überlegen gegenüber Placebo (-4,8; p=0,097 bzw. p=0,356).7 Sekundäre Endpunkte zeigten jedoch eine signifikante Überlegenheit in Bezug auf EASI75 und IGA 0/1. Die Sicherheitsbewertungen ergaben 2,2% der behandlungsbedingten unerwünschten Ereignisse in Form von leichtem Hautausschlag und mäßigen Schmerzen an der Applikationsstelle, und es gab nur eine Therapieabbruch.

Difamilast-Salbe, ein weiterer PDE4-Inhibitor für Patienten mit leichter bis mittelschwerer AD, wurde ebenfalls nur in Phase-3-Studien (z.B. NCT03911401) in Japan untersucht.1,8,9 "Es gab ab der ersten Woche eine signifikante Wirkung, die bis zur vierten Woche anhielt, 58% der Teilnehmer erreichten EASI50 und 25% EASI90, das ist eine gute Reaktion", bewertete Prof. de Bruin-Weller die Ergebnisse bei Erwachsenen.1 Bei Kindern zeigte Difamilast ebenfalls eine gute Leistung mit signifikanter Überlegenheit gegenüber Placebo hinsichtlich der Veränderung des EASI und des Juckreizes ab der ersten Woche.

Auch AHR-Modulator Tapinarof zeigt vielversprechende Wirkung

In Phase 2b (NCT02564055) wurde die Tapinarof-Creme – ein AHR-Modulator – bei AD-Patienten im Alter von 12 bis 65 Jahren mit einer IGA ≥3 untersucht.10 "Wir haben in Woche 12 eine signifikant bessere Leistung aller Tapinarof-Gruppen im Vergleich zu den Placebo-Gruppen beobachtet, und 4 Wochen nach der Anwendung ist der Unterschied immer noch signifikant", so Prof. de Bruin-Weller. In Bezug auf den betroffenen Anteil der Körperoberfläche und die Juckreizreduktion führte die höchste Dosis zu den besten Ergebnissen.1 Die von Medizinern bewerteten und die von Betroffenen angegebenen Verträglichkeits-Scores zeigten ähnliche Ergebnisse für alle Studiengruppen.

Quelle:
  1. de Bruin-Weller M. New and emerging topical therapies for AD. D2T02.2B, EADV Congress 2023, 11-14 October, Berlin, Germany.
  2. Kim BS, et al. J Allergy Clin Immunol. 2020;145: 572-82.
  3. Papp K, et al. J Am Acad Dermatol. 2021;85:863-72.
  4. Papp K, et al. J Am Acad Dermatol. 2023 ;88:1008-16.
  5. Nakagawa H, et al. J Am Acad Dermatol. 2020;82:823-31.
  6. Nakagawa H, et al. J Am Acad Dermatol. 2021; 85:854-862.
  7. Gooderham M, et al. J Drugs Dermatol. 2023; 22:139-47.
  8. Saeki H, et al. J Am Acad Dermatol. 2022;86:607-14.
  9. Saeki H, et al. Br J Dermatol. 2022;186:40-9.
  10. Paller AS, et al. J Am Acad Dermatol. 2021;84:632-38.

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